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RWE und Luxcara dürfen 2029 bis 2031 drei Meereswindparks mit 5,5 Gigawatt bauen

Die am 1. August mit einer verdeckt abgegebenen einmaligen Gebotskomponente beendete Ausschreibung für zwei Mal 2 Gigawatt (GW) und einmal 1,5 GW Erzeugungskapazität ist mit Zuschlägen an zwei Bieter entschieden. Wie die Bundesnetzagentur (BNetzA) als Ausschreibungsbehörde nun bekannt gab, setzte sich ein Unternehmen mit jeweils einem Gebot auf den beiden Zwei-GW-Arealen N-9.1 und N-9.2 durch. Siegreich waren hier die Gesellschaften Offshore Wind Four GmbH und Offshore Wind Two GmbH, die dem deutschen Energiekonzern RWE gehören. Für das 1,5-GW-Areal N-9.3 ging der Zuschlag an die Gesellschaft Waterekke Energy GmbH, die der Investmentgesellschaft Luxcara gehört. Alle drei Areale befinden sich in der Nordsee, wo sie nun vorerst die am weitesten nordwestlich gelegene und für Projekte freigegebene deutsche Offshore-Windkraft-Entwicklungszone sind.

Die Windparks sollen im Jahresrhythmus ab 2029 ans Netz gehen. Erst startet N-9.3, 2030 ist N-9.1 und 2031 N-9.2 vorgesehen. Dass nicht alle drei Windparks noch bis Ende 2030 ans Netz gehen ist einem verspäteten Bau der Netzinfrastruktur durch Übertragungsnetzbetreiber Amprion zuzuschreiben, der auf Lieferengpässe seiner Zulieferer verweist. Damit dürfte Deutschland das politisch anvisierte Ziel einer bis Ende 2030 installierten nationalen Offshore-Windkraftkapazität von 30 GW knapp verfehlen. 

Zum zweiten Mal seit 2023 entschied die BNetzA nun eine Ausschreibung für zentral voruntersuchte Flächen auf der Grundlage des 2022 reformierten Windenergie-auf-See-Gesetzes. Die Zuschlagskriterien legen das Hauptaugenmerk der BNetzA auf Zahlungsgebote der Ausschreibungsteilnehmenden, aber zusätzlich auch auf qualitative Kriterien der Angebote wie das für eine Fläche erwartete Stromerzeugungsvolumen oder beim Fundamentebau eine möglichst geringe Versiegelung des Meeresbodens und möglichst stark reduzierten Baulärm sowie drittens einen Beitrag zur Fachkräftesicherung durch hohe Ausbildungsquoten der Bieter-Unternehmen. Diese drei qualitativen Kriterien können in dem Bewertungssystem mit 95 möglichen Gesamtpunkten jeweils 10 Punkte einbringen. Als viertes qualitatives Kriterium kmmt auch ein Beitrag zur Beseitigung von Kohlendioxid-Emissionen im Windparkbau mit noch 5 Punkten zur Geltung. Das finanzielle Gebot zählt mit 60 Bewertungspunkten am meisten.

Die Unternehmen sollen „dem Vernehmen nach“ weniger als bei allen bisherigen Ausschreibungen seit den neuen Auktionsregelungen geboten haben. Dies erklärte der Geschäftsführer des Bundesverbands Windenergie Offshore (BWO), Stefan Thimm. Demnach dürfte das Gesamtgebot maximal leicht über 780 Millionen Euro erreicht haben, vielleicht aber sogar eine deutlich niedrigere Summe. Solche finanziellen Gebote müssen die Unternehmen nach einem Zuschlag  für sie teils als Abgabe sowie ab Inbetriebnahme zusätzlich mittels regelmäßigen Zahlungen an den Netzbetreiber begleichen.

Die BNetzA selbst wollte die Summe der nun bezuschlagten finanziellen Gebote aus Wettbewerbsgründen nicht beziffern. Kurz nach Bekanntgabe des Ergebnisses gab Energiekonzern RWE aber bekannt, für seine 4 GW 250 Millionen Euro zu zahlen. Insgesamt hatte die BNetzA nur fünf Gebote erhalten, die rechnerisch alleine von den beiden bezuschlagten Unternehmen, von diesen beiden Akteuren und einem dritten Anbieter, aber auch von RWE, Luxcara und einem dritten und einem vierten Anbieter stammen könnten. Auch dem BWO sei vorerst nicht bekannt, welche Variante zutrifft, sagte Thimm.

Fakt ist damit aber, dass das Interesse an der Ausschreibung auffällig gering war. Bemessen an den bisherigen Gebotshöhen waren die Unternehmen nun zu deutlich weniger finanziellem Aufwand im Verhältnis zur geplanten Erzeugungskapazität bereit: umgerechnet bestenfalls aus Sicht der BNetzA rund 140.000 Euro pro Megawatt (MW) im Vergleich zu rund 870.000 Euro bis rund zwei Millionen Euro pro MW in den vorangegangenen drei Offshore-Windkraft-Ausschreibungsrunden. Dabei fanden bisher zwei Ausschreibungen für zentral voruntersuchte und zwei wesentlich wettbewerbsintensivere für nicht zentral voruntersuchte Flächen statt. Hier sieht eine sogenannte dynamische Gebotskomponente ein Wettbieten der teilnehmenden Unternehmen in mehreren Runden vor und führte zu den bisher höchsten Geboten pro möglicher Erzeugungskapazität.

