Herr Merle, wie sieht das Modell der Anlagenmiete für den Hauseigentümer konkret aus?
Benjamin Merle: Es ist im Prinzip wie bei einem Contracting. Der Kunde bekommt eine Solaranlage und kann den produzierten Strom nutzen. Er hat dabei keinerlei Risiko. Wenn eine Komponenten kaputt geht, fährt ein Techniker von uns hin und repariert die Anlage. Wenn die Anlage verschmutzt ist, müssen wir sie reinigen. Diese Risiken liegen alle bei uns.
Wie federn Sie diese Risiken ab?
Benjamin Merle: Zum einen haben wir hier die Garantien der Komponentenhersteller. Wir haben gerade auf Module von Longi mit 370 Watt umgestellt. Der Hersteller gibt über 20 Jahre eine Gewährleistung für eine bestimmte Leistung. Bei Wechselrichtern liegt diese Gewährleistung eher bei zehn Jahren. Hier müssen wir Rückstellungen bilden, um den Austausch zu finanzieren. Andererseits haben wir über das Mutterunternehmen der Enpal einen Partner, der die Reinigung und den Service abdecken kann.
Sie müssen mit der Finanzierung der Anlagen in Vorleistung gehen. Wie machen Sie das?
Benjamin Merle: Es funktioniert wie auch bei großen Solarparks. Da werden die Anlagen mit eigenen Projektgesellschaften realisiert. Innerhalb dieser Projektgesellschaften findet die Finanzierung statt. So machen wir es auch. Wir bilden natürlich nicht für jede einzelne Solaranlage auf dem Dach eine eigene Projektgesellschaft, sondern wir bilden einen Pool von mehreren Hundert oder Tausend Anlagen. Das kommt darauf an, wie viele in einem gewissen Zeitraum zusammenkommt. Derzeit fassen wir eher mehr Anlagen in einer Projektgesellschaft zusammen. Inzwischen haben wir etwa fünf bis zehn solcher Gesellschaften gebildet. Über diese finanzieren wir dann den gesamten Anlagenpool – einerseits mit unserem Eigenkapital und andererseits mit Fremdkapital, das wir akquirieren.
Wer errichtet die Anlagen für Enpal?
Benjamin Merle: Angefangen haben wir mit externen Handwerksbetrieben, die für uns die Anlagen gebaut haben. Ab 2019 haben wir aber angefangen, in verschiedenen Niederlassungen in ganz Deutschland eigene Handwerker anzustellen, die inzwischen etwa ein Viertel der Anlagen errichten. Drei Viertel der Photovoltaikanlagen bauen noch externe Betriebe. Mit der Zeit wollen wir aber möglichst alles mit eigenen Handwerker bauen, weil wir gemerkt haben, dass wir so die Qualität besser absichern können und es auch schneller geht. Denn wir bilden die Handwerker in unserem eigenen Ausbildungszentrum fort und werden in Zukunft auch weitere Solarteuere ausbilden.
Wie entwickelt sich die Nachfrage?
Benjamin Merle: Unsere Nachfrage wächst jedes Jahr um etwa 300 Prozent, der gesamte Solardachanlagenmarkt ist um etwa 40 Prozent in 2020 gewachsen. Inzwischen haben wir schon mehr als 7.000 Anlagen gebaut.
Können die Kunde auch Wünsche hinsichtlich der Komponentenauswahl äußern oder kollidiert das mit Ihrem Betriebsablauf?
Benjamin Merle: Das zweite ist der Fall. Momentan stellen wir für jeden Kunden ein Gesamtpaket aus Modulen, einem Wechselrichter, dem Montagesystem und der gesamten Verkabelung zusammen. Ab April oder Mai kommt dann noch auf Wunsch ein Speicher hinzu. Auf Sonderwünsche können wir leider nicht eingehen. Das ist aber auch für den Kunden besser. Denn dadurch bekommen wir über die großen Einkaufsmengen einen besseren Preis für die Komponenten.
Welche Komponenten bekommen die Kunden?
