Brasilien ist flächen- und bevölkerungsmäßig der fünftgrößte Staat der Erde. Und das Land ist reich an Bodenschätzen, Sonneneinstrahlung und Geld. Denn die hiesigen Banken hatten sich nicht an den galoppierenden Spekulationsrennen zwischen Amerika und Europa beteiligt. Auf der Länderrangliste nach Bruttoinlandsprodukt liegt Brasilien direkt hinter Großbritanien und Italien und vor Spanien auf dem 8.Platz mit 1.574.039 Millionen Dollar, also fast 1,6 Billionen Dollar.
Bisher ist Brasilien das artenreichste Land der Erde. Ob oder eher wie schnell die enormen Abholzungen und Brandrodungen das ändern, ist Gegenstand ausführlicher Diskussionen, die leider selten in Brasilien geführt werden. Die einheimischen Politiker halten die Argumente der Naturschützer und ausländischern Experten für einen Ausdruck des Neids auf den Reichtum des Landes. Doch der Urwald schrumpft. Sei es der Goldabbau, das Nutzen des riesigen Baumbestandes durch die Ärmsten als Feuerholz oder die Brandrodungen für mehr Viehweiden - der Urwald ist in Gefahr.
Brasilien hat Mitte 2008 einen Fonds zum Schutz des Amazonas-Regenwaldes ins Leben gerufen und erstmals einen Zusammenhang zwischen diesem Schutz und dem global warming akzeptiert, laut der Umweltschutzorganisation Grennpeace. Die Regierung plant bis zum Jahr 2021 Investitionen von mehreren Millionen Euro in Alternativen zu dieser umfassenden Rodung durch die Amazonasbevölkerung zu investieren und die Erhaltung und nachhaltige Entwicklung zu fördern. Brasilianische Politiker dulden aber keine ausländische Beeinflussung in die Amazonas-Politik.
Ungefähr 40% des Energiebedarfes Brasiliens wird bereits von Erneuerbare Energien gedeckt. Nur rund zwei Prozent kommen dabei aus Atomkraft. Seit Mai diesen Jahres gibt es ein deutsch-brasilianisches Abkommen über eine Kooperation beim Thema Erneuerbare Energien. Gemäß Artikel 3 des Abkommens umfasst der Begriff Erneuerbare Energien Wasserkraft, Windkraft, Solarenergie, Energie aus Biomasse, Energie aus festen Abfällen, Geothermische Energie, Meeresenergie und Energie aus Biokraftstoffen. Die enorme brasilianische Produktion von Biokraftstoffen mag beeindrucken - auch die weit verbreitete Nutzung im Straßenverkehr. Unumstritten ist der Einsatz von Zucker als Lieferant für Bioethanol nicht. Denn die Anbauflächen für die Zuckerplantagen sind riesig. Obwohl Politiker und die Wirtschaft das Abkommen lang ersehnt hatten und auch begrüßten, gab es zahlreiche Kritiker in Umweltinitiativen. Sie erklärten, dass es sich bei diesem Abkommen nur um einen Liefervertrag für Biosprit handle. Der damalige Bundesumweltminister Sigmar Gabriel versicherte, dass nur Biomasse für die Bioenergieproduktion zugelassen werde, die nachhaltig und ohne Umweltzerstörung erzeugt werde. Über das Prüfverfahren für solche Eigenschaften herrscht noch immer Schweigen.
Nun aber holen die Themen Windenergie und Photovoltaik die angespannten Gemüter zurück auf den Boden der Tatsachen. Der Windenergie kommt dabei aufgrund der sehr guten Windverhältnisse im Nordosten und Süden des Landes eine besondere Rolle zu. Experten schätzen das Potenzial im Nordosten auf ungefähr 140 GW für die Windenergie. Während die Wasserkraft vor allem in der Regenzeit im Sommer ein Hoch erlebt, ergänzt die Windkraft dies idealerweise mit einer höheren Produktion in den windreichen Wintermonaten. Brasilien war 2009 auf Platz Nummer 14 weltweit was die Kapazität installierter Windenergie angeht, mit einer Kapazität von 247 MW. Vestas hat heute bekannt gegeben 21 1,8MW-Turbinen und 16 3,0 MW-Turbinen nach Brasilien zu liefern. Der Bedarf, der Markt und das Geld ist da. Seit Mitte letzten Jahres stellen die deutsche KfW und die brasilianische Entwicklungsbank BNDES (Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social) 200 Millionen Dollar für Windparks zur Verfügung. Dieses Budget könnte ausgeschöpft sein.
Was die Photovoltaik angeht, ist Brasilien ein Glücksfall mit seiner hohen Sonneneinstrahlung, da es am Äquator liegt: Die Maximalleistung an Sonneneinstrahlung liegt in Brasilien bei circa 1000 W/m². Die durchschnittliche Jahreseinstrahlung variiert in den grössten Teilen des Landes zwischen 4 kWh/m² und 5 kWh/m² pro Tag. Experten weisen für den brasilianische Markt für Solarthermie 3 Mio. qm an Kollektorenfläche aus, wobei in den vergangenen Jahren Wachstumsraten jeweils im hohen zweistelligen Bereich erzielt werden konnten. Schwerpunkte für die Anwendung dieser Technik finden sich in wirtschaftlich weit entwickelten Bundesstaaten wie São Paulo und Minas Gerais. Der Großteil der bisher installierten solarthermischen Systeme entfällt auf Anwendungen im privaten Bereich. Aktuell sind 500.000 Solarkollektoren in privaten Wohneinheiten installiert. Dies entspricht ca. 1,25 % der 40 Millionen brasilianischen Haushalte. Der Grossteil des in Brasilien verbrauchten Warmwassers wird in Brasilien durch elektrische Duschen bereitgestellt. Diese konsumieren bis zu 26% des im Haushalt verbrauchten Stroms.
Die wenigen existierenden Solar-Kleinanlagen erbringen lediglich eine Leistung von zusammen 0,2 MWp. Das entspricht weniger als 0,01 Prozent der in Deutschland erreichten Leistung aus Solarkraft. Dabei ist die Sonneneinstrahlung im deutlich größeren Brasilien doppelt so energiereich wie in Deutschland. In Santa Catarina entstand mit deutscher Beteiligung auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes des Energieversorgers Electrosul Brasiliens größte PV-Anlage: Mit der Spitzenleistung von 1 Mega-Watt-peak (MWp) speist die Anlage gleich fünfmal so viel Strom ins nationale Versorgungsnetz ein wie alle derzeitigen Solaranlagen Brasiliens zusammen. Es könnte dort also eigentlich eine Goldgräberstimmung für PV-Projektierer geben: Sonne, Investoren und Fläche sind genug vorhanden. Jetzt braucht nur noch einer Mut und Unternehmergeist. (jw)