Mit dem Energiesofortmaßnahmenpaket der Bundesregierung – dem sogenannten „Osterpaket“ – sollen für schwimmende Solaranlagen (Floating-PV) gewisse Einschränkungen festgeschrieben werden. Konservative Berechnungen der Baywa RE (ausschließlich industriell oder ehemals industriell genutzte, künstliche Wasserflächen) ergeben ein Nutzungspotenzial für Floating-PV-Anlagen in Deutschland von über 20 GW. Bei Umsetzung der im Entwurf zum Osterpaket vorgeschlagenen Restriktionen würde das Potenzial bei gleichen Parametern auf rund ein GW absinken. Von 460 potenziellen Wasserflächen blieben nur 22 übrig, welche wiederum allesamt ehemalige Braunkohletagebauseen sind.
Im Kabinettsentwurf wird vorgeschlagen, dass schwimmende Solaranlagen 1. nicht mehr als 15 Prozent der Gewässerfläche bzw. des Sees bedecken dürfen und 2. mindestens einen Abstand von 50 Metern zum Ufer haben müssen. Vorher gab es ja auch schon Leistungsbeschränkungen. Was soll das Ganze?
Gute Frage. Die bisherigen Leistungsbeschränkungen von zwei MW in Innovationsausschreibungen beziehen sich nur auf die Förderung im EEG. Die neue Anpassung, wie sie im Osterpaket vorgesehen ist, gilt für jegliche Floating-PV Anlagen, auch für Projekte im Rahmen von Stromabnahmeverträgen (Power Purchase Agreements) und Eigenverbrauchsanlagen. Das schränkt die Flächenkulisse für alle ein, auch für die, die nicht an der Ausschreibung teilnehmen wollen. Das trifft uns sehr, da wir uns alternative Vergütungen ansehen wollten. Uns ist es schleierhaft, wieso man die Flächen so pauschal begrenzen möchte, zumal jeder See anders ist. Deswegen sprechen wir uns dafür aus, dass in Absprache mit den lokalen Behörden jeder See einzeln bewertet, wird. Welchen Nutzen hat der See? Muss etwas Spezielles geschützt werden? Es geht ja nicht um Bade- und Naturseen, sondern vor allem um Industrieseen oder Kiesabbaustätten, die die meisten Menschen nicht einmal kennen. Eine Beschränkung auf 15 Prozent der Fläche würde das Ganze aber unwirtschaftlich machen.
Auch Karpfenteiche sind scheinbar ein Thema…
Ja, da geht es auch um Synergien. Man will vermeiden, dass Vögel wie Kormorane die Fische dort herausholen. Die wären unter den PV-Anlagen geschützt.
In den Niederlanden findet eine Flächenbedeckung von bis zu 60 Prozent statt. Was machen die Niederländer besser?
Ich glaube, die sind vielleicht etwas pragmatischer was den Klimaschutz anbelangt. Sie wollen vorankommen und erteilen die entsprechenden Genehmigungen. Die meisten Seen sind bis zu 30 bis 40 Prozent bedeckt. Aber auch bei 60 Prozent sehen wir keine negativen Auswirkungen. Man sieht sogar, dass sich durch die Abdeckung der Wasserfläche das Windaufkommen reduziert und sich dadurch weniger Wellen bilden. Dadurch haben wir weniger Erosion an den Ufern. Dort können sich Habitate besser ausbilden.
Ich würde gerne noch ein anderes Problem ansprechen: die 50 Meter Abstand zum Ufer, die im Osterpaket vorgesehen sind. Wir sehen, dass ein Abstand von 15 Metern ausreichend ist für die Anlage und für den Uferstreifen. Da sind wir dann auch bei Wassertiefen von 3 bis 5 Metern. In dieser Tiefe kann das Licht ohnehin nicht mehr bis an den Boden vordringen.
Wie sieht es in den Niederlanden mit der Wirtschaftlichkeit aus? Gibt es da eine Vergütung?
Wie bei uns, gibt es auch in den Niederlanden Ausschreibungsrunden. Dort haben wir gemeinsam mit Entwicklern von Freiflächenanlagen teilgenommen und einen Zuschlag erhalten. Insgesamt haben wir bisher zwölf Floating-PV-Projekte mit insgesamt 200 Megawatt in den Niederlanden gebaut. Das erste Pilotprojekt in 2018 hatte nur zwei Megawatt, die neueren Anlagen liegen bei zehn Megawatt aufwärts. Wir haben sogar eine Anlage mit 40 MW realisiert.
Wie konnten Sie sich da durchsetzen?
Die ersten Ausschreibungen waren unterzeichnet, somit sind alle Teilnehmer zum Zuge gekommen. Und bei den momentanen Regularien gibt es einen kleinen Vorteil für Floating-PV.
Sie sprechen von einem Nutzungspotenzial von 20 GW, das auf 1 GW reduziert würde.
Dafür haben wir die Seen ausgewählt, deren Nutzung Sinn machen würde. Ein Kriterium dabei war eine Mindestgröße von zehn Megawatt – was zehn Hektar Seefläche entsprechen würde. Dann haben wir alle Gewässer ausgeschlossen, die für den Tourismus oder zur Erholung genutzt werden. Wenn in der Nähe ein Campingplatz, ein Angelverein oder ein Strand ist, dann haben wir diese Seen ebenfalls ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für Gewässer, die dem Wasser-, Vogel-, Natur- oder Biosphärenschutz unterliegen. Mit diesen Parametern sind wir auf 20 GW gekommen. Mit den neuen Vorgaben brauchen wir Seen von mindestens 70 Hektar, um dort noch zehn Hektar installieren zu können. Dabei schrumpft das Potenzial von 460 auf 22 Seen.
Sie sagen, da bleiben praktisch nur die ehemaligen Braunkohlegebiete, die geflutet werden. Und damit sind nur die großen Energiekonzerne im Geschäft, denen diese gehören. Der Mittelstand ist raus. Richtig?
Genau, die ganzen Projekte auf kleinen Kies- und Quarz- und Sandabbaugebieten wären nicht mehr umsetzbar.
Die Technologie ist aufwändiger als eine normale Freiflächenkonstruktion, auch wegen der Montagesysteme und Abdichtung gegen Feuchtigkeit. Sehen Sie da eine Lernkurve, dass man sich kostenmäßig da der Freiflächen annähert.
Ja, die Unterkonstruktion, die wir verwenden, ist ähnlich wie die der Freifläche. Der einzige Unterschied ist, dass wir das Ganze nicht auf Pfosten, sondern auf Schwimmkörpern installieren. Diese werden direkt verschlossen ausgeliefert. Das heißt, dort treten keine Probleme wegen mangelnder Dichtigkeit auf, da die Technologie robust ist. Und schließlich haben wir im Wettbewerb zur Freifläche an den Ausschreibungen in den Niederlanden teilgenommen und Zuschläge erhalten. Deswegen unterstützen wir, dass Floating-PV aus den Innovationsausschreibungen herausgenommen und in die normale Ausschreibung mit aufgenommen wird. Nur wäre es vorteilhaft, wenn wir eine Anschubfinanzierung hätten, um einen Wettbewerb zwischen den verschiedenen Solaranwendungen zu gewährleisten, zumal wir ja nicht in Konflikt zur Landnutzung stehen und auf keine landwirtschaftlichen Flächen gehen müssen. Hierbei sehen wir eine Erhöhung um einen festen Prozentsatz des Gebotswerts am geeignetsten an – für schwimmende Solaranlagen sollte er auf 30 Prozent festgelegt werden.