„Die Geschwindigkeit, mit der neue Vorschriften erlassen und bestehende geändert oder aufgehoben werden, ist […] atemberaubend und für die Rechtsanwender kaum noch nachvollziehbar. Besonders die Energiewende ist ein zuverlässiger Lieferant [hierfür].“
Ampel hat Dynamik ins Energierecht gebracht
Mit diesen Worten begrüßt Professor Korbmacher, Präsident des Bundesverwaltungsgerichts, seine Leser im Vorwort zum aktuellen Leipziger Jahresbericht. Tatsächlich brachte die Ampelregierung eine erstaunliche Dynamik in das Energierecht. Mit dem Wind-an-Land-Gesetz etwa schuf sie einen ausgeklügelten Mechanismus, der den Windenergieausbau in Regionen garantieren sollte, die ihrer Verpflichtung zur Ausweisung von Vorrangflächen nicht nachkommen. Die Folge war eine erfreulich hohe Zahl an Vorbescheidverfahren in bisher kaum für die Windenergie erschlossenen Gebieten. Schade daher, dass hiervon insbesondere der – politisch hoch engagierte – Hochsauerlandkreis betroffen war. Der dortige Direktkandidat Friedrich Merz sprach in der ARD von einem „Wildwuchs der Windenergie“. Sein SPD-Kontrahent veröffentlichte ein Statement, laut dem ein „Missbrauch“ von Vorbescheidverfahren „über die eigentliche Intention“ des Gesetzes hinaus zu beobachten sei. Die Regierung gab nach. Man einigte sich auf den neuen Paragrafen 9 Absatz 1a Satz 2 Bundes-Immissionsschutzgesetz, der Vorbescheidverfahren für bauplanungsrechtliche Fragen weitgehend verunmöglicht. Tausende Projektierer mit ausstehenden Anträgen haben das Nachsehen.
Belastung durch negative Strompreise
Dann der zweite Schlag. Mit dem „Solarspitzen-Gesetz“ wurde vereinbart, dass eine Vergütung für erneuerbaren Strom gemäß Paragraf 51 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) künftig entfallen soll, wenn der börsengehandelte Strompreis für kurze Zeit unter null fällt. Von der Tatsache abgesehen, dass das EEG-Konto nicht erst durch negative, sondern bereits durch niedrige Börsenpreise belastet wird, was dem Gesetz einen tendenziell populistischen Anstrich verleiht, überrascht hieran, dass erst zum Januar 2023 eine schrittweise Reduzierung der Vergütung beschlossen worden war. Hierdurch solle, so war in der Plenardebatte zu hören, ein Anreiz für die Integration von Speichertechnologien geschaffen werden. Zu übersehen schienen die Verantwortlichen, dass der Zubau von Großspeichern inzwischen rasant an Momentum gewonnen hatte. Den Anreiz hierfür schufen gerade die stark schwankenden Börsenpreise. Doch anstatt solche Technologien zu stärken, wurde ihr Ausbau durch das Solarspitzen-Gesetz gehemmt und die Verantwortung auf Energieerzeuger übertragen, die ein gänzlich anderes Geschäftsmodell verfolgen.
Beinahe zynisch: Der Entwurf für das Gesetz brüstete sich wiederholt damit, der UN-Resolution zur Erreichung einer „bezahlbaren, verlässlichen und nachhaltigen Energie für alle“ dienen zu wollen. Dass das Verspielen von Klimaschutzzielen volkswirtschaftliche Kosten reduziert oder nachhaltiges Wirtschaften fördert, kann allerdings bezweifelt werden.