Am Ende war es fast zu viel Pionierarbeit. Mit 400 Megawatt Windparkleistung wurde Bard Offshore 1 als größter deutscher Offshore-Windpark geplant. Den Distanzrekord hat er mit 90 Kilometer Entfernung von der Küste gebrochen. Die 80 Windturbinen hat die Bard Engineering GmbH auch noch selbst entwickelt und auf eigens konstruierte Gründungen gestellt. Heute überbrücken sie 40 Meter Wassertiefe – so tief hat sich zuvor noch niemand gewagt.
Die Rekordjagd wurde für Bard zur Zerreißprobe. Die Fertigstellung des Projekts verzögerte sich von September 2010 schrittweise um nunmehr drei Jahre. Zwischenzeitlich wechselten mehrfach die Köpfe in der Chefetage und selbst Bard-Gründer Arngolt Bekker stieg aus seinem Unternehmen aus.
Doch mit Hilfe von außen gelang die Fertigstellung schließlich doch: Zurzeit speisen 69 Windturbinen Strom ein. Bis September, heißt es beim Unternehmen, werden auch die restlichen elf in Betrieb sein. Bard Offshore 1 beweise, dass die technologischen Herausforderungen der Offshore-Windindustrie zu meistern sind, kommentiert Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler. Zur Eröffnung des Parks ist er nebst Bard-CEO Michael Baur und Lutz Diederichs, Vorstand des Hauptfinanziers Unicredit, zu dem Windkraftwerk in die Nordsee gereist.
Amortisation im elften Jahr denkbar
Ob und wie viel Gewinn der Park am Ende abwirft bleibt weitgehend unklar. Etwa vier Milliarden Euro dürfte der Windpark in seiner 20 jährigen Laufzeit bei einer jährlichen Produktion von 1,6 Milliarden Kilowattstunden einnehmen. Allein drei Milliarden – gut eine mehr als geplant – dürfte der Windparkbau gekostet haben. Diese reinen Investitionskosten könnte Bard Offshore innerhalb des elften Betriebsjahres einspielen: dank Stauchungsmodell mit 19 Cent pro Kilowattstunde in den ersten acht Jahren und anschließender erhöhter Vergütung von 15 Cent pro Kilowattstunde für gut vier Jahre. Damit bleibt etwa eine Milliarde Euro bis zum 20igsten Betriebsjahr – von diesem Geld gehen noch alle Kosten für 20 Jahre Betrieb, Wartung und Reparatur ab.
Federn hat das Unternehmen nicht nur bei der Wirtschaftlichkeit des Pionierprojekts lassen müssen. Weil Bard nicht nur mit eigenem Schiff den Windpark bauen wollte, sondern auch Gondeln, Blätter und Gründungen selbst gefertigt hat, wuchs die Mitarbeiterzahl zwischenzeitlich auf 1.300. Doch für die ursprünglich geplanten Folgeprojekte fehlt das Geld – damit gibt es keine Abnehmer für weitere Bard-Turbinen. Gründungen und Blätter werden seit 2012 nicht mehr gebaut und mit der jetzigen Fertigstellung des Projekts endet der Personalbedarf für die Errichtung. Allein im Baufeld auf See hätten laut Unternehmen zuletzt 400 Mitarbeiter gearbeitet.
In diesen Tagen wird das Unternehmen auf 540 Angestellte schrumpfen, 120 Entlassungen sind bis dahin geplant. Weiteren Personalabbau hat Bard für die nahe Zukunft angekündigt. Beispielsweise wenn Anfang 2014 die Restarbeiten im Windpark abgeschlossen sind. Künftig plant das Unternehmen den selbständigen Betrieb von Bard Offshore 1, wird Wartung, Service und Reparaturen also selbst verantworten. Diesen Service will Bard als Dienstleister auch Dritten anbieten.
(Denny Gille)