Die Preise für Solarmodule sind immer noch im Keller. Für hocheffiziente Module mit einem Wirkungsgrad von mehr als 22 Prozent und modernen Zelltechnologien wie Topcon oder Heterojunction haben sie sogar noch einmal um ein Cent pro Watt nachgegeben. Diese werden jetzt für durchschnittlich 14 Cent pro Watt gehandelt. Damit liegen sie nur noch drei Cent pro Watt über den Preisen der Standardmodule, die für durchschnittlich elf Cent pro Watt bei Großhändler in den Regalen stehen.
Modulbestände werden abgewertet
Dieser Preisverfall sollte für die Planer und Installationsunternehmen eine Steilvorlage für einen üppigen Zubau sein. Doch weit gefehlt. „Offenbar ist die Not vieler Anbieter immer noch so groß, dass sie ihre Modulbestände auch bei den begehrteren Typen weiter abwerten, nur um den Verkauf ankurbeln zu können. Dass diese Strategie nicht unbedingt aufgeht, zeigt aber der Verlauf der vergangenen sechs bis neun Monate“, weiß Martin Schachinger, Geschäftsführer des Online-Händlers für Solarkomponenten PV Xchange. „Zwar werden die Komponenten und damit die schlüsselfertigen Anlagen immer preiswerter, doch die Nachfrage und damit die Verkaufszahlen ziehen deswegen nicht unbedingt an.“
Keine Investitionsmittel übrig
Vor allem in Kleinanlagensegment schwächelt die Nachfrage trotz drastisch gesunkener Anlagenpreise. Die Hauseigentümer sind vorsichtig oder haben aufgrund der immer noch steigenden Lebenshaltungskosten keine freien Investitionsmittel. Auch die langsam sinkenden Zinsen kurbeln den Zubau nicht an. Dazu kommen die noch immer extrem langen Bearbeitungszeiten bei den Behörden und teilweise auch bei den Netzbetreibern, die den Anschluss von neuen Generatoren ausbremsen.
Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Immerhin läuft es im Bereich der mittelgroßen gewerblichen Photovoltaikanlagen etwas besser als noch in den vergangenen Jahren. Doch das Wachstum hier kann bestenfalls die Rückgänge im Bereich der privaten Dachanlagen und der Solarparks ausgleichen – zumal die Nachfrage bei großen Anlagen auf Gewerbe- und Industriedächern weiterhin nicht so richtig vom Fleck kommt. „Wenn man nun nachprüft, warum die Installationszahlen bei großen Dach- und Freiflächenanlagen rückläufig sind, obwohl doch eigentlich die Ausgangssituation verbessert, die bürokratischen Hürden abgebaut werden sollten, dann erkennt man die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit“, betont Martin Schachinger.
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Netzanschluss dauert zu lange
So reiche es nicht, die Regeln zu vereinfachen, wie in den letzten Monaten unter anderem mit dem Solarpaket geschehen, wenn das Personal für die Abarbeitung der Antragsflut fehle. „Die Zeit zwischen Antragsstellung beim Netzbetreiber und Netzzusage hat sich beispielsweise in vielen Regionen deutlich verlängert, anstatt sich zu verkürzen“, weiß der PV-Xchange-Chef. „Wenn dann auch noch die Kapazitäten im Nieder- und Mittelspannungsnetz erschöpft sind, zusätzliche Trafos oder gar Umspannwerke gebaut werden müssen, dann kann sich ein Großprojekt schon einmal bis zum Sankt-Nimmerleinstag verzögern.
Risiko bleibt bei den Projektierern hängen
Dies gefährdet die Existenz von Planungs- und Installationsunternehmen. Denn der Planungsvorlauf bei solchen großen Projekten ist ohnehin schon lang. Die Unternehmen müssen Material und Personal vorfinanzieren. Wenn dann noch ein bürokratischer Apparat im Halbschlaf hinzukommt, steigen die Kosten für diese Vorfinanzierung und damit das Risiko bei den Projektierern drastisch an. „Denn Banken können mit den aktuellen Geschäftsmodellen jenseits der gesetzlich garantierten EEG-Vergütung noch nicht allzu viel anfangen“, erklärt Martin Schachinger. „Sie brauchen Planungssicherheit, die in den wenigsten Fällen gegeben ist, weder beim Bau der Anlage, noch beim späteren Verkauf der damit erzeugten Energie. Über allem hängt mittlerweile das Damoklesschwert der zeitweisen Abregelung der Photovoltaikanlage durch den Redispatch. Nehmen die Zeiten mit negativen Strompreisen in Zukunft weiter zu, droht wirtschaftlicher Schaden.“
Weitere Maßnahmen notwendig, um die Resilienz zu fördern
Unternehmen sollten sich besser aufstellen
Natürlich ist die Situation auch ein bisschen hausgemacht. Denn viele Unternehmen haben sich auf ein Marktwachstum wie in den vergangenen beiden Jahren verlassen. Sie haben Lager-, Montage- und Produktionskapazitäten aufgebaut, die jetzt überdimensioniert sind. „Die Konsequenz ist eine Konsolidierung des Marktes, wie wir sie seit Anfang der 2010-er Jahre nicht mehr gesehen haben“, sagt Martin Schachinger. „Firmen zerbrachen damals wie heute an ihren eigenen, zu hoch gesteckten Erwartungen. Wer sich blind an den Boomjahren orientiert und seine Einkaufs- und Personalstrategie uneingeschränkt danach ausrichtet, hat in Zeiten der Rezession das Nachsehen.“
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Er rät den Unternehmen, flexibel zu bleiben, um sich bei schnellen Änderungen der Marktsituation auch kurzfristig anpassen zu können. „Lieber mit ausgewähltem, gut qualifiziertem Personal auf die steigende Komplexität des Energiemarktes reagieren, als jedes Geschäft mitnehmen, beziehungsweise nur die ‚Low hanging fruits‘ ernten wollen, die oft am stärksten umkämpft sind“, sagt der Experte.
Fixkosten explodieren
Unternehmen, die dies nicht beherzigt haben, kommen inzwischen unter Druck, die Insolvenzen häufen sich. „Planer und Installateure zerbrechen am schleppenden Auftragseingang aufgrund der Kaufzurückhaltung der Investoren oder der unkalkulierbaren Verzögerungen im Projektablauf und der damit verbundenen Fixkostenexplosion“, erklärt Schachinger. „Der Großhandel ächzt unter der Last der Lagerbestände, die wegen des schleppenden Verkaufs laufend abgewertet werden müssen.“ In Folge wird dies auch vor den Herstellern nicht Halt machen – nicht nur in Europa. Auch so manchen chinesischen Hersteller werde die Konsolidierungswelle überrollen, ist sich Schachinger sicher.
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Markt reinigt sich
Doch die Marktbereinigung ist nicht nur negativ. Sie hat auch etwas Gutes. „Es bleiben hoffentlich vor allem die Unternehmen übrig, die ihr Handwerk beherrschen, open-minded und innovativ sind – kurz gesagt, die es ernst meinen und eine Bereicherung für die Erneuerbare-Energien-Branche sind“, betont Martin Schachinger. „Sobald der Kuchen nicht mehr viel zu klein für die ganzen Akteure ist, kehrt hoffentlich wieder etwas Ruhe ein und die Qualität der Kommunikation und auch der Installationen steigt wieder.“ (su)