Flächenmangel beim Windparkausbau erhöht den Druck auf die Windkraftbranche, größere Projekte durch den Austausch kleinerer alter gegen leistungsfähigere neue Windturbinen zu verwirklichen. Dank sehr effizienter neuer Turbinentechnologie ist Repowering auch rentabel. Doch Genehmigungs- und Ausschreibungsregeln passen nicht zum Repowern. Beim Web-Seminar Repowering des BWE am 22. und 23. Juni informieren die Referenten, wie es dennoch funktioniert. Schon in der Woche davor, am ersten Tag der Online-Landestagung Wind in Schleswig-Holstein am 16. und 17. Juni, ist Repowering ein Fokusthema. Die Abteilungsleiterin Repowering/Weiterbetrieb des Projektierungs-Unternehmens Abo Wind, Julia Blom, erklärt hier vorab, wie die Repoweringregeln jetzt reformiert werden müssen.
Was ändert die Streichung der übergangsweisen Weiterförderung für Ü20-Altanlagen, um das beihilferechtliche „No“ der EU zum Erneuerbare-Energien-Gesetz zu verhindern, fürs Repowering?
Julia Blom: Da die Weiterförderung im EEG 2021 nur für Anlagen vorgesehen war, die nicht repoweringfähig sind, sind die Auswirkungen begrenzt. Obwohl sich die Strompreise etwas stabilisiert haben, bleibt es für Betreiber ausgeförderter Altanlagen eine Herausforderung, diese wirtschaftlich zu betreiben. Wollen sie eine ausgeförderte Anlage weiter betreiben, benötigen sie einen Stromliefervertrag, ein sogenanntes PPA, das durch die Marktpreise bestimmt wird. Einen groben Orientierungswert bieten dafür die Futures an der Strombörse in Leipzig, also die Preise, die für Lieferungen in ein bis zwei Jahren gezahlt werden. Hiervon müssen sie aber Windstrom-Sicherheitsabschläge von vielleicht bis zu einem Viertel für die Volatilität des wetterabhängigen Windenergieaufkommens in Kauf nehmen. Das Dienstleistungsunternehmen für die Direktvermarktung des Windstroms an den Strombörsen bekommt ebenfalls ein bisschen etwas ab. Und die Erzeugungskosten sind bei älteren Anlagen wegen der geringeren Effizienz und der Abnutzung in der Regel höher als bei neuen WEA. Wo es zulässig ist, bleibt also ein Repoweringprojekt, das in einer Ausschreibung eine feste auskömmliche Vergütung erreichen kann, immer die bessere Alternative.
Wie schwer ist es aktuell, Repoweringprojekte in der Ausschreibung durchzusetzen?
Julia Blom: Im Moment haben wir durch die fast immer unterzeichneten Ausschreibungen in allen Projekten auskömmliche Erträge. Die Zuschläge in den Ausschreibungen bewegen sich mangels ausreichender Konkurrenz nahe der zulässigen Höchstgrenze von sechs Cent pro Kilowattstunde immer den Zuschlag erhalten. Dies wird jetzt aber geändert. Leider nicht durch die dringend notwendige Ausweisung neuer Flächen, die den Ausbau beschleunigen und den Wettbewerb erhöhen würde, sondern durch die Verknappung der Ausschreibungsmengen.
Gibt es einen Mindestfaktor, wie sehr sich die Erzeugungskapazität durch den Austausch der kleineren Alt- gegen leistungsstärkere Neuanlagen erhöhen muss, damit es rentabel wird?
Julia Blom: Neueste Repoweringprojekte tauschen Altanlagen mit 1 bis 1,5 MW Nennleistung durch Fünf-MW-Anlagen aus – also mit dem Faktor drei bis fünf. Hinzu kommt, dass die Neuanlagen aus technischen Gründen auf eine viel höhere Volllaststundenzahl kommen, also bei größerer Auslastung Strom erzeugen. Demnach ist die Rentabilität hier schnell gegeben. Anders wird es vielleicht erst, wenn das Repowering der nächsten viel effizienteren Generation von Windturbinen ansteht. Aber: Durch den generellen Mangel an neu ausgewiesenen Flächen ist der Druck zu repowern enorm – weil wir Windenergieunternehmen ja nur eher wenige neue Windparks an ungenutzten Standorten verwirklichen können. Die finanziellen Forderungen der Betreiber der Bestandsanlagen sind deshalb entsprechend hoch. Wären sehr viel mehr Flächen auf dem Markt, würde der Markt diesen Preis effizient regeln. So aber ist Repowering trotz günstiger Voraussetzungen nicht leicht zu kalkulieren.
