(deg) Seit ein paar Jahren nutzt die Windbranche verschiedene Konzepte, um mit ihren Anlagen auch in kalten Klimazonen dauerhaft Windstrom zu erzeugen. Die Probleme vereister Rotorblätter – sie führen zu Unwuchten und können Dritte durch Eisschlag gefährden – lösen die Hersteller mit Rotorblattheizungen. Mittlerweile arbeiten die auch im laufenden Betrieb.
Ungelöst blieb der hohe Energieverbrauch der Rotorblattheizung. An dieser Stelle setzt das Fraunhofer Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA) mit dem Projekt Windheat an. Ziel ist eine geplante Enteisung der Blätter. Aktuell gängige Rotorblattheizungen erwärmen das gesamte Blatt. „Meist ist aber nur ein Teil des Blattes vom Eisansatz betroffen“, sagt Sascha Getto, der das Projekt am Fraunhofer IPA zusammen mit Kollegin Anne Gerten bearbeitet.
Das besondere an der Konstruktionsidee von Windheat: „Wir heizen nur, wenn Eisansatz entsteht, und da, wo er entsteht“, sagt Getto. Möglich machen das Heizelemente mit nur ein paar Mikrometern Dicke: Kohlenstoffnanoröhren (CNT). Sie werden als Beschichtung auf das Rotorblatt aufgetragen. Die Beschichtung lässt sich in beliebig viele Zonen aufteilen. Jede Zone hat ihren eigenen Eisdetektor. Meldet ein Detektor Eisansatz, wird die betroffene Zone unter Strom gesetzt. Die CNT-Schicht verhält sich dann wie eine Widerstandsheizung – sie erwärmt sich und bringt das Eis zum Schmelzen.
Dieses Verfahren soll voraussichtlich 18 Prozent weniger Energie verbrauchen als aktuelle Rotorblattheizungen. Doch lohnt sich das auch wirtschaftlich? Mittelfristig wohl schon. „Die Preise für Kohlenstoffnanoröhren sind in den letzten Jahren gesunken. Wir gehen darum davon aus, dass sich unser Verfahren bald gegenüber dem Standardverfahren amortisieren wird“, sagt Getto.
Um die beheizbare Nanoschicht vor Erosion zu schützen, können Schutzlacke oder Folien eingesetzt werden. „Nur die robusten Eissensoren brauchen direkten Kontakt zur Witterung“, erklärt Getto.
Die Funktionsfähigkeit und Realisierbarkeit des Prinzips haben die Forscher am Rotor einer Kleinwindturbine erprobt. Fünf Projektpartner halfen bei der Entwicklung der Teilsysteme wie Spezialbeschichtung, Sensorik und Steuerung. In einem möglichen Folgeprojekt könnte der Test am Rotor einer Multimegawattturbine folgen. Dafür braucht es nur noch Partner aus der Industrie.
Aus der Forschung