Benjamin Merle: Die Module – wie schon gesagt – kommen von Longi. Bei den Wechselrichtern hatten wir früher Geräte von ABB. Inzwischen sind wir aber auf Huawei umgeschwenkt, weil wir einen eigenen Einkauf in China aufgebaut haben. Der Speicher kommt dann auch von Huawei.
Wonach richtet sich die Größe und die Auslegung der Anlage?
Benjamin Merle: Wir holen vor der Planung grundsätzlich drei Informationen ein. Der Kunde muss uns eine Stromrechnung schicken, damit wir sehen, wie viel Energie er braucht. Außerdem brauchen wir ein Foto vom Dach und vom Zählerschrank, damit wir die im Haus verbaute Elektronik einschätzen können. Auf dieser Basis machen wir eine erste Auslegung mit Blick auf einen möglichst wirtschaftlichen Betrieb im Eigenverbrauch. Die eigentliche Planung erfolgt digital, die finale Abnahme der Planung findet dann dann vor Ort statt. Denn der Handwerker muss natürlich noch prüfen, ob die Dachstatik die Anlage, wie sie in der ersten Grobplanung vorliegt, überhaupt trägt.
Sie sprachen von Gesamtpaketen. Wie groß sind diese?
Benjamin Merle: Das kleinste Paket enthält zwölf Module. Früher hatten wir auch noch kleinere Pakete, aber wir haben gemerkt, dass diese nicht wirtschaftlich sind. Das größte Paket liegt bei 26 Modulen. Damit kommen wir auf knapp unter zehn Kilowatt.
Zehn Kilowatt klingt nach Befreiung der Besitzer von Einfamilienhäusern von der EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch. Jetzt wurde die Sonnensteuer für Anlagen bis 30 Kilowatt Leistung gestrichen. Planen Sie vielleicht auch größere Anlagen für kleine Gewerbebetriebe anzubieten?
Benjamin Merle: Aufgrund der Sonnensteuer für den Eigenverbrauch haben wir uns vorerst komplett auf das Segment Eigenheim konzentriert. Dadurch wird es aber auch einfacher, die Lösung zu skalieren. Wir bauen zum Beispiel Anlagen auch nicht auf allen Dacharten. Auch wenn die Hauselektrik extrem veraltet ist, bauen wir die Anlage nicht. Denn wir wollen zunächst einmal die Qualität sichern, während wir schnell wachsen. Schließlich haben wir die Verantwortung für die Anlage über 20 Jahre.
Aber gibt es einen Trend hin zur Ausweitung des Angebots?
Benjamin Merle: Ja. Als nächstes nehmen wir weitere Dacharten ins Programm auf. Intern bereiten wir uns auch darauf vor, das Segment der Anlagen mit bis zu 30 Kilowatt ebenfalls abzudecken. Das wären dann tatsächlich Anlagen für kleinere Betriebe oder Bauernhöfe. Aber das dauert noch ein wenig. Wir schauen uns auch das Thema Solaranlagen für Mehrfamilienhäuser in Städten genau an. Denn da sehen wir einen großen Trend, was man an den Solarpflichten sieht, die viele Kommunen und Länder gerade einführen. Bisher war das noch ein schwieriges Segment aufgrund der notwendigen Messtechnik.
Ist die Reinigung und Wartung der Anlage in der Miete schon enthalten?
Benjamin Merle: Ja. Das gehört zum Paket dazu.
Wie oft wird gereinigt und gewartet?
Benjamin Merle: Das machen wir je nach Bedarf. Die Anlagen sind alle mit einem Monitoring ausgestattet. Darüber sehen wir, ob die Anlage gut läuft. Sollte das nicht der Fall sein, sehen wir im Monitoring in der Regel, ob es sich um eine Verschmutzung oder eine Defekt handelt. Dann fährt ein Techniker zum Kunden und schaut sich die Anlage genau an und behebt den eventuell aufgetretenen Fehler.
Welche Monitoringlösung installieren Sie?
