Hirschfeld erklärte seinen Zuhörern zunächst, dass es im Energiewendeministerium ein Umdenken gegeben habe. Die schlichte Massenproduktion von Kilowattstunden aus Regenerativstrom ist nicht mehr gefragt. "Wir gucken inzwischen viel mehr auf die einzelnen Bestandteile. Nichtsdestotrotz bleibt das Ziel des Landes weiterhin, 37 Terawattstunden aus erneuerbaren Energien in Schleswig-Holstein 2025 zu erreichen", betonte er dennoch. "Das kann man mit zwei Prozent der Landesfläche im Windbereich erreichen" Wichtiger Baustein sei dabei die Sektorkopplung. Dort werde es immer wichtiger, "dass wir über Steuern und Abgaben in Deutschland weiterkommen. Da erwarten wir eigentlich, dass die neue Bundesregierung die entscheidenden Weichen jetzt stellt." Sprich: Abgaben wie Netzentgelte und EEG-Umlage dürfen zum Beispiel Wasserstoff aus erneuerbaren Energien nicht weiter künstlich verteuern.
Wie soll es weitergehen? "Wir brauchen lokale Plattformen, über die die Sektorkopplung realisiert werden kann. Das ist die ENKO-Plattform", so Hirschfeld. Mit ENKO möchten Schleswig-Holstein Netz AG und ARGE Netz GmbH amp; Co. KG die Möglichkeit schaffen, lokale erneuerbare Energien effizienter ins Stromnetz zu integrieren und vor Ort besser nutzbar zu machen. Ziel ist es, lokale sektorenübergreifende Flexibilitätspotenziale in die Lage zu versetzen, mehr lokal erzeugten erneuerbaren Strom vor Ort zu nutzen. Die digitale Plattform ermöglicht eine Synchronisation zwischen lokal erzeugten erneuerbaren Energien mit den Verbrauchern vor Ort, wodurch mehr Erneuerbare ins Netz eingespeist und die Anzahl der Netzengpass bedingten Einspeisereduzierungen in Schleswig-Holstein vermindert werden. Gleichzeitig soll ENKO den Strom über Sektorkopplung für andere Verbrauchsbereiche wie Wärme, Industrie oder Elektromobilität erschließen. Dafür nutzen die Partner digitale Technologien.
Der Bereich Digitalisierung sei ein großer Baustein der Energiewende. Dieser solle ermöglichen, dass die verschiedenen anderen Bausteine zusammengefügt werden können. "Wo stehen wir in Schleswig-Holstein? Wir sind inzwischen so weit, dass Schleswig-Holstein mehr Strom aus Erneuerbaren erzeugt hat, als wir verbrauchen. Im Bereich Wärme und Kraftstoffe sind wir dagegen noch weit von unseren Zielen entfernt", so Hirschfeld.
Für das Energiesystem ändern sich jetzt die Herausforderungen, was den quantitativen Zubau der erneuerbaren Energien betrifft. "Aber die Frage ist jetzt, wie reagieren wir auf Schwankungen der erneuerbaren Energien, wenn etwa Wetterfronten aufziehen oder die PV verschattet wird? Wie schnell reagiert das System, was machen wir eigentlich mit den Überschüssen, wenn wir mehr erzeugen, als aktuell gebraucht wird? Und wie decken wir unseren Verbrauch, wenn wir mal nicht genug PV haben? Und sind die Lösungen auch wirtschaftlich? Wir brauchen Flexibilität, Lastmanagement, per Netzausbau exportieren und importieren", so Hirschfeld. Es bedürfe aber der Informationsflüsse, dass die Netzbetreiber und Marktteilnehmer, dass die Abnehmer tatsächlich wissen, was in welchem Moment gerade gebraucht wird, und entsprechend reagieren können. Da fehle die Digitalisierung. Hirschfeld betonte, Sektorkopplung brauche man in alle Richtungen, also nicht nur von Strom in den Wärmebereich, sondern auch im Verkehrsbereich. "Wir brauchen auch Power-to-X-Bausteine, Power-to-Heat, to Gas, Elektromobilität und so weiter.
Was ändert sich eigentlich auf den Märkten? Wie entwickelt sich die Merit Order, wenn Atom und Kohle rausfallen? Wie sehen die Geschäftsmodelle der kleinen Stadtwerke bei der Digitalisierung aus? Fest steht, dass Flexibilität an Bedeutung gewinnen wird und entsprechend eingepreist wird. (Nicole Weinhold)