Sie nennen Ihr Automatisierungsprogramm „Wind Energy 5.0“, was heißt das?
Stephan Unger: „Wind Energy 5.0“ stellt die fünf wichtigsten Disziplinen für die Automatisierung und den erfolgreichen Betrieb von Windenergieanlangen dar. Konkret sind das die Steuerungstechnik, das umfängliche Condition Monitoring, die komfortable Scada-Lösung und neben dem gesamten Energiemanagement beim Netzanschluss auch das lebenszeitverlängernde Retrofit von Bestandsanlagen.
Welche Rolle spielt das CMS in dem so ausdifferenzierten Automatisierungssystem?
Stephan Unger: Wir haben immer den ganzheitlichen Blick auf die Anlage und den Windpark, denn nicht jede technisch machbare Lösung macht auch Sinn. Daher decken wir mit unseren Lösungen vom Getriebestrang über das Rotorblatt auch die komplette Strukturüberwachung ab – das SHM von der Spitze bis zum Fundament. Und im Offshorebereich reicht unsere CMS-Expertise noch deutlich weiter.
Welche Rolle spielt in der täglichen Turbinenüberwachung noch die menschliche Kontrolle, und ist künstliche Intelligenz, also KI, schon ein Faktor?
Stephan Unger: Bachmann bietet mit seinem Service des Remote Monitorings einen wichtigen Baustein in der zuverlässigen und sicheren Überwachung von Windenergieanlagen an. Auf die menschliche Komponente kann und sollte man an dieser Stelle nicht verzichten. KI kommt bei Analysen und Datenbewertungen zum Tragen, da moderne Anlagen mittlerweile „Tonnen“ von Daten pro Sekunde erzeugen. Auch ist hier das Zusammenführen von Fremd- und Betriebsführungsdaten ein für eine treffliche Analyse wichtiger Schritt. Bachmanns WebLog-Suite kann all diese Daten aufgreifen und zu einer plausiblen Analyse heranziehen.
Sie stellen einen Zusammenhang Ihrer Windparküberwachung zur netzdienlichen Einspeisung her. Inwiefern?
Stephan Unger: Hier sprechen Sie unsere Lösung des Smart Power Plant Controller (SPPC) an. Mit diesem intelligenten und nach VDE-AR-N 4110/4120 zertifizierten EZA-Regler, der am Netzübergabepunkt eingesetzt wird, erreichen wir eine umfassende Kommunikation von Energieerzeugern mit Windkraft, PV-Anlagen, Blockheizkraftwerken oder Speichern und übergeordneten Instanzen wie Energieversorgern oder Direktvermarktern.
Ist die Windparkoptimierung als lernendes interagierendes System mit Regelung der einzelnen Turbinen gemäß ihrer Standortbedingung und der Turbulenzbelastung durch Nachbarturbinen schon möglich?
Stephan Unger: Grundsätzlich ja, jedoch gilt auch hier, dass nicht jede technisch machbare Lösung wirtschaftlich ist. So muss man sich in jedem Windpark fragen, wie optimiert rüste ich tatsächlich aus und was bringt es für die Gesamtertragsausbeute.
Was werden Ihrer Einschätzung nach die nächsten großen Entwicklungsschritte in der Automatisierung der Windparks sein?
Stephan Unger: CMS-Daten zusammenführen und durch KI-gestützte Algorithmen analysieren bleibt ein großes Thema. Dazu müssen standardisierte Daten mit einer gegenseitigen Vergleichbarkeit zum Beispiel durch eindeutige Zeitstempel generiert und dem Betreiber offen zugänglich sein. Damit könnten wir heute schon mancherorts die Stromgestehungskosten deutlich reduzieren, ohne noch mehr Technik zu installieren. Solche Daten gemeinschaftlich und umfänglich zu nützen wäre die Devise für morgen. Dabei sind jedoch noch viele Hürden zu überwinden.