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„Energie der Zukunft kommt nicht aus fernen Ländern“

Nicole Weinhold

Vor dem Hintergrund der von der neuen Bundesregierung beabsichtigten Ausbauoffensive für Wind- und Sonnenenergie und den damit verbundenen Herausforderungen hat sich die in Regensburg beheimatete Ostwind Erneuerbare Energien GmbH personell neu aufgestellt. Künftig soll der vormalige Chef der Stadtwerke im niederbayerischen Deggendorf, Christian Kutschker, die solaren und kaufmännischen Aktivitäten von Ostwind in Deutschland leiten. „Die Energie der Zukunft kommt nicht mehr aus fernen Ländern, sondern wird vor Ort erzeugt“, begründet Ostwind-Geschäftsführer Stefan Bachmaier die neue Personalie. „Mit der langjährigen Stadtwerke-Erfahrung von Christian Kutschker und seinem großen kommunalen Netzwerk wollen wir die Verbindung zu unseren Standortgemeinden stärken, deren Erneuerbare-Energie-Potenziale noch effizienter nutzen und gemeinsam die regionale Energiezukunft gestalten“, so Bachmaier.

Immer noch sind viele Gemeinden zurückhaltend, was die erneuerbaren Energien anbelangt. Dennoch sieht der Ostwind-Chef Chancen für eine Win-Win-Situation bei seinem Unternehmen und bei den Stadtwerken oder Kommunen: „Viele Kommunen und Stadtwerke waren und sind durch die Corona-Pandemie extrem gefordert und deshalb in anderen Bereichen vielleicht gerade etwas zurückhaltend. Allerdings nehmen wir schon seit einiger Zeit wahr, dass vor Ort das Interesse an einer regio-
nalen und erneuerbaren Energieversorgung wieder wächst.“ Auch die tragischen und dramatischen Vorgänge in der Ukraine, die sich nicht zuletzt in Form enorm steigender Energiepreise auswirken, forderten die Kommunen und Stadtwerke: Wie können sie ihren Bürgerinnen und Bürger sowie Betrieben langfristig eine bezahlbare und sichere Energieversorgung bieten? Die perspektivische Unabhängigkeit von Energieimporten, ergänzt um die finanziellen Vorteile der Ressourcen Sonne und Wind gegenüber anderen Energieträgern – das seien laut Bachmaier ganz klar große Chancen für die Kommunen und Stadtwerke, die diese jetzt für sich erkannten und die vor Ort gut ankämen – wie etwa der Kommunalbonus.

Er erklärt, worum es Ostwind in erster Linie beim Kontakt zu Kommunen geht: „Es geht uns zu aller erst darum, eine solide Vertrauensbasis und damit die Voraussetzung für eine langfristige Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu schaffen.“ Mit der Perspektive, wie sie ein ausgewiesener Stadtwerkeexperte wie Christian Kutschker einbringe, sei es dem Regenerativunternehmen möglich, Kommunen und Stadtwerke besser zu verstehen und auf ihre besonderen Anforderungen passgenau zu reagieren.

Umdenken durch aktuelle Entwicklung

Christian Kutschker erklärt, wie seine Erfahrung im Umgang mit anderen Stadtwerken bisher aussah: „Da wir unsere künftige Energieerzeugung dezentral aufbauen müssen – nicht nur aus meiner Sicht ist das alternativlos – sehen viele meiner ehemaligen Kolleginnen und Kollegen in kommunalen Unternehmen gerade darin große Chancen für sich.“ Entscheidend sei dabei natürlich, ob die Gesellschafterinnen und Gesellschafter von Stadtwerken das auch wollen. Stadtwerke seien meist im Querverbund aufgestellt und stemmten neben einer leistungsfähigen Infrastruktur im Energie- und Wasserbereich auch defizitäre Geschäftsfelder wie zum Beispiel Bäder oder den ÖPNV. „Die finanziellen Möglichkeiten sind daher begrenzt“, erklärt er, und weiter: „Ich denke aber, dass die aktuellen Entwicklungen wesentlich zum Umdenken beitragen und vor allem dazu, künftig verstärkt in die Wertschöpfungsstufe erneuerbare Erzeugung einzusteigen – alleine oder in Kooperationsmodellen.“

Gleichwohl weht in der Heimat von Ostwind, in Bayern, immer noch ein anderer Wind. Ministerpräsident Markus Söder findet nach wie vor, dass in Bayern kein Wind weht und die 10H-Regelung bestehen bleiben soll. „Solche Aussagen sind auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene kontraproduktiv“, stellt Kutschker klar. „Leider haben wir dadurch wertvolle Zeit für den Umbau der Erzeugungslandschaft verloren. Die jetzt notwendige Energiewende umfasst die Strom-, die Wärme- und die Mobilitätswende und wird in eine Energiezukunft führen, die elektrisch ist. Nur im Zusammenspiel mit den Erneuerbaren werden wir unsere selbstgesteckten Ziele zur Minderung der Treibhausgasemissionen erreichen.“ Es müsse aber auch klar sein, dass die Erzeugung aus erneuerbaren Quellen im Moment noch nicht grundlastfähig sei, da die Einspeisung aufgrund der Jahreszeiten und des Wetters fluktuiere. Daher brauche man einerseits einen Erzeugungsmix – auch in Bayern mit Wind – und andererseits Speicher, um Dunkel- oder Windflauten überbrücken zu können. Das sei technisch machbar und man solle das endlich tun, in Bayern, in Deutschland, in Europa und weltweit.

Doch wie schnell werden Kommunen sich jetzt für Erneuerbare öffnen können? „Wir alle erleben gerade, wie verwundbar wir sind, und spüren die Abhängigkeit sehr leidvoll – etwa beim Tanken oder Heizen mit täglich neuen Preisrekorden“, so Kutschker. Man habe 2021 immerhin 19,4 Milliarden Euro für den Import von Erdgas und Erdöl aus Russland ausgegeben, fossile Rohstoffe kommen oft aus instabilen Ländern. „Längst hätten wir mit diesem Geld unsere Energiezukunft umbauen und sicherer gestalten können. Erneuerbare Energien machen uns unabhängig, lassen die Wertschöpfung im eigenen Land und schaffen neue Arbeitsplätze. Ich bin überzeugt, dass viele Kommunen und Landkreise deswegen jetzt umdenken.“ Da die finanziellen Ressourcen aber endlich seien, würden Kooperationen der Schlüssel zum Erfolg sein. Im Zusammenspiel mit Kommunen, mit Projektentwicklerinnen und -entwicklern wie Ostwind und mit Bürgerbeteiligungsmodellen sieht der Ex-Stadtwerke-Chef hier erfolgversprechende Lösungsansätze.

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