Laut einer Studie des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) sind in Deutschland 54 Prozent der Fläche bis 2050 für oberflächennahe Niedertemperatur-Aquiferspeicher gut bis sehr gut geeignet.
Ein Aquifer ist eine grundwasserführende Gesteinsschicht. Deren poröse Struktur führt dazu, dass Aquifere Wasser speichern und leiten können. Über Bohrungen kann das Wasser entnommen und zurückgeführt werden. Dies ermöglicht, dass hier die im Sommer gewonnene Wärme aus erneuerbaren Energien oder auch Abwärme gespeichert und zur Wärmeversorgung im Winter genutzt werden kann. Aquiferspeicher lassen sich gut mit Wärmenetzen und Wärmepumpen kombinieren, was Vorteile für die Effizienz und Einbindung in bestehende Energiesysteme hat.
Dass im Berliner Südosten passende geologische Bedingungen für einen Aquiferspeicher vorliegen, hat das Geoforschungszentrum Potsdam bereits durch eine Erkundungsbohrung festgestellt. Jetzt folgt die Umsetzung: Ein rund 400 Meter tiefer und mit einem innovativen Wärmepumpensystem kombinierter Aquiferspeicher soll zukünftig vermehrt Fernwärme aus erneuerbarer Energie liefern.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz fördert das „GeoSpeicherBerlin“ genannte Vorhaben im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung mit rund zwölf Millionen Euro. Der Energieversorger BTB, eine 100-prozentige Tochter von Eon, führt das Projekt gemeinsam mit dem Geoforschungszentrum Potsdam und der Technischen Universität Dresden durch.
Erneuerbare Wärme ersetzt Kohleenergie
Momentan versorgt ein Fernwärmenetz die Wohn- und Gewerbequartiere im Berliner Südosten mit Wärme. Diese stammt zu rund 60 Prozent aus erneuerbarer Energie und wird vom Holzheizkraftwerk Berlin-Neukölln geliefert, das im Winter unter Volllast läuft. Gas- und Kohleheizkraftwerke sorgen für die restliche benötigte Wärme. In den Anlagen kommen fossile Brennstoffe zum Einsatz, deren Anteil mit „GeoSpeicherBerlin“ reduziert werden soll.
Bereits heute könnte mit dem im Sommer durchgehenden Betrieb des Holzheizkraftwerks eine erhebliche zusätzliche Menge an Wärme für den Winter bereitgestellt werden. Allerdings fehlen dazu bisher die Speichermöglichkeiten. Aus diesem Grund errichten die Projektpartner am Standort des Heizkraftwerks Berlin-Adlershof im Verbund mit dem Holzheizkraftwerk Berlin-Neukölln jetzt einen Aquiferspeicher. Ein Viertel der Wärme, die momentan noch aus dem Steinkohleheizkraftwerk Berlin-Schöneweide stammt, kann mit dem Aquiferwärmespeicher im Winter eingespart und durch erneuerbare Energie aus dem Sommer ersetzt werden. Dadurch werden rund 10.000 Tonnen CO2 pro Jahr vermieden. Laut BTB kann so gemeinsam mit anderen Projekten der Kohleeinsatz beendet werden. Bei Erfolg wird die Anlage mit einer Speicherkapazität von über 30 Gigawattstunden Deutschlands größter Wärmespeicher.
Aquiferspeicher lassen sich gut mit Wärmenetzen und Wärmepumpen kombinieren.
Wärme aus dem Sommer für den Winter
Für den Wärmespeicher in Berlin werden zwei mehrere Hundert Meter voneinander entfernte Bohrungen benötigt. Über die erste Bohrung kann Aquiferwasser entnommen und im Sommer erhitzt werden. Mit der zweiten Bohrung wird dieses zur Wärmespeicherung wieder in den Untergrund gepumpt. Im Winter wird das heiße Aquiferwasser in entgegengesetzter Richtung wieder hochgepumpt. Die Wärme kann dann direkt über einen Wärmetauscher als auch indirekt mit einem Wärmepumpensystem im Fernwärmenetz genutzt werden. Das auf Gesteinstemperatur abgekühlte Wasser wird über die erste Bohrung wieder der Aquiferschicht zugeführt.
Großwärmepumpen für Speicherkapazität
Üblicherweise werden Aquiferspeicher mit niedrigen Temperaturen von unter 40 Grad Celsius betrieben. In dem kürzlich gestarteten Vorhaben wollen die Fachleute im 400 Meter tiefen Aquifer zum ersten Mal Wasser auf Hochtemperaturniveau bis zu 95 Grad Celsius speichern. Das gespeicherte heiße Aquiferwasser soll zur Wärmeversorgung genutzt und so im Winter auf bis zu 20 Grad Celsius abgekühlt werden. Möglich macht dies eine Großwärmepumpe. Diese nutzt die gespeicherte Wärme als Wärmequelle und hebt die Temperaturen auf ein für das Fernwärmenetz geeignetes Temperaturniveau an. Dadurch wird der Speicher vollständig entladen. Somit treten bei der kalten Bohrung keine Wärmeverluste auf. Die oft über 25 Prozent Betriebswärmeverluste will das Team durch diesen Prozess auf unter zehn Prozent reduzieren.
Kälteanlagen als Wärmelieferanten
Neben der Wärme aus dem Holzheizkraftwerk beziehen die Expertinnen und Experten auch Niedertemperaturwärme aus bestehenden Kälteanlagen in die saisonale Speicherung mit ein. Die Kälteanlagen werden zur Raumklimatisierung in Unternehmen in der Nähe eingesetzt. Die unvermeidbare Abwärme der Kühlsysteme mit Temperaturen von weniger als 40 Grad Celsius fällt bei der Kälteerzeugung im Sommer an. Die Wärme kann bei der Speicherbeladung als Vorwärmung dienen. Die Vorteile: Diese Energie muss nicht zusätzlich erzeugt werden und der Betrieb der Kälteanlagen wird effizienter. Dadurch kann elektrische Energie bei der Kälteerzeugung eingespart werden.
Umsetzung auch in anderen Quartieren
Die Projektpartner in Berlin errichten den saisonalen Hochtemperatur-Aquiferspeicher unter typischen geologischen Bedingungen Norddeutschlands. Von den hier gesammelten geothermischen Erkenntnissen können Stadtwerke, Fernwärmenetzbetreiber und Energieversorger in anderen Quartieren Norddeutschlands profitieren. Die anlagentechnischen Erkenntnisse zu Großwärmepumpen-Systemen können auf ganz Deutschland übertragen werden.
„GeoSpeicherBerlin“ wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als sogenanntes Reallabor der Energiewende gefördert. Dieses Förderformat ermöglicht es, innovative Technologien in der praktischen Anwendung, unter realen Bedingungen und im industriellen Maßstab zu testen. Nähere Informationen liefert die vom Projektträger Jülich betreute BMWK-Seite www.energieforschung.de.