Tilman Weber
Windturbinenhersteller Nordex verzeichnet im dritten Geschäftsquartal 2019 einen Auftragseingang zur Errichtung von 1,7 Gigawatt (GW) neuer Windkraftkapazität. Damit steigt das seit Jahresbeginn in nun neun Monaten bestellte Kapazitätsvolumen auf 4,7 GW. Das ist fast schon so viel, wie im Gesamtjahr 2018 bei Nordex bestellt worden war. 2018 hatte das Unternehmen im Vergleichszeitraum von Januar bis September noch Bestellungen für 3,1 GW verzeichnet. Im Vergleich dazu nahm das Ordervolumen im Zeitraum der ersten drei Quartale um mehr als 50 Prozent zu.
Delta-4.000-Plattform macht Hälfte der Aufträge aus
Vor allem die aktuelle Nordex-Großanlagen-Plattform Delta 4.000 mit Turbinen ab vier Megawatt (MW) Nennleistung aufwärts bringt dem Hamburg-Rostocker Unternehmen vermehrt Bestellungen ein. Die mit variablen Nennleistungen lieferbaren Anlagen dieser Plattform machten bereits 49 Prozent des Auftragsvolumens aus, teilt die Nordex-Gruppe mit. Der Turbinenbauer produziert ansonsten noch 2,5 bis 3,9 MW leistende Anlagen aus den zwei vorangegangenen Nordex-Anlagenplattformen. Zum Verkaufsportfolio gehören auch die im Drei-MW-Bereich produzierten Anlagen, die aus der Entwicklung des ehemals unabhängigen spanischen Unternehmens Acciona Windpower stammen. 2016 hatte der vorher rein deutsche Hersteller Nordex das spanische Unternehmen übernommen und im Gegenzug durch eine Beteiligung des spanischen Konzerns Acciona an der neu entstandenen Nordex-Gruppe abgeschlossen.
Drittes Quartal: 436 Anlagen für Windparks in 14 Ländern bestellt
Alleine im dritten Quartal von Juli bis September orderten Kunden der Nordex-Gruppe dabei 436 Windenergieanlagen für Projekte in insgesamt 14 Ländern weltweit. Dabei sollen die neu bestellten Erzeugungskapazitäten zu 60 Prozent in Europa installiert werden, zu 28 Prozent in den USA und zu 12 Prozent in Lateinamerika. Erklärtes Ziel der Nordex Group war es zum Zeitpunkt der Vereinigung beider Wettbewerber 2016, mit Acciona-Anlagen einen stärkeren Fußabdruck des Unternehmens auch in Ländern mit für Windenergienutzung verfügbaren großen und windreichen Flächen zu erhalten. Insbesondere auch auf die USA und auf spanischsprachige Schwellenländer Südamerikas zielte die Acciona-Windpower-Übernahme somit. Allerdings bringt die Delta-4000-Plattform bereits zunehmend Bestellungen aus den USA ein, wie die beiden jüngsten Großaufträge von dort für Anlagen vom Typ N149 und N133 zeigen: So hatte die Nordex-Gruppe im August den Kauf von 56 der N149-Anlagen mit variablen Nennleistungen von 4,0 bis 4,5 MW gemeldet. Kurz vor Ablauf des vorangegangenen Quartals war Ende Juni ein Auftrag über 38 N149 für einen 180-MW-Windpark in Texas eingegangen.
Großaktionär Acciona erhöht Anteil
Schon zu Ende des ersten Halbjahres hatte Nordex einen Auftragsbestand im Wert von 7,6 Milliarden Euro angesammelt – inklusive des Werts neuer Wartungsverträge. Nordex erhielt deshalb jetzt eine Kapitalspritze ihres Großaktionärs Acciona, der zudem seinen Anteil an der Gruppe durch den Kauf von Anteilen von 29 auf 36 Prozent erhöhte. Der Windturbinenhersteller hatte Mitte des Jahres angekündigt, das im ersten Halbjahr langsamere Installationsvolumen für die zweite Jahreshälfte deutlich zu erhöhen und die Produktion von Rotorblättern und Windenergieanlagen entsprechend zu beschleunigen.
Die Nordex-Gruppe muss wie die gesamte Branche mit rückläufigen Turbinenpreisen zurechtkommen und hatte trotz erhöhten Umsatzes schon nach dem ersten Halbjahr 2019 einen Rückgang der sogenannten Ebidta-(Ertrags-)Marge im Vergleich zum ersten Halbjahr 2018 von 4,0 auf 1,7 Prozent verzeichnet.
Globaler Trend: Wachsende Nachfrage nach Erzeugungskapazitäten
Das wachsende Interesse an hochwertigen großen Windenergieanlagen bei Nordex bestätigt indes den allgemeinen Weltmarkt-Trend für die Branche. So hatte Weltmarktführer Vestas im Sommer für das abgeschlossene zweite Quartal im Geschäftsjahr den unternehmenseigenen Vierteljahres-Auftragsrekord von 5,7 GW bilanziert. Im gesamten Halbjahr hatte Vestas sogar Aufträge für 8,7 GW an Land gezogen – nach 5,4 GW im ersten Halbjahr 2018. Das angesammelte Auftragspolster betrug zu diesem Zeitpunkt weit über 20 GW. Auch der Wettbewerber um die Weltmarktkrone Siemens Gamesa hatte im zweiten Jahresviertel ein Rekordauftragsvolumen inklusive der Service-Aufträge gemessen am Umsatz von 4,6 Milliarden Euro eingefahren. Die Kunden hatten Windparks an Land und auf See mit 3,6 GW bestellt.