Die beiden im deutschen Windparkzubau an Land im vergangenen Jahr führenden Anlagenbauer stärken ihr Turbinenportfolio. So kündigte Enercon am Donnerstag an, eine Variante des Großrotor-Modells E-138 künftig als Nachfolgeanlage für die bisherige Starkwindanlage E-82 anzubieten. Die neuere effizientere 4,26-Megawatt-Anlage mit 138 Meter Rotordurchmesser erhält dafür ein Neudesign einiger lasttragender Strukturen zum Beispiel durch robustere Stahlgusselemente sowie ein spezielles Instandhaltungskonzept, um gezielt unvermeidlich ermüdende Bauteile häufiger auszutauschen. Die E-138 soll damit auch in besonders beanspruchungsintensiven Windverhältnissen der Lage IA Strom ernten können und deutlich mehr Ertrag einfahren als die auf 2,35 und 3,0 Megawatt (MW) ausgelegte E-82.
Starkwindvariante der E-138
Bisher eignete sich das Anlagenmodell E-138 für die mittelstarke Windklasse IEC IIA. Dieses bisherige Standardmodell bleibe die Basis der auch sonst technologisch verbesserten E-138, betont Enercon. Doch habe die Entwicklungsabteilung der in Deutschland im vorigen Jahr am zweitmeisten errichteten Anlage nun außerdem eine Reform der Elektrotechnik verpasst, die eine bessere Leistungskurve der Anlage beim Hochfahren im Wind erzeugt und zu rund 1,5 Prozent mehr Jahresertrag führen soll.
Die künftige Starkwindvariante der E-138 wird äußerlich genauso aussehen wie die anderen E-138-Auslegungen auch. Allerdings wird sie mittels neuer Betriebsmodi in der Steuerung den Lasten des Starkwindbetriebs besser ausweichen können beziehungsweise Materialermüdungen reduzieren. Die sogenannten Load Optimised Modes würden aber dabei unvermeidlich einhergehende Ertragsverluste besonders gering ausfallen lassen. Die Steuerung halte hier einen guten Mittelwert zwischen Verlusten, wo die Turbine sich etwas aus Lastsituationen herauszieht, und den Ermüdungssituationen, denen sie sich zugunsten der Stromernte in den besten Windlagen aussetze.
Die neue Anlage E-138 EP3 Starkwindvariante soll nun erstmals Anfang kommenden Jahres in einem Pilotprojekt in Großbritannien 2026 in Betrieb gehen, um danach auch für Folgeprojekte in Europa zur Verfügung zu stehen. Die Bauplattform EP3 wird künftig aus einer Anlage der Variante für Starkwindstandorte der Windklasse bis IEC IA sowie einer Variante für die Mittelwindklasse IEC IIA bestehen. Vor allem aber wird sie die Vereinheitlichung der Plattformbaustruktur mit der darüber folgenden Plattform EP5 der nächsthöheren Leistungsklassen von mehr als fünf bis sieben MW einleiten. Schon bisher nutzen beide Plattformen dieselbe E-Gondel, die seit ihrer ersten Installation im Jahr 2022 als containerförmiges Maschinenhaus die komplette Elektroeinheit mit Umrichtern und Transformator aufnahm und damit die vorherige Elektro-Etage im Turm ablöste. Die weitere gemeinsame Vereinheitlichung beider Plattformen wird aber auch dazu führen, dass EP3 wie schon jetzt EP5 im Design einer selbsttragenden Struktur ohne inneren Trägerrahmen aus dem Werk kommt. Enercon nennt diese nun bevorstehende Plattform-Entwicklungsstufe E-138 EP3 E4.
Nordex nimmt 200 Meter Nabenhöhe ins Portfolio
Enercon stellt erste E-175 fertig
Nordex errichtet weltweit erste 6,8-MW-Anlage in Schleswig-Holstein
Derweil dürfte Nordex nun wie angekündigt kurzfristig einen neuen branchenweiten Nabenhöhenrekord erreicht haben. Wie das Unternehmen aus Hamburg am Montag bekannt gab, nahm es nun den zweiten Prototyp der kommenden Flaggschiffanlage N175 mit 175-Meter-Rotor und 6,8 MW Nennleistung auf einem selbstentwickelten Beton-Stahl-Hybridturm in Betrieb, dieses Mal mit einem Turm für 179 Meter Nabenhöhe. Die erste N175-Pilotanlage hatte das Unternehmen im vergangenen Juli auf einem deutlich niedrigeren Stahlturm installiert. Nordex schafft mit dem zweiten Prototyp vermutlich vorübergehend den Höhenrekord der Branche. Bisher war die höchste Rotornabe in einer Reihe von vier GE-Anlagen am schwäbischen Standort Gaildorf zu bewundern. Die Rotoren hatten 2017 in bis zu 178 Meter Höhe zu drehen begonnen. Diese Höhe verdankten sie allerdings einem Spezialaufbau der Türme auf überhohen Sockeln, die als Wasserspeicher für ein nie in Betrieb gegangenes Pumpspeicherkraftwerk dienen sollten.
Enercon wiederum hatte den ersten Prototyp der ebenfalls einen Rotor mit 175 Meter Durchmesser tragenden E-175 mit sechs Megawatt Nennleistung im August auf 162 Meter Nabenhöhe in Betrieb genommen. Die nächste E-175 Pilotanlage entsteht nun als 7-MW-Variante auf 175 Meter Nabenhöhe.
Künftig will Nordex indes auch einen 200 Meter hohen Hybridturm bauen. Auch das dänische Windturbinenunternehmen Vestas steht vor der Errichtung eines Turmes dieser Höhe, mit 199 Metern. Mit den immer höheren Nabenhöhen lassen die Windturbinenfirmen die Rotoren in Luftschichten mit weniger Turbulenzen und daher höheren erreichbaren Erträgen drehen.