Der schleswig-holsteinische Energiewende- und Naturschutzminister Tobias Goldschmidt hat den neu geschaffenen Prüfrahmen für Antikollisionssysteme (Prüfrahmen AKS) im Windpark Timmaspe vorgestellt. Ein Expertengremium mit Vertretern von Antikollisionssystem- und Windturbinenherstellern, Windkraft- und Naturschutzverbänden und vom Prüfdienst Tüv Nord hatte die nun landesweit gültigen Mindestanforderungen an die Entwicklung, Validierung und Prüfung der Systeme zum Stoppen der Windturbinen bei Vogelanflug ausgearbeitet. Das Landesamt für Umwelt, das die Gremienarbeit initiiert hatte, will diesen sogenannten Prüfrahmen AKS anwenden. Er soll dem Amt als Vollzugshilfe in den Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen an Land dienen.
Die Einigung über die Anforderungen, um die automatisierten Antikollisionsysteme als zulässig einzustufen, gebe „klare Orientierung für die Hersteller bei der Entwicklung von AKS und kann dadurch Genehmigungsverfahren vereinheitlichen und beschleunigen“, teilte das Energiewendeministerium mit.
„Antikollisionssysteme bringen den Ausbau der Windenergie und den Schutz von Großvögeln noch besser in Einklang. Der Prüfrahmen wird sowohl von der Energiewirtschaft als auch dem Naturschutz getragen und ist damit bundesweit ein Vorbild für die Genehmigung von Windkraftanlagen“, sagte Minister Goldschmidt. Das im Vorführ-Windpark Timmaspe im Landkreis Rendsburg Eckernförde eingesetzte Antikollisionssystem setzt gemäß Angaben des herstellenden Unternehmens sogenannte künstliche Intelligenz (KI) ein, die der Minister als technische Innovation für „im Umweltschutz große Chancen“ wertete. Die Steuerung des Antikollisionssystems stellt sich demnach immer neu auf die anfliegenden Vögel ein und verbessert dessen Reaktion beziehungsweise die nachfolgende Windturbinensteuerung. Die digital eingebundene Sensorik solcher Vogelschutzeinrichtungen stellt fest, wenn sich Vögel den Windparks nähern und ob sie Kurs in den Windpark nehmen – sowie sogar, ob sie bei der Jagd nach Insekten oder Kleingetier in die Rotoren fliegen werden oder nicht. Dafür berücksichtigt das dank KI zum Lernen fähige Steuerungsprogramm auch den für den Insektenflug entscheidenden Luftdruck, Temperaturen oder Wetterlagen. Im Zweifelsfall stoppt das Antikollisionssystem die Windenergieanlagen bei einer errechneten Gefahr einer tödlichen Kollision von Vögeln mit den Rotoren. Antikollisionssysteme können so die gängige Praxis erübrigen, dass Genehmigungsbehörden den Windparkbetrieb nur außerhalb der Zeiten vermehrten Vogelflugs erlauben, ihn aber vorbeugend zu bestimmten Tages- oder Jahreszeiten untersagen. Die Windenergiebranche hofft, mit den AKS-Systemen die Betriebszeiten der Windparks erheblich zu verlängern.
Mit dem System im Windpark Timmaspe sind nach Angaben des Landesamts für Umwelt nun Systeme von drei verschiedenen Herstellern „erfolgreich geprüft und können zum Schutz der Arten Rotmilan und Seeadler eingesetzt werden“. Eine Übergangsfrist soll den Herstellerfirmen „ausreichend Zeit zur Weiterentwicklung ihrer Systeme einräumen, um alle Prüfkriterien zu erfüllen“.
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