Nachdem bereits zu Jahresbeginn alle neuen Nichtwohngebäude und Parkplätze mit einer Photovoltaikanlage versehen werden müssen, gilt dies ab 1. Mai 2022 auch für neue Wohngebäude – gleichgültig, ob es sich um ein Ein- oder Mehrfamilienhaus handelt. Darauf weist das Solarcluster Baden-Württemberg hin. Konkret besagt die Regel: Wer seit dem Stichtag einen Bauantrag stellt, muss 60 Prozent der für die Photovoltaik geeigneten Dachfläche mit Modulen belegen.
Dach muss mindestens 20 Quadratmeter haben
Als geeignet gelten Dachflächen, die ausreichend Sonne abbekommen, um die Photovoltaikanlage wirtschaftlich betreiben zu können. Dies trifft auch für teilweise verschattete Flächen zu, wenn sie nach Süden, Osten oder Westen ausgerichtet sind. Außerdem muss mindestens eine Einzeldachfläche zusammenhängend mindestens 20 Quadratmeter groß sein. Nur wenn die Dächer eine Neigung von weniger als 20 Grad aufweisen und nach Norden weisen, sind sie als nicht geeignet eingestuft. Grundsätzlich sind von der Solarpflicht Gebäude mit einer Gesamtnutzungsfläche von weniger als 50 Quadratmeter ausgenommen.
Ausnahmen bei geringen Baukosten
Von diese Vorgaben können Bauherren von Gebäuden abweichen, wenn die Kosten für die Photovoltaikanlage mehr als 20 Prozent der gesamten Baukosten ausmachen. Dann ist die Installation einer kleineren Anlage möglich, so weit, bis der Preis für die Photovoltaik weniger als 20 Prozent der Baukosten beträgt.
Dies ist allerdings in der Praxis unwahrscheinlich. Denn nach Angaben des Solar-Clusters kostet das Kilowatt Solarstromleistung derzeit zwischen 1.400 und 1.600 Euro für eine Kleinanlage. Je größer der Generator wird, desto preiswerter wird auch das Kilowatt Photovoltaikleistung. Zumal es ohnehin besser ist, eher mehr als weniger Dachfläche mit Solarmodulen zu bedecken, wie Franz Pöter, Geschäftsführer des Solarclusters Baden-Württemberg rät.
Wärme mit Solarstrom liefern
Denn mit einer größeren Anlage ist es möglich, nicht nur die elektrischen Verbraucher im Gebäude mit preiswertem Solarstrom abzudecken, sondern auch einen großen Teil des Wärmebedarfs. Schließlich ist die solarbetriebene Wärmepumpe oder die elektrische Vollversorgung von Gebäuden derzeit angesichts unsicherer Versorgung mit immer teurer werdendem Erdgas der Umstieg auf eine Elektroheizung in aller Munde.
Eigenverbrauch: Ost-West-Dächer am besten geeignet
Auch das Elektroauto kann mit dem Solarstrom geladen werden, wenn die Photovoltaikanlage groß genug ist. „Gerade Ost-West-Dachflächen liefern über den ganzen Tag günstigen Strom. Wer dann ein Elektroauto oder eine Wärmepumpe hat, kann sie mit mehr Solarstrom versorgen als nur mit einer nach Süden orientierten Anlage“, erklärt Franz Pöter. Voraussetzung ist im Falle der Elektromobilität aber, dass das Fahrzeug an der Ladesäule neben dem Gebäude steht, wenn die Sonne scheint, oder dass ein zusätzlicher Speicher installiert wird.
Alternativen sind möglich
Alternativ zur Installation einer Solaranlage auf dem Dach oder an der Fassade des neuen Wohngebäudes kann der Bauherr auch eine Anlage in unmittelbarer räumlicher Nähe etwa auf der Wiese vor dem Haus errichten lassen. Auch die Verpachtung der Dachfläche an Dritte ist möglich, die dort eine Solaranlage installieren und betreiben. Hier kann der Dachpächter und Betreiber der Anlage den Solarstrom direkt an die Bewohner des Hauses verkaufen oder mit einer EEG-Vergütung ins Netz einspeisen. Eine weitere Option sind solarthermische Anlagen, die das Brauchwasser erwärmen und die Heizung unterstützen.
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Solarpflicht für Bestandsgebäude kommt zum Jahresende
Solche Regelungen gelten bereits seit 1. Januar 2022 für Büro-, Industrie- und Verwaltungsgebäude sowie für Parkplätze mit mehr als 35 Stellplätzen. Doch mit der Solarpflicht für Wohngebäude ist die Initiative im Ländle noch nicht zu Ende. Denn zum nächsten Jahreswechsel tritt auch eine verpflichtende Installation von Solaranlagen auf Dächern von Bestandsgebäuden in Kraft, wenn diese umfassen saniert werden. (su)