Die Investitionszahlen im Bereich der großen Windprojekte zeichnen ein Bild des Wachstums für die Windbranche: Nach Informationen des Analysten-Portals Mercom Capital Group, llc, wurden im ersten Halbjahr 5,2 Milliarden Dollar in Großwindprojekte investiert. Im gesamten Jahr 2013 waren es nur 3,8 Milliarden, was allerdings auch mit den schwankenden US-amerikanischen Fördergesetzen zusammen hing. Zudem sind in einigen europäischen Märkten die Förderungen zusammengestrichen worden.
Im ersten Quartal 2015 wurden acht Großverträge über 2,7 Milliarden US-Dollar unterzeichnet, im zweiten Quartal waren es 2,5 Milliarden für zwölf Verträge. Die Großprojekte werden in folgenden Ländern realisiert: Kanada, China, Dänemark, Indien, Italien, Schottland und USA. Deutschland ist im zweiten Quartal nicht dabei, im ersten waren wir mit Offshore-Projekten unter den Großinvestoren. Inzwischen ist es nichts Neues, dass der weltweite Windmarkt sich nicht mehr nur auf die Ursprungsländer konzentriert: In den ersten BTM-Consult-Umfragen waren Deutschland, USA und Dänemark die Spitzenreiter. Nun hat zum Beispiel Ägypten drei Ausschreibungsrunden über zusammen 500 MW Windleistung für 2015 veröffentlicht. Die Zeiten ändern sich und es ist für den Abschied von fossilen Energien überaus erfreulich, dass bevölkerungsreiche Länder wie China und Indien die Technologie ebenfalls im großen Stil nutzen.
Chinas installierte Windleistung ist im ersten Halbjahr auf 106,5 Gigawatt gestiegen. In der Betrachtung sind nur Projekte mit mehr als sechs Megawatt aufgeführt. 5.970 MW waren es allein im ersten Halbjahr. Allerdings stieg der Energiebedarf der Chinesen in den ersten sieben Monaten des Jahres um 0,8 Prozent. Allein im Juli verbrauchte China 503,4 Terawattstunden.
CO2-Ausstoß steigt bis 2035 um jährlich 1,1 Prozent
An diesem Punkt zeigt sich das aktuelle Problem der Klimaschützer. Weltweit wird mit vereinten Kräften am Ausbau der erneuerbaren Energien gearbeitet, aber der CO2-Ausstoß steigt weiterhin an. Ein Chinese hat immernoch einen kleineren CO2-Fußabdruck als ein Deutscher. Und das, obwohl dort große Teile des deutschen Konsumlebens zusammengebaut werden. Würden wir unsere Spielsachen und Elektronikartikel selbst bauen, wäre die Kluft noch größer, unsere Luft nicht ganz so sauber - aber immerhin wären unsere Arbeitslosenzahlen auch niedriger.
Es ist nicht nur so, dass unsere verlängerte Werkbank China zulegt beim Energieverbrauch. Wir westliche Industriestaaten schaffen es gleichzeitig nicht, unseren Verbrauch zu reduzieren. Neue Prognosen der Internationalen Energieagentur sagen, dass der weltweite CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2035 jährlich um 1,1 Prozent steigen wird. Der globale Energieverbrauch wächst kontinuierlich. Aber nur ein Teil des steigenden Verbrauchs wird von erneuerbaren Energien abgedeckt - der Rest von Öl, Gas und Kohle.
Immer größer, aber A++
Schlussendlich bedeutet dies, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigt werden muss - aber gleichzeitig muss auch der Verbrauch reduziert werden. Auf diesem Feld ist bisher zu wenig passiert. Die Liste des Versagen ist lang: Die Industrie hat zwar effizientere Geräte entwickelt. Die sind aber gleichzeitig auf das Doppelte ihrer ursprünglichen Größe angewachsen und haben damit die Einsparungen zunichte gemacht. Der Kühlschrank A++ reicht bis zur Decke. Im neuen SUV hat der alte Golf dreimal Platz, dafür verbraucht er etwas mehr - als ein 15 Jahre altes Auto. Der Konsument hat nicht gelernt, über dieses Thema nachzudenken. Ins Grübeln freilich kommen die Menschen erst, wenn die Energiepreise steigen. Davon sind wir derzeit weit entfernt. Wenn wenigstens die Emissionen eine vernünftigen Preis hätten - aber auch die kann sich jeder leisten.
Darum sollte - auch wenn die freie Marktwirtschaft immer bedingungsloser gefeiert wird - die Politik Einfluss nehmen. Wir brauchen strenge Grenzwerte für Emissionen vom Fahrzeug bis zur Waschmaschine, von der Heizung bis zur Fabrik. Damit wir unsere Erfolge beim Ausbau der erneuerbaren Energien nicht gleich wieder zunichte machen. (Nicole Weinhold)