Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmen in Rheinland-Pfalz, Werner Heer, hatte den plötzlichen und unerwarteten Gang zum Insolvenzrichter noch Ende vergangener Woche mit „technischen Problemen“ beim Errichten von Windturbinen begründet: Bei zu starken Windverhältnissen hätten sich die Aufbauarbeiten einiger Anlagen verzögert. Fest eingeplante Einnahmen seien damit vorerst ausgeblieben. Außerdem habe es „Zahlungsstoppungen“ gegeben, sagte Heer dem südwestdeutschen Fernsehsender SWR bereits am Freitag.
Verzögerungen verursachen zweistellige Millionen-Euro-Lücke
Richtig ist wohl, wie der Vertriebschef des Unternehmens am Dienstag ERNEUERBARE ENERGIEN bestätigte, dass Fuhrländer mit dem Bau eines oder mehrerer Windparks in der Ukraine nicht dem Zeitplan gemäß vorankam. Weil in der Ukraine die Kunden erst bei vollständiger Fertigstellung eines Windparks zahlten, sagte Jaroslaw Smialek auf Anfrage, seien hier erwartete Einnahmen ausgeblieben. Ein weiterer, wenngleich kleinerer Ausfall habe sich ergeben, weil die Errichtung von in Lizenz gefertigten Fuhrländer-Windturbinen im Iran sich nach einer Gesetzesänderung dieses Jahres ebenfalls verzögere. Die neue Regelung führe dazu, betonte Smialek, dass zusätzliche Überprüfungen des Exportgeschäfts durch zuständige Genehmigungsbehörden weitere sechs Wochen in Anspruch nähmen. Hintergrund dafür ist das Embargo der Europäischen Union und der USA gegen den Iran im Atomstreit mit der Islamischen Republik, überprüft werden hierbei inwiefern importierte Bauteile für Atomwaffen oder überhaupt für die Kernenergienutzung verwendet werden können. Die Verzögerungen hätten ein Loch in die Liquidität Fuhrländers in Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags gerissen, sagte Smialek zu ERNEUERBARE ENERGIEN.
Investor Efimov auch Windparkkunde
Pikant an der plötzlichen Kapitalnot ist, dass die in der Windgröße GmbH vertretenen Investoren offenbar nicht für die kurzfristige Kapitallücke einspringen wollten. Dabei ist einer der Kapitalgeber in der Windgröße GmbH, Maxim Efimov, der Direktor des ukrainischen Stahlbaukonzerns Energomashspetstal (EMSS) und zugleich mit Bauherr eines der von den Verzögerungen betroffenen Windparks. So deutet es jedenfalls Smialek an. Fuhrländer ist mit Efimov über ein Joint-Venture verbunden, seit diesem Jahr offiziell fertigt das Unternehmen in der Ukraine auch mit dort ansässigen Partnern in einem Joint-Venture die bisherigen größten Windturbinentypen des Unternehmens FL 2500 mit 2,5 Megawatt (MW) Leistung. Die Windgröße GmbH hatte unter Beteiligung Efimovs erst im Mai von Unternehmensgründer Joachim Fuhrländer dessen 80-Prozent-Anteil erworben. Damit, so hieß es auch aus dem Aufsichtsrat des Unternehmens, habe der beim Kapital klamm gewordene mittelständische Windturbinenhersteller noch einmal genügend Atem gewonnen, um eine bereits entwickelte neue Windenergieanlage mit drei MW Leistung und für diese Turbinenklasse bislang ungewöhnlich langen Rotoren von 120 Metern auch auf den Markt zu bringen.
Fuhrländer präsentierte die Anlage FL 3000 auch noch bei der Branchenmesse Husum Windenergy in der vorigen Woche. „Wir hätten die Anlage gerne schon ein paar Monate früher an den Start gebracht“, sagte Vertriebschef Jaroslaw Smialek jetzt zu ERNEUERBARE ENERGIEN. Die bereits zu Jahresbeginn bekannt gewordenen Kapitalprobleme hätten dies aber verhindert. Unternehmenseigene Fehler seien allerdings wenn überhaupt nur in den Vorjahren gemacht worden: Vielleicht sei in den bei den Einnahmen guten Jahren 2008 und 2009 „die Zeit nicht genutzt“ worden, um die Weichen bereits damals in Richtung der kürzlich neu bekannt gegebenen Strategie zu stellen. Diese sieht eine Konzentration des Unternehmens auf bestimmte Märkte wie etwa den Spezialmarkt Ukraine aber auch weiterhin Deutschland vor.
Mitglieder des Aufsichtsrats von Fuhrländer wollten sich am Dienstag für ERNEUERBARE ENERGIEN nicht zu den neuen Entwicklungen äußern – oder sie meldeten sich auf Anfragen nicht zurück. Beim Minderheitsaktionär Valora Effekten, ein Wertpapierhandelshaus mit einem Anteil von 500.000 Euro an Fuhrländer, herrscht hingegen der Ärger vor: „Wir wurden nicht informiert. Dass der neue Großaktionär in diesem Fall nicht bürgt, verstehen wir nicht. Wenn man zu einem solchen Zeitpunkt einsteigt, hat man doch kein Interesse, das Unternehmen gleich wieder gegen die Wand fahren zu lassen“, sagte Klaus Helffenstein von Valora.
Hoffnung bei Gewerkschaft
Guter Dinge gibt sich immerhin die IG-Metall-Bezirkssekretärin Heidi Schroth. Die Gründe für die neuerlichen Schwierigkeiten bei Fuhrländer seien „extern“ verursacht. Das Gericht werde daher wohl ermöglichen, dass der deutsche Standort erhalten bleibe und die Beschäftigung möglichst vieler Mitarbeiter sichergestellt ist. In einer vorangegangenen Sanierungsphase hatte Fuhrländer sich bereits von 70 Mitarbeitern der jetzt noch 400 Kollegen zählenden Belegschaft getrennt. Die IG Metall führt derzeit intensive Sondierungsgespräche bei Fuhrländer, um eine tarifvertraglich gesicherte Perspektive zu erreichen. „Wir erwarten einen Sanierungsplan, der dann auch umgesetzt werden kann. Die Belegschaft kann darauf bauen, die IG Metall an ihrer Seite zu haben“, sagte Schroth.
(Tilman Weber)