Das Kernkraftwerk Dounreay liegt nahe einer verfallenen Burg an der Nordküste der Grafschaft Caithness im Verwaltungsbezirk Highland an der Nordküste Schottlands. Das kugelförmige Reaktorgehäuse des von 1961 bis 1977 betriebenen DFR.Foto: geograph.org.uk/Dorcas Sinclair
Irgendwann sind keine fossilen Ressourcen mehr im Erdreich, und dann ist der Spuk ohnehin vorbei und das Klima kann sich erholen: Irrtum! Dummerweise sind die Reserven an Öl, Kohle und Gas groß genug, um das Klima zu ruinieren, bevor die letzten Fracking-Stationen ihre Arbeit einstellen. Gerhard Hofmann von der Zukunftsagentur verweist in diesem Zusammenhang auf einen Text von Reinhard Bütikofer. Der schreibt: „Man muss kein Mathematiker sein, um die ökonomische Dramatik zu verstehen, die sich in den folgenden Zahlen ausdrückt: Wenn die Menschheit die Erderwärmung auf +2 Grad Celsius begrenzen will, dürfen bis 2050 nur noch 565 Milliarden Tonnen CO2 ausgestoßen werden. Das heißt, ein Großteil der fossilen Reserven muss als „unburnable carbons” im Boden bleiben. Und: Investitionen in fossile Konzerne müssen unterbleiben: Divestment statt Investment.“ Den vollständigen Text finden Sie hier.
Da ist es nun löblich und sinnvoll, dass die Briten nicht länger lamentieren, sondern offiziell das Ende der Kohlezeit einläuten. So wie es eigentlich auch hierzulande geschehen sollte, aber offenbar sozialverträglich erst in 30 Jahren möglich ist. Und das, während die erneuerbaren Energien längst 250.000 neue Arbeitsplätze geschaffen haben.
100 Millionen Tonnen CO2
Leider bedeutet das für das britische Königreich, dass die Atomkraft wieder ins Blickfeld rückt. Wobei der geplante Bau neuer Atomkraftwerke ohnehin nie vom Tisch war. Letztlich sind sogar die Gesetze bereits so ausgelegt, dass die Atomkraft sich auf der Insel wohlfühlen kann: Der neue Einspeisetarif, der nun nach und nach die bisherigen Renewable Obligations ablöst, gilt für alle „sauberen“ Energiequellen – wozu auch die Atomkraft zählt.
Oliver Krischer, Bündnis 90/Die Grünen, sagt: „Die britische Politik hat am Wochenende ein richtiges Signal gesetzt: Kohlekraftwerke haben keine Zukunft mehr. Leider schwingt bei diesem Signal in Großbritannien auch die indirekte Botschaft für Atomkraft mit. Das ist fatal. Denn es geht nicht darum, eine Risikotechnologie durch die andere zu ersetzen. Unsere Energieversorgung darf nicht länger auf Kosten folgender Generationen organisiert sein. Das geht nur mit Erneuerbaren und Energieeffizienz anstelle von Atom UND Kohle. Deutschland verabschiedet sich spätestens 2022 von der Atomkraft. Wir werden das von heute an schrittweise über die folgenden Jahrzehnte auch mit der Kohle tun müssen, wenn wir unsere Klimaschutzziel ernst nehmen.“ Die Bundesregierung habe vor kurzem erst beschlossen, das Klimaschutzziel von minus 40 Prozent bis 2020 erreichen zu wollen. Von heute an müssten damit bei Kohlekraftwerken 100 Millionen Tonnen CO2 bis 2020 reduziert werden.
Vestas Ontario KanadaVestas-Windkraftanlage in Ontario.Foto: Vestas
Die kanadische Provinz Ontario ist in dem Zusammenhang Vorreiter, was den Abschied von der Kohle anbelangt. Während in Kanada, etwa in Alberta, die schmutzige Förderung von Ölsanden ein großes Geschäft ist, hat sich Ontario vor einigen Jahren für den Ausstieg aus der Kohle entschieden und einen festen Einspeisetarif für Erneuerbare verabschiedet.
Jetzt hat sich die Provinz der letzten Kohlekraftbastion auf elegante Weise entledigt: Die Umwandlung der Thunder Bay Generating Station im Norden Ontarios von einem Kohlekraftwerk in eine Biomasseanlage wurde erfolgreich abgeschlossen. Ontario hat damit sein Ziel erreicht: keine Stromerzeugung mehr mit Hilfe von Kohle. Im vergangenen April hatte die Anlage, betrieben von dem einheimischen Energieversorger Ontario Power Generation, das letzte Stück des fossilen Energieträgers verbrannt und arbeitet nun mit einer Kapazität von 150 Megawatt (MW).
Ending Coal for Cleaner Air Act
Im Jahr 2013 hatte die Provinzregierung mit dem Ending Coal for Cleaner Air Act die Ära der Kohle als Energiespender beendet. 2003 kamen noch rund 25 Prozent des Stroms von Kohlekraftwerken. Nun befindet sich also die größte Biomasseanlage Nordamerikas in Atikokan. Sie ist seit vergangenen Sommer am Stromnetz. Die Anlage generiert 200 MW Elektrizität.
Allerdings: Die Nutzung der Kernenergie in Kanada beschränkt sich fast ausschließlich auf die Provinz Ontario, dort werden rund 50 Prozent des Stroms in 15 Kernkraftreaktoren erzeugt. 15 Prozent des kanadischen Stroms kommt von Atomkraft aus Ontario. Und schon ein Jahr nach Fukushima wurden Untersuchungen für den Bau eines neuen Reaktors unternommen. (Nicole Weinhold)