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Vestas

Ditlev Engel geht

Der Wechsel an der Spitze von Vestas folgt einer Entscheidung des Aufsichtsrates, nachdem die Dänen unter Engels Führung zum achten Mal in Folge einen Quartalsbericht mit negativen Geschäftszahlen erstellt haben. Der ebenfalls heute vorgelegte Quartalsbericht meldet zudem Verluste und Rückgänge im Geschäft, die schlechter als erwartet ausfielen. So ging der Umsatz um 26 Prozent auf 1,185 Milliarden Euro zurück. Die ausgelieferte Turbinenleistung reduzierte sich im Vergleich zum Vorjahresquartal sogar um 33 Prozent auf noch 877 Megawatt (MW). Und auch die Auftragsbücher sind weniger voll: Der Gesamtwert der festen Bestellungen fiel von 9,6 auf 7,1 Milliarden Euro. Die Verluste sind hauptsächlich auf die Rückgänge des Geschäfts im stagnierenden US-amerikanischen Markt zurückzuführen.

Als Verkünder der Nachricht trat am Morgen in einer Telefonkonferenz mit Journalisten der Vestas-Vorstand Bert Nordberg auf. Der neue Mann würde für „eine leichte Korrektur der Unternehmenskultur“ und „eine Zukunft ohne Überraschungen sorgen“ und ebenso „eine andere Art der Führung“ betreiben. Auf spätere Nachfragen von ERNEUERBARE ENERGIEN, was damit gemeint sei, antwortete ein Pressesprecher, dies habe Nordberg „nicht präzisiert“. Nordberg war selbst erst vor mehr als einem Jahr in den damals komplett ausgewechselten dreiköpfigen Aufsichtsrat eingetreten. Er arbeitete zuvor als Manager beim schwedischen Telefonkonzern Ericsson, wo nun auch Engels Nachfolger Runevad herkommt. Nordberg habe bei der Suche nach dem neuen Chief Executive Officer (CEO) von Vestas beraten, aber diese nicht aktiv betrieben, heißt es offenbar aus Unternehmensquellen. Ditlef Engel war schon seit 2005 CEO bei Vestas.

Hoffen auf "Umsetzung des Wachstumspotenzials"

Worauf der Aufsichtsrat seine Hoffnung auf einen Erfolg des Telekommunikationsmanagers gründen will, erklärte Nordberg indes nur so: „Es ist nun die richtige Zeit für einen Wechsel. Das Unternehmen erreicht nun eine neue Phase, in der wir unser Wachstumspotenzial umsetzen wollen.“ Das seit zwei Jahren verfolgte Restrukturierungsprogramm habe zu einer inzwischen „wettbewerbsfähigeren Firma geführt.“ Immerhin hatte ein Analyst der britischen Investmentbank HSBC jüngst für Vestas genau dieses Wachstumspotenzial anerkannt. Vestas selbst leitet seine Hoffnung darauf nun wieder deutlich wettbewerbsfähiger als noch vor rund zwei Jahren der Restrukturirungs

Gemäß offenbar einhelliger Meinung von Analysten und Medienberichterstattern spielt Nordberg damit auf das von Engel durchgezogene Restrukturierungsprogramm der Dänen an, die in einem Zeitraum von zwei Jahren die Kosten um 400 Millionen Euro reduzieren mussten sowie die Belegschaft um 30 Prozent auf noch 16.000 verkleinern mussten. Um diese Ziele zu erreichen bleiben der neuen Unternehmensführung nun noch wenige Monate bis Ende 2013.  Von einst 22.700 Mitarbeitern sind bereits 5.500 gegangen.

US-Turmwerk wird doch fortbetrieben

Wie der Telekommunikationsspezialist Runevad aus der Kostensenkungs- in eine Erfolgsphase wird umschalten können, verriet Nordberg nicht. Ein Ziel von Vestas außer der Verschlankung der Firmenorganisation war es zuletzt, die Verkaufspreise für die Anlagen wieder zu erhöhen. Zuvor hatte ein branchenweiter Preisverfall aufgrund von weltweiten Turbinenbauüberkapazitäten für Verkäufe nahezu ohne Gewinne gesorgt. Der Aufsichtsrat bei Vestas gründet seine Hoffnungen nun offenbar auf positive Trends, die er aus dem neuen Quartalsbericht herauslesen will, wie ein Vestas-Pressesprecher verdeutlicht: So sei die Tatsache, dass der Umsatz um 25 Prozent und nicht mehr gefallen sei, während die Verkäufe neu installierter Anlagen um die höhere Quote von 33 Prozent einbrachen, auf zwei strukturell positive Entwicklungen zurückzuführen. Zum einen erhöhe das wachsende Geschäft beim Instandhaltungsservice mit langfristigen Vollwartungsverträgen die Einnahmen - und zwar unabhängig vom Neuanlagenverkauf. Außerdem habe Vestas tatsächlich die Anlagen wieder zu höheren Preisen vermarkten können. Beides hat demnach den Verlust aus dem Geschäft mit neu installierten Windenergieanlagenn teilweise wettgemacht.

Derweil teilte der Vestas-Konzern nun mit, weiterhin seien auch einige Produktionseinheiten für einen Verkauf im Gespräch. Nur das Turmproduktionswerk in Pueblo im US-Bundesstaat Colorado werde nun doch weiter betrieben. Es blieb indes die einzige mit dem Führungswechsel angekündigte Korrektur des bisherigen Restrukturierungskurses, bei dem Vestas offenbar in jedem Bereich alles, was irgendwie nicht fürs Kerngeschäft notwendig war, systematisch zur Disposition stellte.

Der neue Mann hatte bei Ericsson im Geschäftskundenbereich (Business to Business) gearbeitet. Er soll nun laut Nordberg mit seiner Erfahrung auch den zunehmend lukrativen Dienstleistungsbereich der Anlagennachrüstungen und Wartungen voranbringen. Als Interimsgeschäftsführerin wird bis 1. September die ebenfalls erst jüngst in die Geschäftsführung eingetretene Finanzchefin Marika Fredriksson arbeiten.

(Tilman Weber)