Zuerst hatte die Fuhrländer AG im Mai in einem kleinen Satz einer überschwänglichen Pressemitteilung zu einem Auftrag über 100 Megawatt (MW) in der Ukraine den Rücktritt des Firmengründers Joachim Fuhrländer vom Vorstandsvorsitz bekannt gegeben. Fuhrländer war sogar ganz aus dem Vorstand ausgetreten. Der Kunde, dem die Pressemitteilung hauptsächlich galt, war freilich ein Besonderer. Es war, wie inzwischen klar ist, eben nicht nur „ein langjähriger Kunde“ namens Maxim Efimov. Dieser sei „der Generaldirektor eines großen metallverarbeitenden Unternehmens in der Ukraine, der mit Fuhrländer bereits lange über ein Joint Venture verbunden ist“ – so der O-Ton der Pressemitteilung. Vielmehr hat Efimov nun offenbar den 80-Prozent-Anteil vom bisherigen Haupteigner Joachim Fuhrländer am Unternehmen zusammen mit einem anderen ukrainischen Investor übernommen.
Efimov ist Generaldirektor des ukrainischen Stahlbaukonzerns PJSC Energomashspetsstal, der wiederum zum Imperium des russischen Atomkraftriesen Rosatom gehört. Forenteilnehmer im Anlegerblog Wallstreet-Online schließen daraus bereits, dass Fuhrländer im Mai als Inhaber dem bevorstehenden Deal habe rasch seinen Platz räumen zu müssen, um nicht mit eigenwilligen Vorstellungen als vielwissender Ex-Inhaber Veränderungen im Unternehmen im Wege zu stehen.
Viel Präzises gaben die drei Hauptakteure in Sachen Zukunftsgestaltung für den Westerwälder Windenergieanlagenhersteller allerdings noch nicht bekannt. Windreich, Efimov und die Fuhrländer AG selbst rechnen laut dem jetzigen Vorstandsvorsitzenden Werner Heer, der vorher als Sanierer beim Industrienähmaschinen-Hersteller Dürrkopp-Adler in Bielefeld tätig war, dass sich das Liebenscheider Unternehmen künftig die Beziehungen der neuen Eigentümer zu Nutze machen könne. Demnach hofft Fuhrländer auf noch größere Anteile im Osten des Kontinents am Windgeschäft, vor allem loben die Pfälzer Windturbinenbauer den angeblichen Willen der ukrainischen Politik zu einem deutlichen Ausbau der Erneuerbaren. Laut Angaben der drei Beteiligten will Fuhrländer sich künftig stark auf die Märkte Deutschland, Polen und Ukraine konzentrieren.
Auch der mit knapp 17 Prozent an Fuhrländer beteiligte Windparkprojektierer Windreich aus Wolfschlugen bei Stuttgart will Fuhrländer-Anlagen der kommenden Drei-MW-Klasse künftig vermehrt aufstellen. So erklärte Windreich-CEO Willy Balz, dass die schwäbischen Projektplaner in Deutschland alleine 100 MW Windenergieleistung binnen zwei Jahren installieren wollen und dabei die neue Drei-MW-Klasse Fuhrländers eine führende Rolle spielen solle. Ebenso gelte das für die Projekte Windreichs in Polen, Frankreich und Österreich. Hier will Windreich ab 2014 über 100 weitere MW Leistung ans Netz bringen. Inwiefern die Schwaben fest mit einer ausreichend schnell hochfahrenden Serienfertigung Fuhrländers bis dahin rechnen, sagte Balz indes nicht. Die neue Anlage würde mit 120 Metern Rotorweite einen neuen Rekord in der Leistungsklasse Drei MW aufstellen.
In der Ukraine hat Fuhrländer kurz vor Bekanntwerden der Übernahme ein Joint-Venture-Werk mit inländischen Industriepartnern bekannt gegeben, wo die derzeitige 2,5-MW-Anlage produziert wird. Zuletzt war Fuhrländer in wirtschaftliche Not geraten, nachdem das Unternehmen 2009 noch 250 Millionen Euro umgesetzt hatte, zuletzt aber bei unter 200 Millionen Jahresumsatz Verluste machte.
(Tilman Weber)