Forscher von sieben nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen und Unternehmen haben im September und Oktober 2016 auf und rund um den Rödeser Berg bei Kassel insgesamt mehr als ein Dutzend Windmessgeräte installiert, teilte das IWES mit. Diese Fernerkundungssysteme – von der Größe eines Kühlschranks – können mittels Lasertechnik den Wind bis in mehrere hundert Meter Höhe und bis in circa 8 km Entfernung messen. Ergänzt wird die Kampagne durch Messungen an herkömmlichen Windmessmasten: Das Zentrum des Experiments bildet der 200 m hohe Windmessmast, den das Fraunhofer IWES seit 2012 auf dem Rödeser Berg für Forschungszwecke betreibt. Südwestlich davon, in einer Entfernung von etwa 3 km, wurde im September zusätzlich ein zweiter Messmast mit einer Höhe von 140 m errichtet.
Ziel des Experiments ist zu messen, wie der Wind eine Erhebung wie den Rödeser Berg überströmt. Gleichzeitig müssen sich die innovativen Messverfahren mit räumlich verteilten synchronisierten Laser-Messsystemen im Praxistest bewähren. Der generierte Datensatz wird anschließend von den Partnern analysiert, um das allgemeine Verständnis für die Windströmung an einem bewaldeten Mittelgebirgsstandort zu verbessern.
Messverfahren basiert auf Dopplereffekt
Für das Experiment wurden etwa ein Dutzend Windscanner und Windprofiler verteilt aufgestellt. Mit diesen laserbasierten Messgeräten lässt sich der Wind in unterschiedlichen Entfernungen horizontal und vertikal messen. In einer etwa 6 km langen Achse über den Rödeser Berg in der Hauptwindrichtung Südwest steht an dem einen Ende ein Windprofiler, am anderen Ende der neue 140 m hohe Windmessmast. Auf dieser Linie liegt auch der 200 m hohe Windmessmast. Beiderseits dieser gedachten Linie wurden mehrere Windscanner installiert, die synchronisiert im Sekundentakt an mehreren Punkten entlang der Linie den Wind in unterschiedlichen Höhen erfassen.
Das Messverfahren basiert auf dem Dopplereffekt: Ein Laserstrahl wird mit Lichtgeschwindigkeit in die Luft geschossen. Dort trifft er auf Aerosole, also feinste Partikel in der Luft. Diese Staubkörnchen reflektieren das Licht. Dieses Signal wird vom Lasermessgerät wieder aufgefangen und analysiert. Das Ergebnis ist eine Frequenzverschiebung, mit der man durch die Kombination mehrerer Messgeräte die Windgeschwindigkeit ermitteln kann. Mit den gewonnenen Daten des einjährigen Experiments werden die Forscher bereits vorhandene Windmodelle validieren und, falls nötig, verbessern.
Öffentlicher europäischer Windatlas geplant
Im Zuge des übergeordneten Forschungsvorhabens „Neuer Europäischer Windatlas“ werden weitere koordinierte Experimente ähnlicher Art in Dänemark, Portugal, Schweden, Spanien und in der Nordsee stattfinden. Mit dem besseren Verständnis der Windströmung in den unterschiedlichen Standortumgebungen können die schon existierenden Modelle zur Berechnung von Windatlanten weiterentwickelt werden, erwartet das IWES. Denn die Windindustrie strebe weiterhin eine deutlich genauere Ertragsabschätzung im Vorfeld der Investitionsentscheidung an.
Das Projekt „Europäischer Windatlas“ zielt darauf ab, die Unsicherheiten aus der Windmessung zu reduzieren. Als Ergebnis soll ein europaweiter, öffentlich zugänglicher Windatlas erzeugt werden. Das europäische Projekt mit neun teilnehmenden Ländern läuft noch bis 2020.