Ist Repowering ein Treiber für Akzeptanz?
Julia Blom: Wir sehen schon, dass bestehende Flächen, an die die Anwohner gewöhnt sind, weniger reflexhafte Ablehnung hervorrufen als Greenfield-Entwicklungen. Dazu kommt der Aspekt des „Aufräumens der Landschaft“. Dieser wird in den Gemeinden meist positiv bewertet, zumal die neuen Anlagen in der Regel auch weiter von der Wohnbebauung entfernt stehen als die alten. Und noch ein Aspekt: Wir haben aktuell ein Projekt in Niedersachsen in der Entwicklung. Da haben wir mit dem Altbetreiber, einer klassischen Bürger-Gesellschaft, eine Kooperation für das Repowering-Projekt geschlossen. Den Bürgern war es sehr wichtig, dass das Projekt vor Ort bleibt, also weiter von den Bürgern aus der Region betrieben wird, und das haben wir hinbekommen. Anstelle der ursprünglichen Altanlagenbetreiber, die noch zu den Pionieren der Windkraft gehören, wird dort die nächste, jüngere Generation von Bürgern den neuen Park übernehmen. Und diese nutzen gerne unsere Expertise, um inzwischen viel komplexere Genehmigungsverfahren durchzuführen – mit heute 20 dicken Ordnern für den Papierkram eines Antrags statt wie damals vielleicht 20 Seiten. In einem solchen Bürger-Projekt können wir zwar nicht den sonst von uns angestrebten Deckungsbeitrag ausschöpfen. Aber der Zugewinn an Akzeptanz beschleunigt das Vorhaben und macht es sicherer.
Der BWE macht in einem neuen Leitfaden viele Vorschläge zur Reform der Repoweringregelung. Welche sind die wichtigsten?
Julia Blom: Wir brauchen dringend Erleichterungen im Genehmigungsverfahren. Das Artenschutzrecht muss die Vorbelastung durch den Bestandspark berücksichtgen und die Tatsache anerkennen, dass sich durch ein Repowering die artenschutzrechtliche Lage für windkraftsensible Arten wie Uhu oder Rotmilan in der Regel verbessert: Die Zahl der Anlagen wird reduziert und der rotorfreie Luftraum über dem Boden vergrößert sich.
… was die Kollisionsgefahr mit tieffliegenden Vögeln reduziert ….
Julia Blom: Planungsrechtlich wünschen wir uns eine Privilegierung von Repoweringvorhaben. Starre Abstandsregelungen zu Häusern und Siedlungen im Sinne des Anwohnerschutzes werden der Situation vor Ort oft nicht gerecht. Wenn ich ein akzeptiertes Bestandsgebiet habe, sollte es generell möglich sein, auch mit verringerten Siedlungsabständen zu planen. Die schützenden Normen in Bezug beispielsweise auf Schall, Schatten oder bedrängende Wirkungen gelten ja weiterhin.
In der traditionellen Windenergieregion Schleswig-Holstein lässt vielerorts einzig Repowering größere Windparkprojekte zu. Nehmen die neuen Regionalpläne des Landes dies auf?
Julia Blom: Im Prinzip geht das in Schleswig-Holstein Beschlossene in die richtige Richtung, was wir als Branche durch den Bundesverband Windenergie fordern: Nämlich neue Windparkeignungsflächen in relevantem Umfang auszuweisen – offiziell wie von uns gefordert auf zwei Prozent der Landesfläche. Dieses Ziel wird aber gleich wieder unterlaufen, indem für die Genehmigung ein Mindestabstand der drei- bis fünffachen Turbinengesamthöhe zu Gebäuden und Siedlungen gefordert wird. Bei modernen Anlagen von mehr als 200 Metern Gesamthöhe können die ausgewiesenen Gebiete also gar nicht voll ausgenutzt werden. Die Vorranggebiete für Repowering sind von den Auswahlkriterien her nicht privilegiert. Sie dienen nur der Verschiebung von Anlagenstandorten, die nicht mehr gewollt sind. Und das ist etwa ein Drittel aller Anlagen in Schleswig-Holstein. Einen Schub für das Repowering sehe ich da nicht. Da hätten wir uns den Willen gewünscht, für den Erhalt bewährter Flächen flexibler zu sein.
Der BWE veranstaltet am 16. und 17. Juni die Online-Tagung Länderspezial Wind in Schleswig-Holstein und am 22. und 23. Juni das Web-Seminar Repowering von Windparks.
Weitere Informationen:
www.bwe-seminare.de