fos4X LichtquelleDie fos4X-Lichtquelle. Das richtige Licht ist ein Schlüssel für genaue Messungen.Foto: fos4X
Ein im kommenden Sommer in einer Großanlage im Münsterland beginnender Feldtest soll die Zuverlässigkeit des faseroptischen Zustandsüberwachungssystems „fos4X“ bestätigen. Der Test des Schwingungen, Biegungen und Temperaturen messenden Systems werde bis etwa Anfang 2012 dauern und damit auch temperatur- und jahreszeitlich bedingte Schwankungen mit untersuchen, teilte Lars Hoffmann vom Lehrstuhl für Messsystem amp; Sensortechnik der Technischen Universität (TU) München, einer der vier fos4X-Entwickler, mit. Neben der Zuverlässigkeit sollen im Feldtest Untersuchungen vorangetrieben werden, die Blattstellung während der Rotation zu regeln. Abhängig von den Testergebnissen ist die Markteinführung nach derzeitigem Stand für Sommer 2012 geplant.
Sensoren helfen, Schäden an Windrad-Rotorblättern frühzeitig zu erkennen
„‚fos4X’ verbindet die Vorteile von herkömmlicher mit faseroptischer Messtechnik“, sagt Hoffmann. Es sei eine Lösung gefunden worden, sowohl quasi-statische Lasten, wie sie bei gleichbleibendem Wind auftreten, als auch dynamische Lasten exakt zu messen. Das sei der eigentliche Mehrwert. Außerdem sollen die Sensoren selbst winzige Schäden frühzeitig erkennen. Die Funktionsweise: „fos4X“ sendet Infrarotlicht vom in der Rotornabe sitzenden Messgerät in eine Glasfaser. Der Sensor, ein sogenanntes Faser-Bragg-Gitter, reflektiert es zurück zum Messgerät. „Diese Reflexion enthält Informationen über den Zustand an der Messstelle“, sagt Hoffmann. Der Kniff dabei sei, dass die optische Info – anders als bei ausschließlich optisch arbeitenden Methoden – in ein analoges elektrisches Signal umgewandelt werde.
Automatische Handlungsanweisungen direkt aus gewonnenen Informationen ableitbar
Bei einer Dehnung oder Stauchung der Faser verändert sich laut BINE-Informationsdienst die Wellenlänge des reflektierten Lichts. Da jedes Gitter nur Licht einer bestimmten Wellenlänge zurückwerfe und die anderen Wellenlängen ungehindert passieren lasse, können Dehnungen und Stauchungen an vielen Stellen der Faser gleichzeitig gemessen werden. „Die ankommenden Informationen, die anhand der gemessenen Belastungsspitzen Auskunft über Temperaturen und mechanische Zustände geben, werden im Messgerät ausgewertet, woraus wir automatisch Handlungsanweisungen ableiten können“, sagt Lars Hoffmann. Der Durchbruch sei bei einem Forschungsprojekt der Europäischen Weltraumbehörde ESA erreicht worden, als man die Technik so weit optimiert hatte, dass Vibrationen gemessen werden konnten, wie sie bei einer Ariane-Rakete entstehen.
fos4X FasersensorKaum dicker als ein menschliches Haar, sollen die Glasfasersensoren bis zu 1000 mal länger halten als herkömmliche Dehnungsmessstreifen.Foto: fos4XHoffnung auf zehn bis 15 Prozent mehr Effizienz als mit bisherigen Messsystemen
Insbesondere bei großen Windanlagen sei der Nutzen einer sensoroptimierten Blattregelung laut BINE-Informationsdienst erheblich. Gegenüber bestehenden Systemen erhoffen sich die Münchner Forscher mit ihrer ausgefeilten Messtechnik eine noch exaktere Blattregelung, die einigen Literaturquellen zufolge Effizienzsteigerungen zwischen zehn und 15 Prozent zur Folge hätten.
„fos4X“ auch nachrüstbar
Positiv für künftige Nutzer: Die Glasfasersensoren können sowohl während der Rotorblattfertigung einlaminiert als auch bei bestehenden Anlagen nachgerüstet werden. Dazu werden sie im Innern des Blatts wie herkömmliche Sensoren auf der Struktur verklebt oder verschraubt. Pro Rotorblatt müssen mindestens vier Sensoren angebracht werden, die sich dann in der Blattwurzel befinden. Je zu messender Kraftrichtung – in Drehrichtung, quer zur Drehrichtung und Torsion – werden mindestens zwei Sensoren benötigt. Sowohl die gleich bei der Blattfertigung eingebauten als auch die nachgerüsteten Messstreifen sollen die auftretenden hohen Lastwechselzahlen von ca. 109 aushalten und somit über Jahre einsetzbar sein.
Auszeichnung durch Initiative „Land der Ideen“
Im April waren die vier Forscher von der Standortinitiative „Land der Ideen“ für ihr Messsystem ausgezeichnet worden. Seit 2006 prämiert die Initiative, hinter der neben der Bundesregierung der BDI, die Deutsche Bank, die Deutsche Messe AG in Hannover, Thyssen Krupp und BASF stehen, im Innovationswettbewerb „365 Orte im Land der Ideen“ Projekte und Entwicklungen, die einen Beitrag zur Zukunftsfähigkeit Deutschlands leisten. (Andreas Haude)