Die Location war schon schön gewählt: VSB Neue Energien Deutschland hatte zu den Windimpulse 2017 ins Museum für Industriekultur auf dem Piesberg in Osnabrück geladen. Wie die rund 60 Gäste dann von Museumsdirektor Rolf Spilker erfuhren, gehörte das historische Gebäude zu einem Steinkohlebergbau. Die Zeiten ändern sich: Durch die alten Fenster kann man nun moderne Windturbinen drehen sehen. Osnabrücks Bürgermeister Burkhard Jasper schilderten, wie die Umgestaltung der ehemals zerrütteten Abbaulandschaft gelang. Heute laden Wanderwege zur Besichtigung der Spuren alter und neuer Energien ein. Jaspers erwies sich zudem als echter Fan der Erneuerbaren. Er berichtete von der erfolgreichen Umsetzung eines Solardachkatasters, nach dem immerhin 19 Megawatt auf Dächern im Landkreis verbaut wurden.
Markus Brogsitter, Geschäftsführer von VSB Neue Energien, lobte den Standort Osnabrück dann ebenfalls. Das Unternehmen für die Planung von erneuerbaren Energien hatte dort im vergangenen Jahr ein Regionalbüro eröffnet. VSB mit Hauptsitz in Dresden ist mit Windparkprojekten in Deutschland und international, vor allem Frankreich, aktiv. Das Unternehmen beschäftigt sich auch viel mit Repowering, also dem Austausch alter durch neue Windenergieanlagen, sowie mit Fragen des Rückbaus nach Ende der Lebensdauer einer Anlage.
Im Rahmen der von Annette Nüsslein, Windconsultant, und Nicole Weinhold, Erneuerbare Energien, moderierten Podiumsdiskussion sprach Peter Neumann, Leiter des neuen VSB-Regionalbüros in Osnabrück, dem Repowering eine große Bedeutung zu. Er verwies dabei auf das hohe Alter viel Anlagen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein und den begrenzten Platz für die Windkraft. Hintergrund: Die Landesregierung geht davon aus, dass in Niedersachsen bis zum Jahr 2050 mindestens 20 Gigawatt (GW) an Windkraftleistung an Land realisiert werden können, was mit einem Flächenbedarf von voraussichtlich mindestens 1,4 Prozent der Landesfläche einhergeht. Rund 4.000 Anlagen sind erforderlich, wenn man von einer künftigen Anlagengeneration mit einer durchschnittlichen Leistung von fünf Megawatt ausgeht, um die geplanten 20 Gigawatt in Niedersachsen zu erreichen.
Christoph Schmidt-Eriksen, Referatsleiter Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Speicher im Niedersächsischen Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz, wies im Rahmen der Windimpulse darauf hin, dass für Repowering die Anreize fehlen: Der ehemalige Bonus für Repowering ist aus dem EEG gestrichen worden. Sein Tipp: Gemeinden könnten das Thema planungsrechtlich steuern, indem sie Flächen für Repowering ausweisen. Ein Problem sei auch, dass oft dort nicht mehr gebaut werden kann, wo der alte Windpark stand, weil zu Beispiel die Anlagen jetzt höher sind und dadurch mehr Abstand zur Wohnbebauung benötigen.
Zuvor ging es auf dem Podium auch um das Thema Akzeptanz. Zum Verständnis: Niedersachsen verfügt über ein maximales Flächenpotenzial von knapp 20 Prozent der Landesfläche, welches für die Windenergie theoretisch in Frage kommt. Weiche Tabuzonen hinzu genommen würden dafür sorgen, dass höchstens 0,6 Prozent der Landesfläche vermeintlich konfliktfrei sind. Auf diesem Rest könnte es weitere konkurrierende Nutzungs- bzw. Schutzbelange (z. B. des Artenschutzes oder der Flugsicherung) geltend mache. Das heißt, konfliktfreie Flächen für die Windenergienutzung gibt es nicht. Die Herausforderung ist entsprechend groß. Praktisch jede Windparkplanung wird durch eine Bürgerinitiative verhindert oder verzögert.
Frank Mattioli, Referent für transdisziplinäre Kommunikation und Marketing am Energie-Forschungszentrum Niedersachsen (EFZN) in Goslar, sprach sich in dem Zusammenhang für eine neue Beteiligungskultur aus. Er verwies auf das Dialogforum niedersächsische Energietage, in dem zunächst gefragt wurde, wie überhaupt die Wünsche und Interessen der Bürger aussehen. "Da fangen wir an zu lernen", so Mattioli. Bürger müssten rechtzeitig ins Boot geholt werden. Dem schlossen sich alle Diskutanten an. Lothar Nolte, Geschäftsführung der Klimaschutz- und Energieagentur Niedersachsen, betonte in dem Zusammenhang, dass die Energiewende besser kommuniziert werden müsste. Die positiven Aspekte und Vorteil für Anwohner und Gemeinden müssten besser bekannt sein.
Die Unzufriedenheit der Bürger durch die Kosten der Energiewende thematisierte Alexander Sewohl, Referent/Fachgebietsleiter in der Stabsstelle für Erneuerbare Energien beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Sewohl betonte in diesem Zusammenhang, dass in Berlin zunehmend Alterativen zum jetzigen Umlagekonzept diskutiert würden. Ziel sei dabei, die steigenden Kosten der erneuerbaren Energien durch das EEG gerechter zu verteilen.
Zudem ist es oftmals hilfreich, wenn Anwohner an den Gewinnen eines Regenerativprojekts beteiligt werden. In Mecklenburg-Vorpommern hat Wirtschaftsminister Christian Pegel eine bis zu 20-prozentige Beteiligung als Pflicht für jeden neuen Windparks konzipiert. Diese Maßnahme hält Sewohl nicht für sinnvoll, zumal sie durch höhere Kosten Wettbewerbs-Nachteile bei den Ausschreibungen bedeutet. Inzwischen gibt es hier eine Reihe anderer Konzepte, etwa die Möglichkeit zum vergünstigten Strombezug für Windparkanwohner.
Am Ende waren sich die Podiumsteilnehmer aber einig, dass die Zustimmung zur Energiewende insgesamt immer noch sehr hoch ist. Damit das so bleibt, müssen Transparenz und Kommunikation weiter ausgebaut werden.
(Nicole Weinhold)