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Nordex-Gruppe

Enttäuschte Aktionäre: Auswechslung des Nordex-CEO

Vorstandsvorsitzender Lars Bondo Krogsgaard habe sich selbst für seinen Rücktritt und Abschied ausgesprochen, um die Glaubwürdigkeit bei den Aktionären wieder herzustellen, ließ das Unternehmen am Freitagabend vergangener Woche bereits wissen. Er tritt demnach schon Ende März zurück und macht Platz für seinen amtierenden Stellvertreter José Luis Blanco. Der Spanier kommt vom Chefsessel des früheren Konkurrenten von Nordex, Acciona, mit dem Nordex im Frühjahr 2016 nach einer Kapitaltransaktion von 785 Millionen Euro zur Nordex-Gruppe fusionierte.

Drei dramatische Kurseinbrüche Ende 2015, Mitte 2016 und zum Jahreswechsel 2017 waren dem Schnitt an der Spitze der Nordex-Gruppe vorausgegangen. Vor rund dreieinhalb Wochen hatte Krogsgaard dann öffentlich einräumen müssen, wie es Wirtschaftsmedien berichteten: Die Verantwortung für die Fehleinschätzung des Marktes „liegt bei mir“. Ebenfalls in Reaktion auf den Kursverfall von über 30 Euro pro Aktie auf unter 15 Euro hatte Krogsgaard für die Nordex-Gruppe zugleich schon einen neuen Fokus auf exakt die Aktivitäten angekündigt, „die überdurchschnittliche Margen möglich machen“. Das gelte insbesondere für das Servicegeschäft, aber auch das Projektieren und Errichten eigener Windparks könne dazugehören. Auch eigene Strukturkosten müssten laut der Ankündigung des Noch-CEO auf den Prüfstand kommen, wobei Entlassungen offenbar nicht ausgeschlossen werden könnten: „Wir können derzeit nichts genaues zum Programm sagen, aber natürlich wäre Stellenabbau auch eine Überlegung“, ließ sich Krogsgaard am 1. März zitieren.

Parallel wollte er noch in Forschung und Entwicklung investieren und „produktorientierte Investitionen um gut 30 Millionen erhöhen“. Die Windenergieanlagen der Nordex-Gruppe, die 2019 auf den Markt kämen, wären dann top-wettbewerbsfähig.

Die Wirtschaftszeitung Handelsblatt hatte da bereits aus einem Experten-Gespräch mit dem Analysten Sven Diermeier der Agentur Independent Research zitiert, der für die Nordex-Gruppe ein „kommunikatives Desaster“ ausmachte. Tatsächlich hatte das deutsche Unternehmen während der Führungsägide Krogsgaards ein beeindruckendes Wachstum , als dessen Folge auch der Aktienkurs scheinbar unaufhörlich nach oben geklettert war. So hatte sich der Wert der Nordex-Papiere von seinem Tiefststand von unter fünf Euro im Jahr 2012 zwar schon auf deutlich über zehn Euro stabilisiert – doch 2015 schnellte er auf über 30 Euro. Die Erwartungen in den Turbinenbauer waren plötzlich sehr hoch. Sie stützten sich etwa auf ein zunehmend gutes Abschneiden bei neuen Aufträgen sowie im Teilmarkt der Spezialanlagen für windschwächere und von restriktiven Flächenangeboten geprägten Regionen mit hohen Ansprüchen an die Stromqualität durch die Netzbetreiber. Nicht zuletzt auch der Kauf Accionas und die Bildung der Nordex-Gruppe begeisterten.

Doch spätestens 2016 überwogen bei den Wertpapierbesitzern offenbar die Enttäuschungen. Das von Krogsgaard angekündigte starke Wachstum der neuen Gruppe war nicht eingetreten. Ziel der Fusion ist es, mit Nordex-Anlagen weiterhin vor allem die Spezialmärkte zu erobern und mit den preisgünstigeren, aber ebenfalls als verlässlich geltenden Acciona-Großturbinen die Entwicklungsländer. EntsprechendF gilt die Nordex-Gruppe durch ihre Fusion prinzipiell als breit genug aufgestellt um mit den großen Konkurrenten wie Vestas in den für Nordex wichtigen Märkten mithalten zu können. Denn bei den sich in zunehmend mehr Ländern durchsetzenden Ausschreibungen zählt der direkte Preisvergleich.

Allerdings soll Nordex mit einer Gewinnspanne von 8,4 Prozent vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen noch immer deutlich hinter dem 18-Prozent-Ebit von Vestas liegen, wie das Handelsblatt analysierte.

Dass die Fakten nicht so schnell mit den gestiegenen  Wettbewerbserwartungen zusammenpassten wie erhofft, gilt nun als eine, aber noch nicht allein ausschlagegebende Ursache für Krogsgaards Rücktritt. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Wolfgang Ziebart, hatte zuletzt daran erinnert, dass die Margen unter Krogsgaards Führung beständig zugelegt haben. Auch dass der Gewinn auf 95 Millionen Euro stieg bei einem Plus um 80 Prozent, lässt die Nordex-Gruppe als Krogsgaard-Erfolg gut dastehen.

Doch die zweite Ursache für den jetzt vollzogenen Schnitt an der Führungsspitze ist die Kommunikation über sich verändernde Märkte und die Folgen für die Nordex-Erwartungen. So wird nicht nur der deutsche Markt ab 2019 auch für Nordex schwieriger, weil dann alle noch ohne Ausschreibungen kalkulierten Projekte abgearbeitet sind – und die Turbinenbauer nur noch unter hohem Preisdruck erfolgte Bestellungen aus einem viel geringeren jährlichen Volumen beliefern können. Zudem machen einige der wichtigsten Auslandsmärkte der Nordex-Gruppe einen Strich durch die Rechnung, genauer: durch die Kalkulation der Erwartungen. So verschob das nach einem Quasi-Putsch in innpolitische Turbulenzen geratene Brasilien eine Ausschreibung. Die Zukunft des Windkraftgeschäfts in den USA ist nach der Wahl des Energiewende-Gegners Donald Trump zum Präsidenten des Landes ungewiss. Auch in Südafrika verschoben sich Auktionen. Und schließlich verläuft der Markteintritt in Indien langsamer als erwartet.

Krogsgaard habe den Aktionären nicht geschickt genug kommuniziert, dass die Veränderungen das erwartete Wachstum der Nordex-Gruppe verzögere, sagen Kritiker. Ein Problem ist der niedrige Aktienkurs aber ohnehin, so lautet die Mahnung von den in den Wirtschaftsmedien derzeit zitierten Analysten: Der niedrige Preis könne zu strategischen Kaufversuchen durch konkurrierende Turbinenbauer führen.

Tatsächlich hatte Nordex noch die Prognose für das Geschäftsjahr 2016 von 3,4 Milliarden Euro Umsatz erreicht, nachdem die Führung zunächst eine Gewinnwarnung herausgegeben hatte. Doch musste das Unternehmen die Erwartungen über ein schnelles Wachstum auf über vier Milliarden Euro zurücknehmen. Jetzt ist von einem leichten Rückgang 2017 und einem Umsatz von maximal 3,6 Milliarden 2018 die Rede.

José Luis Blanco wird das Unternehmen nun zusammen mit den Vorstandsmitgliedern Christoph Burkhard (CFO) und Patxi Landa (CSO) leiten.

(Tilman Weber)