Nicole Weinhold
Erste Zwischenergebnisse aus dem Masterplan Solar City Berlin stellte Gerhard Stryi-Hipp, Gruppenleiter Smart Cities beim Fraunhofer ISE, im Rahmen der Berliner Energietage vor. „Schrittweise soll rund ein Viertel der Berliner Stromversorgung durch Solar gedeckt werden“, erklärte er seinen Zuhörern im Ludwig Erhard Haus dazu. Das ist keine Kleinigkeit, zumal Berlin bisher kein Vorreiter war bei den Erneuerbaren. Der Ausbau der Solarenergie in der Hauptstadt geht bisher sehr langsam voran trotz der auf Dachflächen vorhandenen Potenziale. Die Neuinstallationen von PV bewegten sich in Berlin in den vergangenen Jahren im einstelligen bis niedrigen zweistelligen MW-Bereich: 2015: 5,1 MW, 2016: 3,2 MW, 2017: 10,3 MW, 2018: 6,9 MW. „Es muss Gründe geben, warum Solar in Berlin bisher hinterher hinkt“, so Stryi-Hipp.
Suche und Beseitigung von Hürden
Das ist im Zusammenhang mit dem Masterplan eine wichtige Aussage, denn die Suche und Beseitigung von Hürden ist elementarer Erfolgsfaktor. Entsprechend müsse man die Dinge so entwickeln, dass eine Implementierung von Solar leichter wird. Und damit ist nicht nur Photovoltaik gemeint, sondern auch Solarwärme, die ebenfalls eine wichtige Rolle spielen soll. Der ISE-Mann betonte, es reiche keineswegs aus, einige schöne Leuchtturmprojekte umzusetzen, wenn das Ziel ernst gemeint ist. Denn dann müssten 80 Prozent der in Frage kommenden Berliner Dächer voll mit Solar belegt werden.
Förderung und Beratung voran bringen
Dafür müsse man zunächst besser verstehen, wer welche Herausforderungen bei dieser Solaroffensive hat. So müsse etwa der Senat, die Themen Förderung und Beratung voran bringen. Und er müsse alle Marktakteure mit ins Boot holen.
Rahmen für den Masterplan ist das Berliner Energie- und Klimaschutzprogramm 2030. Das Dachpotenzial verteilt sich in Berlin wie folgt: rund 57 Prozent Wohnhäuser, 32 Prozent Gewerbe und zehn Prozent öffentliche Gebäude. Im Oktober 2018 ist der Masterplan vom ISE gemeinsam mit den beteiligten Gruppen erarbeitet worden. Dafür hat es drei Vertiefungsworkshops gegeben: rund um regulatorische Instrumente, zu bürokratischen Hemmnissen, etwa Denkmalschutz, und schließlich zur Wirtschaftlichkeit. Sprich: Es wird bei der Umsetzung Solarprojekte geben, die gut wirtschaftlich darstellbar sind. Aber es wird auch viele unter jetzigen Bedingungen unwirtschaftliche Anlagen geben, für die entsprechende Anreize geschaffen werden müssen, damit auch diese umgesetzt werden. Als Vorgehensweise zur Erschließung der Solardächer ist nun vorgesehen, zunächst das Interesse der Dachbesitzer zu wecken, die Machbarkeit zu prüfen. Investitionsentscheidung, Umsetzung und Betrieb schließen sich an.
30 Maßnahmen für den Masterplan
Im nächsten Monat sollen 30 Maßnahmen verabschiedet werden, die den Masterplan voran bringen und Lösungsansätze für bestimmte Probleme und Herausforderungen bieten. Stryi-Hipp nennt als vermeintliches Problem die Flächenkonkurrenz, etwa durch Urban Farming und Solar. Er stellt fest: Die Kombination von Solar und Gründach funktioniert. Eine andere Herausforderung seien Eigentümergemeinschaften bei Immobilien, diese müssten sich unter einander einigen. „Außerdem wird es einen Fachkräftemangel geben, wenn die Pläne so umgesetzt werden“, so der ISE-Mann. Es gebe ein Informationsdefizit. Doch mit Beratung in Infos erreiche man nur einen Bruchteil der Menschen. Es werde im Zusammenhang mit dem Masterplan auch intensiv über das Thema Solarpflicht diskutiert. Ein Zuhörer fragte dazu, ob die Einführung einer Solarpflicht rechtlich begründet werden könne, wenn man bedenkt, dass Eigentum laut Grundgesetz Artikel 14 verpflichtet: „(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“
Neues Portal www.solarwende-berlin.de
Ein Teil der 30 Maßnahmen wurde während der Berliner Energietage vorgestellt. Dazu gehört das neue Webportal www.solarwende-berlin.de. Es soll sachlich und neutral über Solarenergie informieren, gibt einen Überblick über Anlaufstellen in der Hauptstadt (u .a. das Solarzentrum aber auch von diesem erstellte Anbieterlisten) und das Portal soll Berlinerinnen und Berlin dazu motivieren, künftig an der Solarwende teilzuhaben.
Es zeigt sowohl Privatpersonen mit eigenen Ein- oder Zweifamilienhäusern, Eigentümerinnen und Eigentümer von Mehrfamilienhäusern aber auch Mieterinnen und Mietern auf, wie sie selbst bei der Solarwende mitmachen können. Außerdem gibt es ein umfangreiches Solarlexikon, das Fachbegriffe verständlich erklärt.
Wer das Potenzial seines Daches abschätzen möchte, findet hier auch den Link zur Solarpotenzialkarte im Berliner Energieatlas.
Ergänzendes Förderprogramm für unwirtschaftliche Solarprojekte
Eine andere Maßnahme ist es, ein ergänzendes Förderprogramm für ansonsten unwirtschaftliche Solarprojekte aufzulegen. Zusätzliche Kosten etwa für Messtechnik im Falle von Mieterstrom oder Speicherförderung für Großanlage könnten so finanziert werden. Zu den Maßnahmen gehört auch das Solarzentrum Berlin, das gerade eröffnet wurde. Es übernimmt Beratungsaufgaben – auch durch Besuch der einzelnen Bezirke. Mithilfe der Website können sich zudem auch Privatpersonen beraten lassen.
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