Wie das Unternehmen aus dem weltweit größten nationalen Windenergiemarkt am Freitag mitteilte, hatte es in Gesprächen mit der britischen Behörde zur Förderung grenzübergreifender Investments, das Department for International Trade (DIT), eine entsprechende Absichtserklärung entwickelt. Das sogenannten Memorandum of Understandung haben Mingyang und DIT danach unterzeichnet. Demnach wollen die Chinesen in Großbritannien eine Rotorblattfertigung und ein Zentrum für den Instandhaltungsservice künftiger Offshore-Windparks aufbauen und in Betrieb nehmen. Die Absichtserklärung beinhalte auch eine eigene Turbinenmontagefabrik Mingyangs in Großbritannien als denkbare Option, teilte das chinesische Unternehmen sinngemäß mit. Sobald alle Vorbedingungen erfüllt seien, würden beide Parteien auch zusammenarbeiten, um eine finale Einigung über die konkreten Investitionen abzuschließen.
Darüber hinaus würden Mingyang und DIT auch zusammenarbeiten, um weitere Markteintrittsoptionen wie Windturbinen-Tests, Demonstrations-Projekte im Meer und Pilotwindparks in einer vorkommerziellen Stufe auszuloten, erklärte das Windturbinenunternehmen.
Die in Aussicht gestellte Windenergieanlagen-Fabrik wäre die erste Komplettfertigung von Windenergieanlagen in Großbritannien. Die auf Investitionen aus dem Ausland spezialisierte Wirtschaftsberatungsagentur Invest UK lobt die Absichtserklärung. Am Dienstag schrieb sie im Online-Kurznachrichtenkanal Twitter: „Fantastische Nachricht für das Vereinigte Königreich, Mingyang Smart energy, Chinas führender Offshore-Windturbinen-Hersteller, beabsichtigt, das Vereinigte Königreich zu seiner europäischen Montage-Basis zu machen!“ Zu erwarten seien daraus „viele positive Auswirkungen“, deutete Invest UK als Position zu den Absichten der Chinesen an.
Mingyang deutete auch an, Ingenieursdienstleistungen, Komponentenzulieferung und andere Dienstleistungen britischer Unternehmen zum Aufbau einer Zuliefererkette für das europäische Offshore-Windturbinengeschäft einzubeziehen. Der Vorsitzende des Unternehmens Zhang Chanwei, erklärte, die Absicht bestehe auch darin, im Sinne beider Partner „Win-Win-Ergebnisse in Großbritannien zu erzeugen“. Und der britische Handelskommissar bei DIT, John Edwards, sagte: „Mingyangs Absicht … könnte ein Gamechanger jeweils für Mingyang und die britische Energieindustrie werden. Falls erfolgreich, wird dieses Investment die erste Windturbinenfertigung in Großbritannien schaffen. Das bedeutet, dass mehr der von uns genutzten britischen Offshore-Windenergie … in Großbritannien produziert wird, bei mehr grünen Jobs in einer unserer aufregendsten Industrien.“
Der drittgrößte Akteur unter den chinesischen Windkrafttechnologieunternehmen hat als bisher einziger Mitspieler seines Landes den Eintritt ins Offshore-Geschäft Europa aber schon vorher eingeleitet. In Hamburg betreibt das Unternehmen bereits eine Vertretung. Für den ersten Meereswindpark Italiens und dabei auch den ersten Windpark im Mittelmeer, das 30-Megawatt-Projekt Taranto bei Sizilien, vereinbarte es im Januar die Lieferung von 10 Anlagen vom Drei-Megawatt-Typ MySE3.0-135 als Ersatz für die ursprünglich vereinbarte Lieferung von drei Megawatt (MW) leistenden Turbinen des pleite gegangenen deutschen Herstellers Senvion. Die Turbinen sind dort bereits angeliefert, doch die Installation mit dem Errichterschiff ist offenbar kurzfristig ins Stocken geraten, nachdem ein Hammer für das Einrammen der Fundamentverankerung an dem Seefahrzeug des niederländischen Betreibers Van Oord gebrochen sein soll.
Das Unternehmen hat den Einstieg in die europäische Offshore-Windkraft indes zuletzt auch auf eine breitere Basis gestellt. So meldete es schon Ende Oktober den Auftrag für ein Pilotprojekt in Nordeuropa, das auf das Elf-MW-Modell MySE11.0-203 setzen soll. Mingyang gab allerdings im Detail bislang nur an, dass es sich um einen schwimmenden Windpark handeln wird, dessen Errichtung 2023 stattfinden und dessen Entwickler einer der führenden europäischen Offshore-Windenergie-Entwicklungsunternehmen sein soll. Im August hatte Mingyang außerdem die Entwicklung einer 16-MW-Windturbine mit 242 Meter Rotordurchmesser angekündigt. Die Errichtung des Prototyps der dann größten und leistungsstärksten Windturbine der Welt solle im ersten Halbjahr 2023 folgen.
Dem Einstieg Mingyangs in Europa voraus meldete Anfang Dezember die französische EDF-Gruppe den Abschluss der Bauarbeiten am 500-MW-Windpark Dongtai IV bis V. Der zweite Bauabschnitt Dongtai V mit 200 MW Erzeugungskapazität sei damit in Betrieb. Dongtai gilt als erstes Offshore-Windparkprojekt mit Beteiligung eines europäischen Investors. Die EDF-Gruppe und die China Energy Investment Group hatten dafür ein Joint Venture gegründet und den Bau des Windparks vereinbart. Nachdem Dongtai IV mit 300 MW schon 2019 in Betrieb gegangen war, ist der Windpark durch Dongtai V nun vollständig in Betrieb. Welches Unternehmen die Turbinen zugeliefert hat, gaben die Beteiligten nicht bekannt.
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