Mit ungefähr 1.300 ausgelieferten BHKWs ist das Familienunternehmen Sokratherm im westfälischen Hiddenhausen einer der führenden Hersteller bei BHKW-Kompaktmodulen im Bereich von 50 bis 500 Kilowatt (kW) ektrischer Leistung. Verkauft wird vor allem das BHKW-Kompaktmodul GG 530, das bei einem Wirkungsgrad von 91 Prozent eine elektrische Leistung von 532 kW und eine thermische Leistung von 686 kW liefert.
„Wir liefern nicht nur Standardprodukte“, erläutert Prokurist Klaus Pollmeier. Normalerweise liefern BHKW Wärme und Strom, die dann in einem Objekt verbraucht werden. Doch manchmal braucht ein Betreiber nicht nur warmes Wasser, sondern auch Dampf für seinen Prozess. Folglich müssen die Massenströme verändert und die Temperaturniveaus angepasst werden. Dies zieht natürlich auch Änderungen auf der Regelungsseite nach sich, denn hier müssen zusätzliche Parameter erfasst und überwacht werden. „Hier sind wir mit dem feingranularen Beckhoff-I/O-System im Vorteil“, so Klaus Pollmeier. „Wenn zwei Temperaturen zusätzlich überwacht werden müssen, benötigen wir nicht – wie bei anderen Regelungssystemen üblich – ein neues acht- oder zehnkanaliges Eingangsmodul, sondern nehmen einfach die zweikanalige Eingangsklemme EL320x, an der sich die Temperaturfühler anschließen lassen. Auf diese Weise können die Anpassungen kostengünstig realisiert werden.“ Kern der 2011 serienmäßig eingeführten BHKW-Regelung iPC von Sokratherm bildet, je nach Ausführung, ein Economy-Einbau-Panel-PCs CP6207 oder CP6201, mit 5,7- bzw. 12-Zoll-Touchscreen und der Automatisierungssoftware Twincat. Als CPU wurde der Intel-AtomTM-Prozessor gewählt, dessen geringe Wärmeverlustleistung den Einsatz eines Lüfters erübrigt.
Twincat als offene und flexible Softwarelösung
Vor drei Jahren portierte Sokratherm die Programme der bis dahin verwendeten SPS-Regelung auf das Beckhoff-System. Ziel war, über möglichst viele verschiedene Schnittstellen zu anderen Bussystemen zu verfügen, um das System einfach erweitern zu können und vor allem die Möglichkeit der Fernüberwachung zu erhalten. „Wichtig für die Entscheidung zugunsten von Beckhoff-Komponenten war, dass Fernwirkprotokolle wie IEC 60870-5-10x und IEC 61850 einfach als zusätzliche Twincat-Bibliothek installiert werden können“, begründet Klaus Pollmeier seine Wahl und ergänzt: „Man kann ja nie ausschließen, dass bei einem technischen System etwas hakt. Und vor diesem Hintergrund war es zusätzlich entscheidend, dass unsere Blockheizkraftwerke mit einer Fernüberwachung ausgestattet sind.“ Nun sei es auch möglich, den Kunden aus der Ferne Hilfestellung bezüglich der Betriebsoptimierung zu geben.
Das BHKW-Modul kann über die in der Gebäudeautomation üblichen Protokolle, wie Profibus, Modbus, Bacnet, TCP/IP oder Lon-Bus, an ein bereits bestehendes Gebäudeleitsystem angeschlossen werden. Das Building Automation Control Network Bacnet ist ein standardisiertes, herstellerunabhängiges Kommunikationsprotokoll, das hauptsächlich in den Bereichen HLK, Lichtsteuerung sowie Sicherheits- und Brandmeldetechnik eingesetzt wird. Zum schnellen Anpassen bietet Twincat mit seinen Building Automation Libraries die entsprechenden Basisfunktionen für Steuerung und Regelung sowie für die Signalverarbeitung und Kommunikation. So lassen sich im Falle BACnet mit Twincat Bacnet/IP ohne großen Aufwand Templates erstellen und Bacnet-Objekte miteinander verknüpfen. „Welche Kommunikationswünsche unsere Kunden auch haben, wir haben nun die Möglichkeit, alle gängigen Schnittstellen mit vertretbarem Programmieraufwand zur Verfügung zu stellen“, so Klaus Pollmeier.
