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Höhenwinde

Weniger Windenergie als erwartet

Jet-Streams oder so genannte Strahlstromwinde sind Luftbewegungen der Atmosphäre mit kontinuierlichen Geschwindigkeiten von über 25 Metern pro Sekunde oder 90 Kilometern pro Stunde in Höhen zwischen sieben bis 16 Kilometern über dem Boden. Diese Geschwindigkeiten erwecken den Eindruck einer nahezu unerschöpflichen Windenergiequelle. Doch die Energie der Strahlströme ist offenbar begrenzt, wie die MPI-Forscher jetzt ermittelt haben: Sie entstehen wie alle Wind- und Wettersysteme der Erde, weil die Tropen stärker durch Sonneneinstrahlung erwärmt werden als die Polargebiete. Durch diese Unterschiede in der Erwärmung entstehen Temperatur- und Druckunterschiede, aus denen Antriebskräfte für Atmosphärenbewegung entstehen. Kurz: Es werden Höhenwinde erzeugt. Die unterschiedliche Erwärmung setzt somit also die Obergrenze für die natürliche Winderzeugung. Und sie bestimmt, wie viel davon maximal als Windenergie genutzt werden kann.

Die hohen Windgeschwindigkeiten der Strahlströme entstehen durch das fast vollständige Fehlen von Reibung, weiß die Forschung. Folglich braucht es nur wenig Energie, um sie anzutreiben und aufrecht zu erhalten. Wo aber wenig Energie wirkt, da ist auch wenig Energie zu ernten, meinen die Forscher zu wissen: „Dieser geringe Energiebedarf ist es, der ihr Potenzial als Energiequelle begrenzt“, erklärt Axel Kleidon, Leiter der Max-Planck-Forschungsgruppe „Biosphärische Theorie und Modellierung“. Die Forschungsgruppe errechnet mithilfe von Klimasimulationsmodellen die maximale Kapazität, mit der Windenergie der globalen Atmosphäre entzogen werden kann. Die von den Jenaer Forschern nun erhobene Abschätzung von 7,5 Terawatt (TW) ist 200-fach geringer als die in vorherigen Studien ermittelte nutzbare Windenergie. Sie beläuft sich lediglich auf ungefähr die Hälfte des Primärenergiebedarfs der Menschheit von 17 TW im Jahr 2010. Das wäre allerdings auch die maximale Leistung, wenn der gesamte Jet-Stream zwischen den Subtropen und der Polarfront genutzt würde.

Die Forscher um Kleidon untersuchten darüber hinaus auch die klimatischen Folgen, die sich aus der Jet-Stream-Nutzung als Energiequelle ergeben würden. Da jede Turbine einen Widerstand aufbaut, durch den Windenergie letztlich in Strom umgewandelt wird, ändert sich die Kräftebilanz der Strahlströme, sobald diese Energie entzogen wird. Würden 7,5 TW so aus diesen Höhen entnommen, würde dies den treibenden Druckgradienten zwischen der Äquatorregion und den Polen sogar weitgehend erschöpfen. Ein solcher Eingriff würde also das gesamte Klimasystem verlangsamen. „Die Atmosphäre würde ein 40-faches weniger an Energie erzeugen im Vergleich zu dem, was wir durch die Windturbinen an Energie gewinnen könnten“, erläutert Kleidons Jenaer Kollege Lee Miller. „Dies würde drastische Änderungen für die Temperatur und das Wetter hervorrufen.“

Die Max-Planck-Studie findet sich in der Fachzeitschrift „Earth System Dynamics“ in einer Veröffentlichung vom 29. November 2011: www.earth-syst-dynam.net/2/201/2011/esd-2-201-2011.html

(Regine Krüger)