Tilman Weber
Wie der europäische Windenergieverband Wind Europe in seiner ausführlichen Analyse Financing and investment trends nun aufzeigt, legten Investoren im vergangenen Jahr 51,8 Milliarden Euro europaweit in den Erhalt oder die Erweiterung eigener Windkraft-Kapazitäten an. Dies entspricht zwar durchaus dem Niveau der vergangenen drei Jahre. Dabei zogen diese Windpark-Investoren mit dem gleich, was Investoren zum selben Zweck schon 2016 in Europas Windkraft angelegt hatten und übertrafen ganz leicht auch noch die Windpark-Investitionen für Installationen in Europa von 2017. Bloß, im Vergleich zu 2018 sank das messbare Engagement um fünf Milliarden Euro beziehungsweise um rund neun Prozent.
Höherer Anteil der Investitionen in Windparkübernahmen
Auffällig war vor allem auch, wie stark sich der seit 2016 zu beobachtende Trend der Kapitalströme hin zum Kauf schon bestehender Projekte und schon betriebener Windparks fortsetzte. So flossen mit rund 17 Milliarden Euro zwar auch etwa 2 Milliarden Euro weniger in die Projektübernahmen als noch 2018. Auf der Grundlage der seit Jahren bis 2018 stetig gesunkenen Preise allerdings war pro ausgegebenem Euro nun etwas mehr Leistung zu bekommen. So wechselten 14,9 Gigawatt (GW) den Eigentümer und damit nicht viel weniger als die 15,9 GW des Vorjahres. Beide Jahre, 2018 und 2019, sind damit mit Abstand und fast auf gleichem Niveau die bisherigen Rekordjahre bei den Windpark-Übernahmen. Doch 2019 machten die Akquisitionen bereits gut ein Drittel oder knapp 34 Prozent der gesamten Investitionen im Vergleich zu einem Anteil von 32 Prozent im Jahr 2018.
Damit war der Anteil der Akquisitionen an den Investments so hoch wie noch nie. Denn zugleich hatten die Investoren mit nur noch 19 Milliarden Euro kaum noch mehr in wirklich neue Windkraft-Kapazitäten gesteckt als in die Windparkübernahmen. Das war so wenig, dass es hinter alle Investitionsvolumen für neue Windparkkapazitäten seit 2014 zurückfiel. Zuletzt waren es 2013 weniger. Ausgaben von knapp 10 Milliarden Euro flossen hingegen noch in die Refinanzierung von Projekten und weitere rund vier Milliarden Investitionskapital landete direkt auf dem Kapitalmarkt.
Turbinenpreise pro Megawatt sanken nicht mehr
Weil allerdings die Preise für das installierte MW Erzeugungskapazität in den vergangen Jahren kontinuierlich gesunken waren, erhielten die Investoren für ihre Anlagen in neue Windparks ein Potenzial von 11,7 GW. Das war weniger als in den drei Jahren zuvor, aber mehr als noch 2015 und als in allen noch früheren Jahren des vergangenen Jahrzehnts. Allerdings sanken 2019 im Vergleich zum Vorjahr die Preise pro zu installierendes MW bei Windparks an Land erstmals seit Jahren nicht mehr. Sie verharrten auf durchschnittlich 1,3 Millionen Euro pro MW – während die Investitionsausgaben pro MW auf See von knapp 2,5 auf mehr als 4 Millionen Euro pro MW sprangen. Dieser Preissprung allerdings war die Folge dreier ungewöhnlicher Projekte: So floss das Geld in das Projekt eines schwimmenden Windparks Hywind Tampen sowie in das schottische Projekt Neart na Gaoithe und in das französische Vorhaben St. Naizaire. Während schwimmende Windparks noch als neue sowie aufwendige Technologie gilt und daher noch hohe Kosten verursacht, sind bei Neart na Gaoithe hohe Meerestiefen am Standort verbunden mit teuren Jacketfundamenten und bei St. Nazaire die hohen Anfangskosten des ersten Offshore-Windparks Frankreichs die Ursache.
Wind Europe ermahnt Deutschland
Die regionale Verteilung der Investitionen in neue Windparkkapazitäten zeigt eine für Deutschland erschreckende Aussicht: So zählt Wind Europe sieben Länder nur, die mindestens eine Milliarde Euro bis knapp drei Milliarden Euro wie Spanien anzogen. Hinter Spitzenreiter Spanien sind das in der Reihenfolge abnehmender Investitionsvolumen noch Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Schweden, Türkei und die Ukraine. Erst auf Rang 14 mit rund 250 Millionen Euro findet sich Deutschland, direkt hinter Griechenland und vor Dänemark.
Das schlechte Abschneiden Deutschlands störte nun sogar den ansonsten so um Verständigung mit den Regierungen bemühten europäischen Windenergieverband. Dieser machte Deutschland für das schlechte Abschneiden bei den Neuinvestitionen und für einen mutmaßlich verpassten Rekord verantwortlich. „2019 könnte ein Rekordjahr bei den Windenergieinvestitionen in Europa gewesen sein, wäre da nicht der harte Absturz der neuen Investments in Deutschlands gewesen. Das Problem in Deutschland ist das Genehmigen (von Windparks): Die Regeln sind zu complex … die Regierung Dinge klären, um die Investoren zurückzubekommen“, sagte Wind-Europe-Chef Giles Dickson am Dienstag anlässlich der Präsentation der Statistik.