Programme schnell auf PC-Control portiert
Umfassende Unterstützung erhielten die Sokratherm-Programmierer um Stefan Kiele auch von den Beckhoff-Applikationsingenieuren. „Dadurch konnten wir uns recht schnell einarbeiten und die erste Programmversion unkompliziert portieren. Auf dieser Basis begannen wir, unsere Ideen für eine verbesserte Überwachung und einen erweiterten Bedienkomfort zu verwirklichen“, so Stefan Kiele. „Diese Dinge sind dann innerhalb eines Dreivierteljahres gewachsen. Wir haben umfangreiche Tests zu allen möglichen Fehlerquellen gemacht und gesehen, dass die Maschine unter sämtlichen Einsatzbedingungen in einen sicheren Zustand geht. Erst danach entschieden wir uns für einen Serieneinsatz der Regelungen.“ Inzwischen sind fast 400 BHKW-Anlagen mit Beckhoff-Steuerungen im Feld installiert. „Notwendige Anpassungen können wir jetzt bei Bedarf selbst durchführen. Das unterstützt unser Bemühen, so kundenindividuell und flexibel wie möglich am Markt zu agieren“, unterstreicht Klaus Pollmeier die Entscheidung für die Beckhoff-Technik.
Mit der automatischen Dokumentationsfunktion bekommt der Betreiber für das betriebswirtschaftliche Monitoring einmal im Monat einen Bericht, der unter anderem Zählerwerte für Strom- und Wärmeerzeugung sowie Gasverbrauch und Auslastung, Start-/Stoppverhalten und Anlagenverfügbarkeit mit den sich daraus ergebenden Kenndaten ausweist. Gleichzeitig können die Blockheizkraftwerke über Twincat in die Gebäudeleittechnik oder in einen Verbund von virtuellen Kraftwerken eingebunden werden.
Fernüberwachung als essenzieller Service-Bestandteil
„Ein großer Teil unserer Anlagen wird mit Wartungsverträgen über einen Zeitraum von zehn Jahren betrieben. Deshalb brauchen wir ein System, mit dem unsere Mitarbeiter vom Schreibtisch aus in kürzester Zeit erkennen können, welches Problem auf der Anlage existiert und wie das Problem aus der Ferne zu lösen ist“, verdeutlicht Pollmeier die Zielsetzung für eine effiziente Fernüberwachung. Im Sokratherm-Werk Nordhausen koordinieren jetzt vier ehemalige Inbetriebnehmer den Service und geben sowohl den eigenen Mitarbeitern im Feld als auch den Betreibern der BHKW Hilfestellung, spielen Software-Updates auf, analysieren Fehler und optimieren die Anlagenfahrweise. Die Servicetechniker können via PC, Notebook und Smartphone online über einen mehrfach gesicherten Zugriff auf die Betriebsdaten zugreifen. Alle Ereignisse, die den Betrieb beeinträchtigen, werden aufgezeichnet und je nach Eskalationsstufe dem Bedienpersonal angezeigt. Inzwischen nutzen auch Kunden das Fernüberwachungssystem und lassen sich Statusmeldungen auf ihrem Smartphone anzeigen.
Wie wichtig die Fernüberwachung inzwischen ist, zeigt die Installation von drei BHKW-Modulen in chilenischen Krankenhäusern. Zurzeit baut Sokratherm ein Servicepartnernetz in diesem Land auf. Aber die Überwachung des reibungslosen Betriebes geschieht immer noch von Nordhausen aus. „Das sind Dinge, die wir im Zuge der Gesamtumstellung angepackt haben und die ohne die Beckhoff-Steuerungen nicht möglich gewesen wären“, resümiert Klaus Pollmeier. „Dieses Gesamtpaket aus Regelungsperformance, Fernüberwachungsperformance und elektronischer Wartungsdokumentation mit automatisierter Auswertung hat am Markt kein Mitbewerber. Damit erreichen wir maximale Transparenz gegenüber unseren Kunden.“