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Glosse

Besteuert uns!!!

Keine Frage, die hohen Kosten bei Strom und Gas machen allen das Leben schwer. Und es müssen Lösungen gefunden werden, wie gerade denen, denen sowieso zu wenig Geld zur Verfügung steht, geholfen werden kann. Direkte Zuwendungen an die Bevölkerung und steuerfreie Zahlungen durch Unternehmen analog zu den Corona-Hilfen hat die Bundesregierung bereits möglich gemacht. Das ist gut, aber auch teuer für den Fiskus. Nun sollen die Strom- und Gaspreise gesenkt werden. Das soll damit finanziert werden, dass Zuflüsse bei den Erneuerbaren, die deutlich höher sind als in den Jahren zuvor, ab einem bestimmten Betrag abgeschöpft werden. Die Formel „Anzulegender Wert plus 3 Cent plus Inflationsausgleich“ deutet aber schon an, dass das Ganze kompliziert zu werden droht.

Außerdem werden alle Verträge, mit denen sich Betreibergesellschaften absichern wollten, nicht mehr möglich sein. Also keine PPA, keine SWAP, kein gar nichts. Auch alle Anstrengungen der letzten Monate, schnell und effektiv auf die Preissteigerungen zu reagieren und deshalb zu investieren (etwa in die Eigenversorgung), sind außerdem für die Katz. Mit anderen Worten, alle Bemühungen der Betreiber das zu tun, was seit Jahren von ihnen gefordert wird und was jetzt wirtschaftlich sinnvoll wäre – nämlich am Markt aktiv zu werden –, sind mit einem Schlag zunichte gemacht. Hinzu kommen massive Preissteigerungen auf allen Ebenen, von denen derzeit keiner weiß, wie sie zu stoppen sind. Und dann weht auch noch kein Wind.

Es mag auch unter den Erneuerbaren Kolleg/innen geben, die das alles für normale unternehmerische Risiken halten, mit denen Betreiber heute leben müssen. Immerhin hat man jahrelang von Festpreisen profitiert. Man könne doch auch mit den 10 bis 13 Cent pro kWh, die bei vielen Betreibern künftig unter der Abschöpfung eingenommen werden, ganz gut leben, wenn‘s doch vorher, damals in den normalen Zeiten, eben nur 8,5 bis 10 Cent pro kWh gewesen sind und es auch gereicht hat.

Wer so redet, hat freilich nicht genau hingesehen. Denn die heutige Preisrally am Strommarkt, die rasant steigenden operativen Kosten und die strukturellen Veränderungen im Markt gehen auf gewollte Marktmechanismen zurück, die nicht geändert werden sollen. Damit umgehen könnten die Betreiber nur dann, wenn sie freiere Hand bekommen, auch bei der Gestaltung und Vermarktung ihrer Stromproduktion. Das wird ihnen gerade aus der Hand genommen, zugleich müssen sie mit Kostensteigerungen rechnen, deren Ende sie derzeit nicht absehen und die sie nicht eingrenzen können. Also Erlöse werden beschnitten, Kosten aber nicht? Was hat das mit unternehmerischem Risiko zu tun?

Das wäre anders, wenn die Regierung sich dazu entschieden hätte, die Sondersteuer für die Betreiber energieerzeugender Anlagen auch bei den Erneuerbaren anzuwenden. Also normale Gewinnversteuerung mit Aufschlag für Gewinne ab einer bestimmten Höhe. Das könnte und sollte schon für das Jahr 2022 greifen, was nicht nur rechtssicherer wäre, sondern auch zu hohen Steuerzuflüssen führen würde – erst recht für 2023. Zugleich könnten die Windparks Kostensteigerungen anders kompensieren und sich zugleich aktiv am Markt bewegen. Was dann übrig bleibt, soll besteuert werden. Beispiele aus anderen Branchen, in denen auf die Besteuerung gesetzt wurde, die dann nicht griff, weil auf einmal alle Unternehmen deutlich weniger Gewinn machten als erwartet, sind kein Argument. Nicht einmal die Zeitverzögerung, die bei der Versteuerung hinzunehmen ist, ist wirklich relevant.

Denn zum einen lässt sich die Wirtschaftlichkeit von Unternehmen prüfen, zum anderen braucht auch niemand irgendwen mit populären, aber ziemlich falschen Begriffen wie „Zufallsgewinnen“ zu veräppeln – was der kleine Betriebswirtler und die kleine Betriebswirtlerin schnell erklären könnten. Um es nochmal zu wiederholen: Besteuert uns, aber verkauft uns und alle anderen nicht für dumm. Und hört auf die Erneuerbaren zu gängeln. (nw)

 Autor: Walter Delabar, einer der beiden Geschäftsführer von REZ, die die Betriebsführung von Wind- und Solarparks übernehmen.