Wie eine neue Studie des Windenergieinstituts Fraunhofer Iwes im Auftrag des Energiebranchenverbandes BDEW und des Bundesverbands der Windparkbetreiber Offshore (BWO) nun ergibt, könnte die sogenannte und weiträumige Co-Nutzung in der deutschen Nord- und Ostsee das Gesamtpotenzial der deutschen Offshore-Windkraft auf 82 Gigawatt (GW) erhöhen. Damit ließe sich nicht nur der von der Bundesregierung bis 2045 vorgesehene Ausbau der Erzeugungskapazität für Windenergie im Meer auf 70 GW sogar um 17 Prozent auf 82 GW steigern, sondern zugleich auch die heute noch hohe Effizienz der Windstromerzeugung beibehalten.
Die Wissenschaftler des Fraunhofer Iwes hatten sich für ihre Studie auf drei sogenannte Flächenkulissen gestützt: drei verschiedene Szenarien für den gesamten Meeresraum mit jeweils unterschiedlichen, aber für alle ausgewiesenen Windparkflächen einheitlichen geografischen und naturschutzfachlichen Kriterien. Als Instrumente bezog das Fraunhofer Iwes sowohl eine Erneuerung bestehender und schon geplanter Windparks durch den Austausch alter oder aktuell lieferbarer Windturbinen durch leistungsstärkere, höhere Anlagen mit größeren Rotoren mit ein, als auch die Erweiterung des Planungsraumes durch die Co-Nutzung.
Wie die Co-Nutzung funktionieren könnte, hatten die Wissenschaftler in Gesprächen mit Vertretern der verschiedenen Nutzer in einem der früheren Abschnitte ihrer Arbeit geklärt. Demnach sollen diese Stakeholder aus den Bereichen Fischerei, Naturschutz und Militär einer Mitnutzung der von ihnen jeweils vorrangig beanspruchten Flächen durch Windparks aufgeschlossen sein. „Natürlich muss bei der Ausweisung neuer Flächen mit Augenmaß vorgegangen werden“, sagte BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm zur Vorstellung der Studienergebnisse. „Besonders erfreut waren wir zu sehen, dass alle Nutzer der Nord- und Ostsee … Kompromissbereitschaft hinsichtlich einer gemeinsamen Nutzung von Flächen signalisiert haben. Unser Ziel ist ein Zustand, aus dem keine Nutzungsart als Verlierer hervorgeht.“ Demnach würden auf den bisher von der Meeresflächenbehörde BSH ausgewiesenen Offshore-Windkraft-Konzentrationszonen im Vergleich zu den aktuellen Planungen weniger dicht bestückte Windparks entstehen. Die in künftige mögliche Co-Nutzungsgebiete verlagerten Erzeugungskapazitäten würden den Verlust weit mehr als ausgleichen.
Wie viel sich von den 82 GW ausschöpfen ließen, würde von Verhandlungen mit den Interessenkreisen durch die Politik und anschließenden politischen Beschlüssen über die Ausgestaltung der Co-Nutzung abhängen. Als wichtiges Ziel aber würde sich vor allem auch die Effizienz der Windkraftnutzung erhöhen. Denn das BSH hatte auf kurzfristige Anfrage durch die Bundesregierung die Ausschreibungszonen eilends mit Konzentration auf eine Minderheit der Meeresflächen festgelegt. Damit kommt es den durch das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) im Juli erneut erhöhten Ausbauzielen nach. Allerdings gehen die Berechnungen für diese Flächenausweisung nun von einer wesentlich geringeren Windstromernte dieser künftigen Windparks aus, als bisher auf See zu erwarten war. Statt einer sogenannten rechnerischen Vollauslastung der installierten Kapazitäten mit 4.000 Volllaststunden und mehr ergäben die neuen Windparks nach einem vollständigen Ausbau der geplanten 70-GW-Kapazität nur noch eine Effizienz von deutlich weniger als 3.000 Volllaststunden. Dies käme einer Effizienz von noch bestenfalls mittelmäßigen Windparkstandorten im Binnenland gleich – bei deutlich höheren Investitionskosten für die aufwändigeren Installations- und Wartungsarbeiten auf See.
Die vom Fraunhofer Iwes nun geprüften Flächenkulissen lassen hingegen wieder eine Auslastung mit 3.580 Volllaststunden zu. Dies hat das Institut als Mittelwert für die in Deutschland überwiegend für Offshore-Windkraft genutzte Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) errechnet. Die korrigierte Ausweisung mit einer weitreichenden Co-Nutzung könnte zu einer jährlichen bundesweiten Windstromerzeugung auf See von 292,1 Terawattstunden (TWh) führen. Die Berechnungen, auf denen auch die deutsche Politik ihre sämtlichen Erneuerbare-Energien-Ausbauszenarien stützt, gingen zuletzt von einem Gesamtstromverbrauch im Jahr 2045 von 1.000 TWh aus, etwa 400 TWh mehr als bisher.
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