Ab 2018 sollen jährlich 400 Megawatt bei technologieoffenen Ausschreibungen an Photovoltaik- und Windkraftanlagen an Land vergeben werden. In Spanien gibt es sie bereits, dort hat Photovoltaik nicht ein einziges Projekt gewonnen. Herr Muders, ist PV chancenlos?
Herbert Muders: Die Solarenergie hat noch eine große Zukunft vor sich. Auch in Deutschland. Ich habe früher in meinen Potenzialbetrachtungen eingeschätzt, dass pro Einwohner in Deutschland ein Kilowatt Solarenergie installiert sein wird. Inzwischen sehe ich, dass dieser Wert höher angesetzt werden kann. Mittelfristig werden Erzeugungskosten zwischen 4 und 6 Cent pro Kilowattstunde (Ct/kWh) bei PV möglich sein.
Bei Wind nutzen wir ein Referenzertragsmodell. Dies zeigt deutlich, dass die Windstromproduktionskosten im Norden mit 4 bis 5 Ct/kWh deutlich günstiger sind als im Süden mit 5,5 bis 7 Ct/kWh. Entsprechend kann man ableiten, dass die Erzeugungskosten sich weiter angleichen und es eher in die Standortfrage mündet, die differenzierter über die tatsächlichen Kosten entscheidet.
Ich verfolge immer noch die Philosophie, dass wir in Deutschland dahin kommen müssen, den Strom dort zu erzeugen, wo wir ihn verbrauchen und so die Netzausbaukosten, ebenso wie unnötige Eingriffe in den Naturraum zu reduzieren. Deswegen meine ich, dass der Ausbau in Mitteldeutschland weiter forciert werden sollte.
Werden Sie an den Ausschreibungen teilnehmen?
Das hängt von unseren Projekten ab, aber ich nehme es mir auf jeden Fall vor. Es gibt hier sehr interessante Standorte.
Sind die nachgebesserten Windausschreibungen Ihrer Meinung nach ausreichend?
Heute ist es so, dass die bezuschlagten Bürgerenergieprojekte eine hohe Unsicherheit ins System bringen. Ob und wann diese Projekte jemals eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erhalten, ist ja völlig offen. So ist eine solide Planung von 2.800 MW Zubau nicht umsetzbar.
Verbesserungsvorschlag?
Am Einfachsten wäre folgendes Vorgehen: hat eine Bürgerenergiegesellschaft in Ausschreibung 1 einen Zuschlag ohne BImSchG erhalten, wird ihr Ausschreibungsvolumen in dieser Runde noch nicht berücksichtigt, sondern erst in jener, sobald sie die BImSch erhalten hat. Das bedeutet: in der Ausschreibung 1 wird das Zuschlagsvolumen entsprechend erhöht, in jener Runde bei Erhalt der BImSch wieder abgezogen. Damit kann der Ausbaupfad wieder verlässlich gesteuert werden.
Auch erlaube ich mir einen weiteren Verbesserungsvorschlag: Insgesamt kämpfen wir mit immer neuen Vorgaben, so dass alle Beteiligte sich immer wieder in sehr kurzen Abständen, auf neue Rahmenbedingungen einstellen müssen. Hier wünsche ich mir Verlässlichkeit.
Wo gibt es bei den Solarausschreibungen Nachbesserungsbedarf?
Erstens wünschen wir uns auch bei Solar ein Referenzertragsmodell. Damit wäre auch ein Zubau in jenen Regionen mit etwas weniger Einstrahlung möglich. Auch würden wir damit den Flächendruck in den Regionen höchster Einstrahlung reduzieren.
Zweitens würden wir gerne stärker mit den Projekten in die regionale Regenerativ-Stromvermarktung gehen. Dies auch in Kombination mit größeren Anlagen , die bei einer Integration lokaler Versorgungsaufgaben auch die Netze entlasten können.
(Interview: Nicole Weinhold)