Katharina Wolf
Wasserstoff soll künftig einen entscheiden Beitrag zur Verkehrswende liefern: Züge, schwere Lastwagen oder Flugzeuge soll das Gas antreiben. Dabei ist die Lagerung und Betankung der Fahrzeuge recht aufwändig. „Üblicherweise wird der Wasserstoff mit 700-fachem Atmosphärendruck in die Drucktanks der Fahrzeuge gepresst“, heißt es in einer Mitteilung des Fraunhofer-Instituts für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM. Von dort aus strömt er in eine Brennstoffzelle, wo er zu Strom umgewandelt wird. Der Strom wiederum speist einen Elektromotor, der das Fahrzeug antreibt.
Wasserstoff als Paste löst Probleme beim Tanken
Kleinfahrzeuge wie E-Scooter oder Roller können allerdings bislang nicht betankt werden: Der Druckstoß beim Tanken wäre zu groß. Forschende am IFAM in Dresden haben eine Wasserstoff-Lösung entwickelt, die auch das Betanken von ist für Kleinfahrzeugen ermöglicht: Die Powerpaste, die auf dem Feststoff Magnesiumhydrid basiert. „Mit Powerpaste lässt sich Wasserstoff bei Raumtemperatur und Umgebungsdruck chemisch speichern und bedarfsgerecht wieder freisetzen“, erläutert Dr. Marcus Vogt, Wissenschaftler am IFAM. Es sei auch unkritisch, wenn der Roller bei sommerlicher Hitze stundenlang in der Sonne steht, denn Powerpaste zersetze sich erst bei Temperaturen von über etwa 250 Grad Celsius. Zudem sei der Tankvorgang denkbar einfach: Statt eine Tankstelle anzusteuern, wechselt der Roller-Fahrer einfach eine Kartusche und füllt zusätzlich Leitungswasser in einen Wassertank – fertig.
Ausgangsmaterial der Powerpaste ist laut IFAM pulverförmiges Magnesium – eines der häufigsten Elemente und somit ein leicht verfügbarer Rohstoff. Bei 350 Grad Celsius und fünf- bis sechsfachem Atmosphärendruck wird dieses mit Wasserstoff zu Magnesiumhydrid umgesetzt und Ester und Metallsalz hinzugefügt.
Energiespeicherdichte größer als bei Batterien
Um das Fahrzeug anzutreiben, befördert ein Stempel die Paste aus der Kartusche. Aus dem Wassertank wird Wasser zugegeben, es entsteht gasförmiger Wasserstoff. Die Menge wird dabei dem Wasserstoffbedarf der Brennstoffzelle angepasst. Gleichzeitig sei der Vorgang besonders effektiv, so das IFAM: Nur die Hälfte des Wasserstoffs stammt aus der Paste, die andere Hälfte liefert das Wasser. „Die Energiespeicherdichte der Powerpaste ist daher enorm: Sie ist wesentlich höher als bei einem 700 bar-Drucktank. Verglichen mit Batterien hat sie sogar die zehnfache Energiespeicherdichte“, sagt Vogt. Die Paste liefere daher eine ähnliche Reichweite wie die gleiche Menge Benzin, wenn nicht sogar eine größere. Auch beim Reichweitenvergleich mit auf 700 bar komprimiertem Wasserstoff schneide die Powerpaste besser ab.
Am IFAM sieht man daher noch zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten der Wasserstoffpaste: Von Autos, Zustellfahrzeugen oder Range Extendern bis hin zu große Drohnen. Letztere könnten ihre Reichweite deutlich erhöhen und so statt zwanzig Minuten auch mehrere Stunden in der Luft bleiben. Hilfreich sei das vor allem bei Inspektionsaufgaben, etwa bei der Überprüfung von Waldgebieten oder Stromleitungen.
Pilotproduktionsanlage soll 2021 entstehen
Neben der großen Reichweite sind die Wissenschaftler am IFAM von einem weiteren Vorteil überzeugt: Während gasförmiger Wasserstoff eine kostenintensive Infrastruktur erfordere, lasse sich die Paste auch dort einsetzen, wo es keine Wasserstofftankstellen gibt. Stattdessen könnte jede beliebige Tankstelle die Powerpaste in Kartuschen oder Kanistern anbieten. Denn sie sei fließfähig und pumpbar und könne daher auch über einen normalen Tankvorgang und vergleichsweise kostengünstige Abfüllanlagen getankt werden.
Am Fraunhofer-Projektzentrum für Energiespeicher und Systeme ZESS baut das IFAM derzeit eine Produktionsanlage für die Powerpaste auf, das Ende 2021 in Betrieb gehen und dann bis zu vier Tonnen Paste pro Jahr produzieren soll.
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