Anfang des Jahres hatte Sinovel den ersten Großauftrag für seine leistungsstarke Neuentwicklung verkündet: 17 der 6-MW-Einheiten sollen demnächst in einem Testwindpark vor der Küste Shanghais installiert werden. Ein Erfolg auf dem sich der zweitgrößte Hersteller Chinas nicht ausruht: Um die Anlage auch für Projekte im Ausland interessant zu machen, hat der Turbinenbauer jetzt ein Typenzertifikat beim TÜV Nord beantragt.
„Wir stellen in China eine große Nachfrage nach international anerkannten Zertifizierungen fest“, sagt Lars Sitzki, Leiter der Windenergie-Sparte bei TÜV Nord. Denn für Hersteller wie Sinovel seien weltweit geachtete Qualitätsnachweise entscheidend, um bei Windpark-Projekten überall auf dem Globus mitbieten zu können. Als eine der ersten in China entwickelten Offshore-Turbinen könnte die SL 6000 nun ein solches Zertifikat bekommen.
Komponenten und Zulieferer auf dem Prüfstand
Erster Schritt des Verfahrens wird eine Designprüfung sein, bei der die TÜV-Experten noch einmal die vom Hersteller berechnete Gestaltung der einzelnen Bauteile kritisch begutachten. Einzelne Komponenten wie das Getriebe, der Generator und auch die Rotorblätter werden außerdem im Prüfstand getestet. Beim anschließenden Typentest am Prototypen bewerten die Zertifizierer anhand von Messberichten, ob die Anlage den Belastungen standhält und die berechnete Leistung bringt. Letzter Teil der Zertifizierung ist schließlich die Überwachung der Produktion, in deren Rahmen die Gutachter sowohl bei Sinovel als auch bei den Zulieferern prüfen, ob die Ausführung der Turbine den Berechnungen entspricht und die Qualität stimmt. Wie lange es dauern wird, bis das Zertifikat verliehen werden kann, lässt sich nach Angaben des TÜV noch nicht abschätzen.
Die bereits in chinesischen Gewässern installierte Drei-Megawatt-Turbine aus dem Haus Sinovel wird derzeit von GL Renewables Certification geprüft. Für die so genannte A-Design-Bewertung, die letzte Ebene vor der endgültigen Typen-Zertifizierung, liegt seit einigen Monaten ein positives Gutachten vor.
Strategische Zusammenarbeit soll Know-how aus Europa bringen
Das Interesse der chinesischen Windwirtschaft an westlicher Gutachterexpertise endet nicht bei Sinovel: Jüngst hat das Beratungsunternehmen GL Garrad Hassan – es gehört wie auch GL Renewables Certification zur GL-Gruppe – eine Vereinbarung mit dem China Electric Power Research Institute (CEPRI) für den Bereich Windturbinen geschlossen. CEPRI gehört zum staatlichen chinesischen Netzbetreiber SGCC und soll mit GL künftig bei Prototypentests, Inspektionen sowie der Entwicklung von technischen Standards zusammenzuarbeiten. „Die vereinte Kompetenz zweier anerkannter Organisationen wird chinesische Turbinenhersteller in eine bessere Position bringen, ihre Produkte internationalen Standards anzupassen“, meint Mathias Steck von GL Garrad Hassan. „Das wird das Vertrauen der Kunden fördern.“
Eine solche Vereinbarung hatte der TÜV Süd bereits Ende 2011 mit dem CEPRI unterzeichnet. Mittlerweile habe sich eine gute und lebendige Zusammenarbeit entwickelt, heißt es dazu aus München. Nach der im Juni erfolgreich abgeschlossenen Zertifizierung einer von Dongfang produzierten 1,5-MW-Onshore-Turbine habe man in China auch aktuell in erster Linie Onshore-Projekte in der Pipeline, so ein Sprecher des TÜV Süd.
(Anne-Katrin Wehrmann)