Aktueller Stand und Perspektiven der Finanzierung und Direktvermarktung erneuerbarer Energien sind am 25. und 26. März 2025 das Thema in der BWE-Fachkonferenz in Berlin. Jörg-Uwe Fischer, Structured Finance bei der Nextwind Management GmbH, erklärt, was auf Planer zukommen könnte.
Inwiefern wirken sich veränderte globale Rahmenbedingungen auf die Finanzierung aus?
Jörg-Uwe Fischer: Die Akteure sind ja gehalten, vorausschauend für 20 Jahre ein Gefühl zu entwickeln, wie sich die Rahmenbedingungen für das finanzierte Projekt entwickeln werden. Und das fällt natürlich bei so großen Veränderungen wie der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten besonders schwer. Wir haben zuletzt schon gesehen, durch den Ukrainekrieg, durch die Corona-Pandemie, etc. welche Auswirkungen solche Ereignisse auf Lieferketten, Lieferzeiten, Preise und dergleichen haben und welche Marktverwerfungen es mit sich bringt. Das macht es für die Finanzierung zusätzlich schwer. Man hat immer weniger Planungssicherheit und braucht zur Kompensation immer mehr Risikopuffer. Das wiederum bedeutet, die Finanzierung dürfte entweder teurer werden oder es wird weniger Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden. Das heißt, wenn in der „alten Welt“ 90/10 (Fremdkapital zu Eigenkapital) finanziert wurde, dann wird in Zukunft, wenn die Risiken weiter deutlich zunehmen, vielleicht nur mit 85/15 oder 80/20 finanziert. Die Differenz brauchen die Finanzierer dann als Risikopuffer für künftige Unsicherheiten oder um reale Fehlentwicklungen zu kompensieren.
Das wiederum schließt dann den einen oder anderen Marktteilnehmer aus.
Jörg-Uwe Fischer: Es bringt den einen oder anderen Marktteilnehmer an seine finanzielle Leistungsgrenze und führt dann automatisch zum Ausscheiden, wenn er diese Hürde nicht anderweitig überspringen kann.
Und insgesamt führt das zu einer Bremsung des Marktausbaus?
Jörg-Uwe Fischer: Da wäre ich vorsichtig. Immer wenn Marktteilnehmer ausscheiden, gibt es andere, die davon profitieren. In Summe sind die Rahmenbedingungen, was die Genehmigung neuer Anlagen betrifft, in den letzten Monaten und Jahren durch die Regierung sehr positiv weiterentwickelt worden. Man sieht gerade, dass die Maßnahmen zu wirken beginnen. Wir haben immer mehr neue Neugenehmigungen in immer kürzerer Zeit. Die Frage wird am Ende sein: Kriege ich für diese neu genehmigten Projekte eine solide Wirtschaftlichkeit mit einkalkulierten Unsicherheiten dargestellt? Und wenn das funktioniert und es Akteure gibt, die diese höheren Eigenkapitalanteile akzeptieren, wird die Bremse auch überschaubar bleiben. Aber es muss natürlich einen Rahmen geben, der auch in Zukunft verlässlich ist - und der von der Komplexität her so ausgestaltet ist, dass die Akteure mit einem begrenzten Rahmen an Mehraufwand damit umgehen können.
Theoretisch könnten Staaten aus Verunsicherung wegen der neuen politischen Lage in den USA versuchen, schneller unabhängig zu werden von Energieimporten aus dem Ausland, zum Beispiel falls der kommende US-Präsident Trump die US-Gelder für die Ukraine streicht und weitere Staaten in Gefahr geraten, von Russland angegriffen zu werden. Oder?
Jörg-Uwe Fischer: Das würde für mich bedeuten, wir müssten den Ausbau der Erneuerbaren noch stärker pushen und dafür sorgen, dass neue Flächen zur Verfügung stehen. Und wir müssten auf der anderen Seite ein Marktdesign schaffen, in dem ein wirtschaftlicher Betrieb all dieser neuen Anlagen langfristig gut kalkulierbar und zu betreiben ist. Ich will dabei nicht von andauernder Förderung reden, aber wir brauchen ein verlässliches Marktdesign, in dem man die Anlagen auf lange Sicht wirtschaftlich betreiben kann.
Wie beurteilen Sie PPAs im Vergleich zum Marktpreis in der Finanzierungspraxis?
Jörg-Uwe Fischer: Grundsätzlich positiv, wenn die PPA-Preise so sind, dass man diese Anlagen damit wirtschaftlich betreiben kann. Wir haben halt inzwischen wieder Marktpreise, die PPA-Preiss nach sich ziehen, die dies nicht ermöglichen. Die Marktpreise sind aktuell niedriger als von vielen erhofft. Deswegen sind die PPA-Preise für viele uninteressant. Deswegen ist das PPA-Geschäft für neue Anlagen gerade sehr überschaubar. Wenn sich die Ausschreibungsmengen oder die Ausschreibungspreise rückläufig entwickeln, wären PPAs immer eine Alternative dazu, um neue Anlagen zu bauen. Aber dann braucht es halt die Kompensation zwischen gestiegenen Gestehungskosten auf der einen Seite und dem verfügbaren PPA-Preis auf der anderen Seite.
Als Banker hätten Sie vielleicht vor ein paar Monaten noch gesagt: Beim besten Willen können wir nicht die Preise machen, die sich hier die Planer oder die Altbetreiber für PPAs vorstellen. Auf der anderen Seite sehen Sie jetzt, dass es auch für die Planer und Betreiber kaum möglich ist, die Projekte weiter zu betreiben, wenn der Kilowattstundenpreis zu gering ist.
Jörg-Uwe Fischer: Bestandsanlagen nach Ablauf der EEG-Förderung über die nächsten Jahre von Jahr zu Jahr weiterlaufen zu lassen mit einem PPA, solange sie technisch noch arbeitsfähig sind: Das funktioniert, weil diese in der Regel keine Finanzierungskosten mehr bedienen müssen. Es geht nur um die reinen Betriebskosten, die aus dem PPA gedeckt werden müssen. Und das ist zu heutigen Marktpreisen bei den meisten Anlagen noch sehr gut möglich. Aber diese Marktpreise erlauben es nicht, eine Fremdfinanzierung zusätzlich mit an Bord zu nehmen, die mit Zinsen und Tilgung bedient werden muss.
„Finanzierung und Direktvermarktung
Erneuerbare Energien“
Am 25. und 26. März 2025 geht es in einer BWE-Fachkonferenz in Berlin um den aktuellen Stand und Perspektiven der Direktvermarktung erneuerbarer Energien.
Auch Jörg-Uwe Fischer wird dort als Referent erwartet.
Infos und Anmeldung hier.