Bundesverband Windenergie (BWE) hat auf eine kürzlich veröffentlichte Studie zur Entwicklung des Windangebotes reagiert. Der Verband erklärt, der Windgutachterbeirat im BWE befasse sich regelmäßig mit den Ergebnissen sowohl der erzielten Erträge von Windenergieanlagen als auch der Ergebnisse von Windmessungen sowie mit Einschätzungen zur künftigen Entwicklung des Windangebotes. "Dabei werden nicht nur jahresscharfe Auswertungen vorgenommen sondern auch Langzeittrends analysiert, um beides für künftige Ertragseinschätzungen berücksichtigen zu können", heißt es beim BWE. Dies sei vor allem wichtig, um angesichts der Betriebszeiten von über 20 Jahren solide Ertragsprognosen geben zu können. Bereits im Februar hätten demnach die Experten in diesem Zusammenhang auch darüber diskutiert, ob der Klimawandel sich auf die Windenergieerzeugung auswirken könne.
Das 2009 vom Bundesforschungsministerium gegründete Climate Service Center (GERICS), das seit 2014 als selbstständige wissenschaftliche Organisationseinheit des Helmholtz-Zentrums Geesthacht arbeitet, gab nun zum diesem Thema einen Überblick über bisher veröffentlichte Studien. Sie machen laut BWE vor allem eine große Heterogenität sichtbar. "Die aktuell in den Medien diskutierte Veröffentlichung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) stellt in diesem Zusammenhang innerhalb des wissenschaftlichen Diskursprozesses eine Sichtweise dar und kann schon deshalb nicht verallgemeinert werden", betont der Windverband.
Laut KIT zeige die Auswertung, dass zum Ende des 21. Jahrhunderts für den gesamten europäischen Kontinent nur geringfügige Änderungen bei der mittleren Windstromerzeugung zu erwarten sind. Diese Änderungen liegen demnach im Bereich von plus/minus fünf Prozent. „Für einzelne Länder ist allerdings mit deutlich größeren Änderungen im Bereich bis plus/minus 20 Prozent zu rechnen“, berichtet der Leiter der Arbeitsgruppe „Regionales Klima und Wettergefahren“ am IMK-TRO des KIT, Joaquim G. Pinto. „Zudem können die Änderungen starken saisonalen Schwankungen unterliegen.“
Häufige Schwachwindphasen
Die KIT-Studie habe ergeben, dass für große Teile von Nord-, Mittel- und Osteuropa mit einer erhöhten Variabilität der Windstromerzeugung auf unterschiedlichen Zeitskalen zu rechnen sei – sowohl zwischen einzelnen Tagen als auch einzelnen Jahren. "Zu erwarten ist, dass Windgeschwindigkeiten, die für die Stromproduktion optimal sind, über den Meeren etwas seltener auftreten. Zugleich sind häufigere Schwachwindphasen mit Windgeschwindigkeiten unter drei Metern pro Sekunde über dem europäischen Kontinent zu erwarten. Dies ist insoweit problematisch, als dadurch die Volatilität der Windstromproduktion weiter erhöht wird", so das KIT.
Laut KIT wirkt sich der Klimawandel in verschiedenen Gebieten unterschiedlich auf die Windkraft aus.„Im Baltikum und in der Ägäis könnte die Windstromerzeugung künftig von den Klimaänderungen profitieren“, erklärt Julia Mömken, Forscherin in der Arbeitsgruppe „Regionales Klima und Wettergefahren“ am IMK-TRO. „Für Deutschland, Frankreich und die Iberische Halbinsel dagegen sind eher nachteilige Auswirkungen zu befürchten.“ Alles in allem sehen die Forscher in den projizierten Änderungen große Herausforderungen für die Windenergienutzung in Europa. Geeignete Gegenmaßnahmen, wie der dezentrale Ausbau der Windenergie und der Ausbau des europäischen Stromverteilnetzes, könnten den Einfluss des Klimawandels auf die Windkraft aber abschwächen, so das KIT. Hier geht es zum Forschungsartikel des KIT.
Nach der intensiven fachlichen Diskussion mit dem GERIC kamen die Windgutachter des BWE zu dem Ergebnis, dass das langfristige Änderungssignal der mittleren Windgeschwindigkeit als sehr gering eingeschätzt werden muss und für Deutschland eine klimabedingte Veränderung der Windpotenziale - wenn überhaupt - erst zum Ende des Jahrhunderts angenommen werden kann. "Die Veränderungen liegen zudem eher im Rahmen der üblichen Schwankungen. Dabei kann es möglicherweise durch Wetterextreme und -schwankungen zu einem volatileren Windangebot kommen. Diese Veränderung ist allerdings in keiner Weise als signifikant zu bezeichnen. Sie lässt sich auch vor dem Hintergrund der zeitlichen Eintrittswahrscheinlichkeit durch technologische Entwicklungen unproblematisch ausgleichen", so der BWE. Bereits heute nähmen die Anlagenhersteller die erzielbaren Betriebsstunden in den Fokus, so dass deutsche Windenergieanlagen bei immer geringeren Windgeschwindigkeiten mit der Stromproduktion beginnen können und bei hohen Windgeschwindigkeiten und Stürmen zu einem immer späteren Zeitpunkt aus dem Wind genommen werden müssen. Feststellen lasse sich also: "Die Windbranche steht bereit, um die Politik dabei zu unterstützen, das Ziel einer Dekarbonisierung der gesamten Energiewirtschaft bis 2050 zu erreichen. Wir leisten damit einen wachsenden Beitrag, um den Klimawandel aufzuhalten und in seinen Folgen zu begrenzen. " (Nicole Weinhold)