Katharina Wolf
Oft genug stehen sie sich erbittert gegenüber, statt an einem Strang zu ziehen: Befürworter von Windenergie und Artenschützer, die versuchen, geplante Windenergieprojekte zu verhindern. Um diesen Konflikt zu entschärfe, haben jetzt die Naturschutzorganisation Nabu und die Bundestagsfraktion der Grünen ein gemeinsames Papier vorgelegt. Es enthält acht Maßnahmen, die den Ausbau der Windenergie so fördern sollen, dass Konflikte mit dem Artenschutz möglichst im Vorfeld gelöst werden können.
Sowohl der Nabu als auch die Grünen sähen die Notwendigkeit, den Ausbau der Windenergie für einen besseren Klimaschutz zu beschleunigen, heißt es in einer Erklärung. Gleichwohl sei ihnen der Schutz der Natur ein wichtiges Anliegen. „Wir haben einen doppelten Schutzauftrag: Die Erde vor zu großer Erhitzung zu schützen und gleichzeitig den Artenverlust zu stoppen“, betont Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Mit unserem Vorschlag schaffen wir beides. Wir beschleunigen den Windenergieausbau und wahren den Artenschutz.“
Folgende Maßnahmen schlagen Nabu und Grüne vor:
1. Strombedarfsorientierte Ausbauziele
Die Ausbauziele der Windenergie sollen anhand nachvollziehbarer und bedarfsorientierter Strommengen definiert werden. Dabei muss jedes Bundesland einen Mindestanteil von Windstrom erfüllen.
2. Flächenausweisung nach Strombedarf
Die Ausweisung von Flächen für Windenergie soll nach diesen Strommengen vorgenommen werden. Um die Strommengenziele zu erreichen, sollten maximal 2 Prozent der Fläche für Windenergie ausgewiesen werden. Die Ausweisung dieser Vorrangflächen bedeuten gleichzeitig den Ausschluss von Windparks auf anderen Flächen.
3. Beschleunigte Genehmigungsverfahren
Regelungen von für die Heilbarkeit von Formfehlern, sollen verhindern, dass Regionalpläne beklagt werden oder jahrelang in der Überarbeitung feststecken. Genehmigungsverfahren sollen auf Bundesland oder Bezirksebene verlagert werden, um sie zu beschleunigen. Außerdem schlagen Nabu und Grüne die Einführung eines Stichtages im Genehmigungsverfahren vor. Ist er verstrichen, können neue Bedenken nicht mehr die Genehmigung aufhalten.
4. Klare Definitionen von Tötungsrisiken
Das „signifikant erhöhte Tötungsrisiko“ soll klar definiert werden. Nabu und Grüne fordern hier eine einheitlichere Anwendung. Ein Leitfaden mit Leitlinien für einheitliche Erfassungs- und Bewertungsmethoden und die zugehörigen Schwellenwerte, der derzeit von einer Bund-Länder-Gruppe erarbeitet wird, soll auf fachliche Korrektheit geprüft und gegebenenfalls in allen Bundesländern Anwendung finden.
5. Freie Dichtezentren gegen Tötungsausnahmen
Um den Schutz von Populationen windenergiesensibler Vogelarten zu gewährleisten, sollen deren Schwerpunktvorkommen, die so genannten Dichtezentren, bereits auf Ebene der Regionalplanung oder in Form von eigenen Fachplänen als Ausschlussgebiete festgelegt werden. Im Gegenzug sollen artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungen außerhalb dieser Flächen erteilt werden, so Nabu und Grüne.
6. Klärung der Voraussetzung für artenschutzrechtliche Ausnahmen
Die Voraussetzungen für die Erteilung einer artenschutzrechtlichen Ausnahme müssen eindeutig geklärt werden, fordern Nabu und Gründe. Nur so könne eine regelmäßige rechtssichere Anwendung in der Praxis zu ermöglichen, die den Artenschutz sicherstellt. Ausnahmevoraussetzungen könnten unter anderem sein: garantierte Nicht-Verschlechterung der betroffenen Population. Diese könne beispielsweise durch Artenhilfsprogramme erreicht werden.
7. Repowering erleichtern
Repowering soll unter anderem genutzt werden, um Auswirkungen auf sensible Arten zu mildern, heißt es im Positionspapier. Anlagen, die aus artenschutzrechtlicher Sicht an besonders kritischen Standorten stehen, sollen stillgelegt, im Gegenzug andere Anlagen an weniger kritischen Standorten begünstigt werden. Die Begünstigung besteht darin, dass in den für Windnutzung ausgewiesenen Flächen im Falle eines artenschutzrechtlichen Konflikts eine Ausnahme ermöglicht werden kann.
8. Technik gegen Vogelkollision einsetzen
Um Tötungsrisiken zu mindern, sollen nach Willen von Nabu und Grünen künftig technische Systeme zum Einsatz kommen, die Vögel erkennen und die Windenergieanlage stoppen. Die Erforschung, standardisierte Erprobung und Zertifizierung entsprechender Systeme solle gefördert werden. Erprobte und zertifizierte Systeme sind in den maßgeblichen Leitfäden und Erlassen von Bund und Ländern als wirkungsvolle Schutzmaßnahmen anzuerkennen, die geeignet sind, ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko zu vermeiden.
Reaktion aus der Branche
Der Bundesverband Windenergie hat das Papier begrüßt. „Die hier skizzierten, sehr konkreten Maßnahmenvorschläge können zu einem ganz wesentlichen Beitrag für die erfolgreiche Beschleunigung der Energiewende werden“, so Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie (BWE). Viel zu lange sei hingenommen worden, dass die Gegner der Energiewende den Natur- und Artenschutz missbrauchten.
Ebenso wie die Verfasser des Positionspapiers spricht sich Albers dafür aus, erste Vorschläge bereits in die laufende EEG-Novelle aufzunehmen, etwa die Orientierung der Ausbauziele an Strommengen und die landesspezifische Umsetzung.
Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger mahnte zudem: „Die politischen Entscheidungsträger sind gut beraten, sich an dieser Leitlinie zu orientieren.“
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