Die Anforderungen an Geschäftsführer und Bereichsleiter sind heute sehr hoch – das gilt auch für die Energiebranche. Neben dem operativen Geschäft, dem Schritthalten mit dem Branchen-Know-how und der Initiierung von Change-Prozessen bleibt ihnen oft keine Zeit, um sich mit einem Thema zu befassen, mit dem im Grunde alles steht und fällt. Gemeint ist die Auswahl der richtigen Führungskräfte, mit denen sie unmittelbar zusammenarbeiten. Dabei ist Erfolg in einer von Digitalisierung und schnellen Veränderungen geprägten Zeit nur im Team mit anderen Managern möglich. Wer darin aufgenommen wird, sollte nicht nur fachlich, sondern auch menschlich passen.
Zeitmangel führt zur Kompetenzlücke bei Geschäftsführern
Bei vielen Geschäftsführern fehlt es jedoch an der Zeit und der Bereitschaft, sich auch mit der Auswahl von Mitarbeitern intensiv zu beschäftigen. Das führt dazu, dass sich bei ihnen eine Kompetenzlücke auftut, die entweder mithilfe des Bauchgefühls oder der HR-Abteilung geschlossen werden soll. Während die erste Lösung mangels Rationalität zwangsläufig zu Fehlentscheidungen führt, ist auch die Delegation an die Fachabteilung nicht optimal. Denn die Personaler erheben zwar Einspruch, wenn ihnen ein Kandidat nicht gefällt. Aber sie legen sich ungern auf einen Bewerber fest, um nicht beim Geschäftsführer anzuecken oder für eine Fehlbesetzung verantwortlich zu sein. Top-Führungskräfte müssen daher selbst die Auswahl treffen und im Zweifelsfall für ihre Entscheidung einstehen.
Bereichsleiter sollten nicht in die „Auswahlfalle“ tappen
Doch wenn Geschäftsführer oder Bereichsleiter selbst entscheiden, drohen sie in die „Auswahlfalle“ zu tappen. Es liegt in der menschlichen Natur, sich eher für einen Menschentyp zu entscheiden, der einem ähnelt, als für einen, der völlig anders auftritt oder sich anders kleidet. Dabei könnte genau der- oder diejenige die fachlichen und persönlichen Kompetenzen mitbringen, die für die freie Position benötigt werden. Hier über den eigenen Schatten zu springen, fällt vielen schwer. Es gelingt umso besser, je mehr die Top-Führungskraft gezielt ihre Kompetenzen bei der Beurteilung von Managern und deren Potenzialen ausbaut. Dies hilft nicht nur bei der richtigen Auswahl der Führungskräfte, sondern auch bei deren Weiterentwicklung.
Sind Manager nicht zu rekutieren, müssen sie intern entwickelt werden
Die Marktentwicklungen schreitet auch im Energiesektor sehr dynamisch voran. Das bedeutet zwangsläufig, dass Manager – gerade für besonders spezialisierte Bereiche – schwer zu finden sind. Wenn diese sich nicht rekrutieren lassen, müssen sie intern entwickelt werden. Deshalb ist bei Neueinstellungen darauf zu achten, dass Kandidaten nicht nur möglichst viel Sachverstand auf einem bestimmten Gebiet mitbringen, sondern auch das Potenzial, sich in kurzer Zeit die noch fehlenden Kompetenzen anzueignen. Führungskräfte, die vorher in anderen Branchen Erfahrungen und Kontakte gesammelt haben, können auch bei Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien Erfolg haben. Umgekehrt bieten langjährige Branchenkenntnisse keine Erfolgsgarantie.
Einsatz diagnostischer Verfahren im Recruiting-Prozess
Um das Potenzial eines Menschen zu erfassen, können heute wissenschaftlich fundierte Methoden eingesetzt werden. Außerdem holen professionelle Personalberater umfassende Referenzen bei ehemaligen Arbeitgebern und anderen Ansprechpartnern ein. Der Einsatz diagnostischer Verfahren eröffnet im Rekrutierungsprozess neue Möglichkeiten in der Ansprache und Auswahl geeigneter potenzieller Mitarbeiter.
Wer sein Unternehmen oder einen Geschäftsbereich neu ausrichtet oder für den sich abzeichnenden Aufschwung im Bereich der erneuerbaren Energien sein Team verstärkt, sollte Menschen richtig einschätzen können, um offene Positionen bestmöglich zu besetzen.
Autor: Volker Schulz, Partner & Director von Mercuri Urval