Der BWO zeigte sich bestenfalls verhalten froh über das Ausschreibungsergebnis. Es sei auch ein „Alarmsignal“ dafür, dass nun „dringender Handlungsbedarf“ bestehe, sagte Thimm. Dass vielleicht nur zwei und bestenfalls vier Bieter beteiligt waren, sei umso schlechter zu bewerten, als der Zeitpunkt im Bieterverfahren nun geradezu nach einer hohen Beteiligung rufe. Thimm verwies auf die ab kommendem Jahr stetig abnehmenden Ausschreibungsvolumen von im nächsten Jahr noch 4,5 GW nach insgesamt 7 GW noch in diesem Jahr.

Als ersten Grund für die geringe Bieterbeteiligung zählt der BWO die zu erwartende schlechte Auslastung der Windenergieflächen von N-9.1 bis N-9.3. Weil alle drei Windfelder in Nachbarschaft zu anderen künftigen Windparks entstehen werden, ist für sie eine hohe Luftstromverschattung zu erwarten. Die rechnerische Auslastung der Stromernte erreicht deshalb für N-9.1 bis N-9.3 sogar nur deutlich unter 2.500 Volllaststunden. Zum Vergleich: Lange gingen Projektierer von einem Potenzial in der Nordsee von gut 4.000 Volllaststunden aus.

Außerdem machte Thimm die Ausschreibungsregeln mit verantwortlich. So lasse das Bewertungssystem mit dem übermäßigen Hauptgewicht für das finanzielle Gebot kaum eines der von der Politik und der Windenergiebranche mit den neuen Ausschreibungen anvisierten Ziele erreichen. Zu diesen gehören eine Akteursvielfalt, die hohe Realisierungswahrscheinlichkeit, die Stärkung der EU-Wertschöpfungskette, die Innovationskraft der Branche, die Investitionssicherheit, Voraussetzungen für möglichst niedrige Stromgestehungskosten und ein Beitrag zur Systemintegration sowie eben die Fachkräftesicherung. Insbesondere das dynamische Auktionsverfahren und die nicht gedeckelten Gebotskomponenten schadeten diesen Zielen. Doch stimmten auch die qualitativen Maßstäbe oft nur auf dem Papier der Bieterregelungen. In der Realität sei beispielsweise der Maßstab für Fachkräftebindung nicht sinnvoll, würden doch die Bieter als weltweit tätige Konzerne Auszubildende irgendwo auf der Welt auch im Küchenbereich des Gesamtkonzerns im Verhältnis zur Gesamtbelegschaft berechnen können, statt die tatsächliche Auszubildendenquote im Offshore-Windkraft-Bau- und Windpark-Planungsgeschäft, warnte Thimm. Auch die Stärkung der EU-Wertschöpfungskette sieht die Branche nicht gegeben, wie Thimm am Beispiel der Innovationskraft oder den geringen Lärmwerten für Offshore-Gründungen erklärt: Diese technischen Anforderungen könnten schnell von allen Akteuren erreicht sein, entsprechend sei dann die Gründungstechnik als Differenzierungsmerkmal schon bald nicht mehr geeignet. Thimm erneuerte außerdem die in der Branche schon mehrfach erhobene Forderung, einzelne Entwicklungsfelder auf Ausschreibungsgrößen für ein GW zu begrenzen und in jeder Auktionsrunde nur einen Zuschlag pro Bewerber zu erlauben. Dies werde die Akteursvielfalt stärken.    

Vor allem der Wettbewerb aus China macht der Branche zu schaffen. Luxcara hatte bereits im August 2023 für ein 270-MW-Feld einen Zuschlag erhalten – und will dort wie nach der Ausschreibung bekannt gegeben chinesische Mingyang-Turbinen errichten. Chinesische Turbinenbauer gelten inzwischen als übergroße Wettbewerber, da sie technisch aufgeholt haben, dank wohl staatlicher Subventionen aber von europäischen Wettbewerbern nicht leistbare Vorfinanzierungskredite für ihre Kunden anbieten.

Luxcaras erster Ausschreibungserfolg fand damals ebenfalls in der Auktion für zentral voruntersuchte Flächen statt. Wie dieses Mal war in der ersten Auktion dieser Art ansonsten nur RWE siegreich. RWE hatte drei Zuschläge für zusammen 1,8 GW erhalten. Das neu gewonnene 4-GW-Cluster will RWE aber womöglich gemeinsam mit dem Ölkonzern Total entwickeln. Total wiederum hatte in beiden bisherigen Auktionen mit dynamischen Gebotsrunden für die nicht zentral voruntersuchten Flächen schon Zuschläge erhalten. Zuletzt war das im Juni, als Total neben dem baden-württembergischen Großversorger EnBW sich 1,5 GW gesichert hatte, während EnBW den Zuschlag für ein GW bekam. Damals war RWE aus einer mit Total geplanten Projektierungsgemeinschaft wieder ausgestiegen. Auch bei der ersten Ausschreibung nicht zentral voruntersuchter Flächen im Jahr 2023 hatte sich Total schon Entwicklungsgebiete gesichert. Das französische Unternehmen errang Zuschläge für drei GW und der Ölriese BP erhielt grünes Licht für vier GW.

Die heimische Lieferkette zum Aufbau aller bisher geplanten Offshore-Windparks einschließlich dieser nun neu bezuschlagten Projekte bis 2030 ist gemäß Berechnung auch des BWO indes bei weitem noch nicht gesichert. Um die geplanten Nennleistungen rechtzeitig zu installieren, würde es je nach Gewerk – ob Fundamente, Turbinen oder Kabel – die doppelten bis vierfachen Produktionskapazitäten im Vergleich zu heute benötigen.

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