Nicole Weinhold
Damals war dieser Entwicklungsschritt gewaltig: Die 2001 gegründete Hamburger Firma Skysails stattete das Containerschiff MS Beluga Skysails mit einem Segel aus, um Treibstoff zu sparen. Das Thema CO2-Reduktion war in der Schifffahrt bis dahin sträflich vernachlässigt worden. Nachdem 2008 über 20 Prozent Einsparungen beim fossilen Antrieb auf längeren Fahrten erzielt wurden, endete das Projekt mit der Insolvenz der Bremer Reederei Beluga Group.
Zehn Jahre später unternahm Skysails einen neuen Anlauf. Diesmal für die Stromproduktion am Himmel über dem Festland. Nun hat die Flugwindkraftanlage in Schleswig-Holstein eine Reihe von wichtigen Tests erfolgreich abgeschlossen. Sie wird nun in den Dauerbetrieb übergehen. Zu der luftfahrtrechtlichen Evaluierung gehörte zum Beispiel die Validierung von Betriebs- und Sicherheitskonzepten im Tag- und Nachtbetrieb.
Skalierung und Weiterentwicklung der Technik
Die Anlage wurde im Rahmen des Projekts Skypower100 errichtet, an dem die Skysails Power GmbH, die EnBW Energie Baden-Württemberg AG, die EWE Offshore Service & Solutions GmbH und die Leibniz Universität Hannover beteiligt sind. Aus dem Betrieb der Flugwindkraftanlage will das Konsortium Erkenntnisse für die Weiterentwicklung und Skalierung von Flugwindkraftanlagen sowie zu Umwelteinflüssen, Sicherheitsaspekten und Genehmigungsvoraussetzungen gewinnen. Dazu gehören zum Beispiel Gutachten zu Geräuschemissionen, Avifauna und Luftverkehrssicherheit.
Wenig Schall und Schatten
Flugwindkraftanlagen ernten den gleichmäßigen Höhenwind in bis zu 800 Metern Höhe. Die stetige Produktion liefert besser steuerbare Energie. Der landschaftliche Eingriff für den Bau von Flugwindkraftanlagen ist laut Skysails geringer als bei konventionellen Windenergieanlagen und die kompakte Bauweise ermöglicht das Erschließen schwer zugänglicher Gebieten. Auch Schattenwurf und Schallemissionen sollen gering sein.
Eine Flugwindkraftanlage besteht aus einer Bodenstation mit einer Seilwinde, in die ein Generator integriert ist. Für die Energieerzeugung zieht ein automatisch gesteuerter Drachen das Seil von der Winde und der Generator erzeugt Strom. Wenn das Zugseil seine maximale Länge erreicht hat, beginnt die Rückholphase: Der Drachen wird in eine Position geflogen, in der seine Zugkraft sehr gering ist. Der Generator arbeitet nun als Motor und wickelt das Seil auf, bis die Länge des Seils kurz genug für die nächste Stromerzeugungsphase ist. Dieser Rückholprozess benötigt nur einen Bruchteil der Energie, die während der Leistungsphase erzeugt wird.
Die auf der Testanlage eingesetzten Drachen haben eine Größe von bis zu 120 m². Für die Realisierung des Projektes wurde in enger Abstimmung mit der Landesluftfahrtbehörde Schleswig-Holstein, dem Bundesverkehrsministerium, den umliegenden Gemeinden, der DRF Luftrettung sowie dem Luftsportverband ein Flugbeschränkungsgebiet (ED-R) für den Projektstandort eingerichtet. Die Erfahrungen aus dem Betrieb der ED-R sind ein wichtiger Schritt für künftige Genehmigungsprozesse von Flugwindkraftanlagen.
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