Wenn es darum geht, den Kauf oder Verkauf eines Windparks zu prüfen, nutzen Sie die technische und wirtschaftliche Due Diligence – ein Instrument aus der Finanz- und Investmentwirtschaft. Was bewirkt dieses Instrument?
Peter Spengemann: Eine Due Diligence ist kein fester Prozess, der einmal aufgesetzt und abgeschlossen wird sondern eigentlich eine permanente und projektbezogene Prüfung der vorliegenden Informationen und Projektinhalte. Ob ich das Kind nun Due Diligence oder aber Projektprüfung nenne ist eigentlich unerheblich. Jeder Projektentwickler übernimmt bereits diese Tätigkeiten, entweder fortlaufend für das interne Controlling, spätestens aber im Rahmen der Projektfinanzierung. Zielsetzung ist es, die wesentlichen Risiken des Projektes zu erkennen und abzusichern und auch alle notwendigen Projektinhalte zu sammeln und ordentlich aufzubereiten, sei es zur Information der finanzierenden Bank oder einen späteren Verkauf des Projektes.
Eine Due Diligence für einen Verkauf oder Einkauf eines Windparks ist oftmals auch die Zusammenfassung dessen, was bis dahin mit dem Windpark schon geschehen ist.
Die richtige Datenbasis ist entscheidend, sagen Sie. Was ist gemeint?
Peter Spengemann: Hiermit sind zwei Sachen gemeint. Erstens die Vollständigkeit und auch Qualität der vorliegenden Daten für eine vollständige Bewertung und aber ein paar Eigenheiten, die insbesondere in der internationalen Projektentwicklung zu beachten sind.
Anders als in Deutschland muss in ausländischen Märkten bereits im Rahmen der Finanzierung meist immer ein externer Experte den Windpark begutachten und im Rahmen einer Due Diligence bewerten. Hierzulande können die Banken aufgrund ausreichender Erfahrung mit dem Windenergie-Geschäft die Projekte auch intern prüfen. In beiden Fällen gilt, es ist dann ein vollständiges und umfassendes Informationsbild zu dem Projekt erwarten. Das bedeutet man arbeitet bereits hier mit einem fertig geordneten Datenraum und wenn möglich vollständiger Informationslage und es gibt klare Regeln und Vorgehensweisen wie das Projekt geprüft und bewertet wird.
Ist das gegeben, steigert man mit einer guten Datenhaltung und professionellem Vorgehen auch die Werthaltigkeit des Projektes.
In einem Seminar zu technischer und wirtschaftlicher Due Diligence am 22. September des Bundesverband Windenergie erklären sie auch, warum Sie hierfür „Kostenmodelle“ zur Berechnung der Wirtschaftlichkeit und zur Wertermittlung beim Verkauf mit einbeziehen. Warum?
Peter Spengemann: Gemeint sind hier die Wirtschaftlichkeitsberechnungen, weniger allgemeine Kostenmodelle. Allgemeine Kostenstudien helfen bei einer konkreten Projektprüfung meist genauso wenig weiter wie Aussagen zur Marktüblichkeit oder irgendwelche Kostenszenarien. Jeder Partner oder Investor hat am Ende seine eigene Wirtschaftlichkeitsberechnung und damit auch ein Kostenmodell implementiert. Dieses gilt es dann zu verifizieren oder mit Fakten zu untermauern.
Genügen solche individuellen Kostenannahmen auch in Zeiten mit Unwägbarkeiten wie im derzeitigen Ukrainekrieg?
Peter Spengemann: Das ist wirklich eine schwierige Frage. Für das konkrete Projekt, in dem aktuell ein Betriebszeitraum von 25 bis 30 Jahren vorgesehen ist und gegebenenfalls noch weitere Entwicklungszeit bis zur Inbetriebnahme eingeplant werden muss, sind diese Ereignisse erst einmal irrelevant für die konkrete Wirtschaftlichkeit. Der Ukrainekrieg lässt sich so schon schwer begreifen, geschweige denn in Zahlen fassen. Natürlich generieren sich aus solchen Ereignissen aber auch immer übergreifende Probleme, zum Beispiel Stahllieferungen, eventuell neue Bewertungen von Windenergiemärkten, Auswirkungen auf die Lieferbarkeit der Anlagen und so weiter. Das betrifft aber nun nicht nur den Krieg in der Ukraine sondern auch sonstige politische Spannungen weltweit. Aber in der direkten Projekt-Due-Diligence ist dieses Thema nicht enthalten. Sie, die Due Diligence, bewertet das Projekt rechtlich, wirtschaftlich und technisch, aber nicht das Geschehen im Hintergrund. Generell gilt aber, dass durch den Krieg in der Ukraine für viele Akteure ein großer und wichtiger Markt erst einmal weggebrochen ist.
Gibt es überhaupt den optimalen Zeitpunkt für Verkauf oder Kauf eines Windparks?
Peter Spengemann: Diese Frage kann nicht pauschal beantwortet werden. Im Grundsatz werden die meisten Verkaufsprozesse vor Inbetriebnahme angestoßen und der Windpark in einem Zeitraum kurz nach der Inbetriebnahme veräußert. Das hat auch praktische Gründe. der Investor will zum Beispiel das Baurisiko bei den Projektentwicklern belassen, auf vollständige Projektinformationen zugreifen und gerne das Projekt über die gesamte Laufzeit betreiben. Die Verkaufenden wiederum wollen vermeiden, das gesamte Wind- und Ertragsrisiko zu tragen. Bei einem ein bis zwei Jahre alten Projekt wäre das aber das Fall. Bei in Betrieb befindlichen Projekten, bei Post-EEG- oder auch bei der Akquise möglicher Repowering-Projekte werden die Karten natürlich anders gemischt.
Das Online-Seminar Technische und wirtschaftliche Due Diligence des Bundesverband Windenergie findet am 22. September statt. Mehr Infos hier.
Das Interview ist der zweite Teil eines Gesprächs mit Peter Spengemann. Lesen Sie Teil 1 im aktuellen Heft unseres Magazins. Derzeit können Sie diesen Artikel zudem ausnahmsweise frei zugänglich hier lesen.