Tilman Weber
Beim Auricher Windturbinenhersteller Enercon heißen die drei neuen Modelle der Plattform EP5 gemäß den Rotordurchmessern E-160, E-147 und E-138. Mit 4,6 MW, 5,0 MW und 4,65 MW sind sie noch klassisch klar für Schwach-, Mittel- und Starkwind designt.
Doch in der Drei-MW-Plattform EP3 schließt sich Enercon dem Flexibilisierungstrend (Teil 1 des Magazinartikels) an: Von den drei neuen Modellen ist hier jedes in mindestens zwei Konfigurationen zu erhalten, um in mehrere Windregionen auszugreifen. So deckt E-115 EP3 mit 2,99 und 4,2 MW die Windklassen IEC IIa für Mittelwindstandorte mit turbulenten Luftströmungen und IEC I für Starkwindstandorte ab. Die Anlage soll sogar Taifunbedingungen standhalten. E-126 EP3 ist nur auf IEC IIa justiert, allerdings mit 3, 3,5 und 4 MW. E-138 EP3 für Schwachwindlagen soll 3,5 und 4,2 MW leisten.
Erste Windturbinen von Lagerwey- und Enercon-Designern
Die EP5-Plattform ist das erste Produkt, das Ingenieure aus der Entwicklungsabteilung des von Enercon 2018 übernommenen Wettbewerbers Lagerwey und angestammte Enercon-Ingenieure gemeinsam entwickelten. Sie ist gemäß Enercon-Tradition getriebelos. Das 2017 vorgestellte Design sei noch einmal verbessert, heißt es bei Enercon. Ein Ringgenerator steht kragenförmig aus dem Anlagenkopf hervor. Dessen drei Segmente lassen sich am Turbinenstandort zusammensetzen und so fein ausrichten, dass Effizienzverluste durch leichteste Schiefstellungen fast verschwinden. Wie bisherige Lagerwey-Anlagen enthält er Permanentmagneten. Andere neue Turbinen werden als elektrisch erregte Anlagen nach dem bisherigen Enercon-Konzept ausgelegt. Das Design wird gemäß Unternehmensangaben künftig weiter vereinheitlicht.
Riesenblätter in Exportmärkten von Zulieferern produzieren lassen
Die Teilung der Rotorblätter gibt Enercon wieder auf: Die Auricher wollen die Riesenblätter in Exportmärkten von Zulieferern produzieren lassen. Manche Länder verlangen dies, ehe sie Zuschläge für Windparks vergeben. Ein Design ohne Teilung erscheint hierfür leichter zu handhaben.
Siemens Gamesa präsentiert den Flexitrend offensiv durch das Technologie-Label Optima Flex. Infolge einer Kapazitätserhöhung für die Direktantriebsanlagen der Drei-MW-Plattform vertrieb das Unternehmen schon 2017 die ersten Turbinen dieser Art, deren Ratings gemäß den Broschüren bis zu 0,5 MW Nennleistungsspanne zuließen.
Siemens Gamesa: Getriebelose Turbinen nur noch für Offshore
Inzwischen produziert der Konzern getriebelose Anlagen nur noch für Windparks im Meer. Die Optima-Flex-Plattform SG 5.X für fünf bis mindestens sechs MW gewährt auch mit Getriebe große Flexibilität. Die Anlagen kombinieren 170 und 155 Meter Rotordurchmesser mit einem 5,8-MW-Richtwert. In Deutschland sind sie mit 6,0-MW-Rating im Vertrieb. Optima-Flex-Turbinen können zudem in sehr produktiven Windströmungen kurz über Nennleistung hinaus aufdrehen – um sie bei zu niedrigen Börsenstrompreisen durch leistungsreduzierten Betrieb weniger zu verschleißen. Auch ist die Active Control Strategy (ACS) aus der Siemens-Direktantriebsplattform integriert. Das Programm erlaubt ein innovatives Sektorenmanagement. Konkret: Konventionelle Regler drehen beispielsweise bei bestimmten Windrichtungen pauschal an einigen Standorten die Rotorblätter aus dem Wind. So meiden sie Lastspitzen, die aus turbulenten Anströmungen drohen, wo Hügel, Wälder oder andere Windkraftanlagen die Anströmung stören. ACS soll Anlagen nur bei tatsächlich entstandenen Turbulenzen in Echtzeit abregeln. Für 2021 plant das Unternehmen den Serienstart der neuen Turbinenplattform.
GE und Eno: Aufschlag und Anschluss
Sogar der kleinere Windturbinenbauer Eno erreicht nach einem Leistungsupgrade fast die Fünf-MW-Klasse. Nun bieten die Rostocker Turbinentypen für 3,5, 4,0 und neuerdings 4,8 MW mit wahlweise 114, 126 und erstmals 136 Meter Rotordurchmesser an. Alle Anlagen mit 136-Meter-Rotor sind für Schwachwind konfiguriert. Darüber hinaus bleibt es bei der Eno-eigenen hydraulischen Aufhängung des Getriebes am Rahmen, die Lastwechsel aus dem Rotor und dem Generator ausgleicht.
Den Aufschlag zur 5.x-Entwicklung hatte 2017 GE mit der Plattform Cypress serviert. GE hatte eine 4,8-MW-Variante mit 158 Meter angekündigt. Anfang 2019 errichtete das Unternehmen den Prototyp gleich mit 5,3 MW. Die Serienfertigung hat nun begonnen. Deutschland-Vertriebsleiter Klaus Rogge betont: „In Deutschland wird die Anlage 5,3 MW leisten, wenn nicht Lärmschutzmaßnahmen eine geringere Nennleistung erfordern.“ In Husum enthüllte GE eine Blattteilungs-Reform: Geteilt wird irgendwo vorne. Mit einem neuartigen patentrechtlich geschützten Verbindungssystem reduziert GE die Wartungsintensität.
Die technologische Entwicklung der Windkraft lehrt somit erneut, wie schwer sie abzuschätzen ist: Hatten Wettbewerber vor zwei Jahren hinter vorgehaltener Hand die GE-Riesenanlage als übertriebene Rekordjagd eingestuft, ist sie heute nur die erste des branchenweiten Trends.
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