Benjamin Merle: Bisher haben wir eine Hardware in Form eines Datenloggers von einem Partner aus Deutschland verwendet. Aber inzwischen haben wir eine eigene Lösung entwickelt, die Enpal-Box. Da steckt alles drin, was wir für das Monitoring und die Regelung der Anlagen brauchen. Sie ist dazu mit dem Wechselrichter gekoppelt und sie enthält ein eigenes Gateway. Über diese Box beziehen wir die Daten aus der Anlage und können damit ein automatisiertes Monitoring machen. Dieses gibt automatisch Tickets aus, wenn die Anlage einen Leistungsabfall hat. Dieses wiederum bekommt der zuständige Servicetechniker, der den Fehler klassifiziert. Zusätzlich kann der Kunde über die Enpal-Box den Eigenverbrauch erhöhen.
Wie funktioniert das?
Benjamin Merle: Die Enpal-Box greift auf eine Wettervorhersage zurück. Über eine App kann der Kunde nicht nur sehen, wie viel Strom die Anlage produziert und wie viel er aktuell davon verbraucht. Sie gibt ihm auch Hinweise, ob in den nächsten Stunden viel Solarstrom zu erwarten ist. So kann er den Betrieb seiner großen elektrischen Verbraucher im Gebäude, wie Waschmaschinen oder Geschirrspüler, in diese Zeit schieben. Er kann jederzeit auch eine Information abrufen, wie viel Solarstrom er selbst verbraucht hat. Dadurch hat er die Möglichkeit, sein Verbrauchsverhalten weiter zu optimieren. Wir arbeiten permanent daran, die App weiter zu verbessern. Solche Funktionen werden natürlich noch spannender, wenn ein Elektroauto oder ein elektrischer Wärmeerzeuger als Verbraucher hinzukommt.
Bekommt der Kunde zugesichert, dass die Anlage eine bestimmte Strommenge liefert, die er verbrauchen kann? Schließlich ist das ja die Basis der Wirtschaftlichkeit für den Hauseigentümer.
Benjamin Merle: Das können wir nicht zusichern. Der Kunde bekommt von uns eine Anlage mit einer vorgesehenen Leistung. Zusätzlich berechnen wir die Wirtschaftlichkeit auf der Basis der Leistungsgarantien, die der Modulhersteller für seine Paneele gibt. Sollte die Leistung darunter fallen, ist das zunächst ein Fall für den Servicetechniker. Aber wir können natürlich nicht die Sonneneinstrahlung beeinflussen, von der der Ertrag der Anlage abhängt. Wenn in einem Jahr wenig Sonne scheint, können wir das natürlich nicht abfedern.
Mit 300 Prozent jährliches Wachstum haben Sie offensichtlich ein erfolgreiche Geschäftsmodell etabliert. Reicht die Marge aus, um profitabel zu sein?
Benjamin Merle: Unsere Marge hat sich in den letzten Jahren stark verbessert. Das ist ein wichtiger Meilenstein. Das ist uns natürlich nur durch das schnelle Skalieren der Lösung gelungen. Dabei geholfen hat uns das eigene Einkaufsunternehmen in China und dass wir sehr früh auf eine eigene Handwerkerorganisation gesetzt haben. Denn mit der reinen Anlagenmiete erreicht man nur eine geringe Wertschöpfungstiefe und macht am Ende nur Marketing. Das ist tatsächlich ein Geschäft mit einer sehr dünnen Marge, das zudem leicht kopiert werden kann. Deshalb wollen wir ein junger Energieversorger werden und hoffentlich bald europaweit agieren. Nur so erreichen wir eine tiefere Wertschöpfung, in der die Margen besser sind.
Welche Märkte decken Sie derzeit ab?
Benjamin Merle: Momentan sind wir in ganz Deutschland vertreten. Österreich und die Schweiz gehört noch nicht dazu. Wir werden uns aber im kommenden Jahr mit dem Thema Internationalisierung beschäftigen. Das wird eher in 2022 oder 2023 spruchreif.
Das Gespräch führte Sven Ullrich.
Im zweiten Teil des Interviews erklärt Benjamin Merle, wie die Refinanzierung der Mietanlagen bei Enpal seitens der Investoren funktioniert. Diese Teil lesen Abonnenten im aktuellen Heft von ERNEUERBARE ENERGIEN. Falls Sie noch kein Abo haben, dann können Sie es hier ausprobieren. Sie können die Ausgabe auch als Einzelheft bestellen.
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