Vom ersten Windgipfel unter der von der Ampelkoalition getragenen Bundesregierung von Bundeskanzler Olaf Scholz im März waren die Windenergievertreter ernüchtert zurückgekehrt. Nach der Bundestags-Verabschiedung dicker Gesetzespakete im ersten Sommer durch die Mehrheit des rot-gelb-grünen Parteienbündnisses für einen künftig viel schnelleren und viel weiterreichenden Windenergieausbau an Land und im Meer war die anvisierte Schubwirkung nicht eingetreten. Windpark-Installationen, Neugenehmigungen weiterer Windenergieprojekte und Bewerbungen um Vergütungszuschläge für neue Onshore-Windparkprojekte hatten entweder kaum mehr zugenommen, als es während der langsamen jährlichen Erholung des Windenergiemarktes ohnehin geschieht. In den zwei bis drei Jahren davor hatte der deutsche Windenergiemarkt bei den jährlichen Neuinstallationen wieder um jährlich 500 Megawatt (MW) zugelegt und sich seither somit vom Kompletteinbruch im Jahr 2019 erholt, der wiederum die Folge einer vorausgegangenen radikalen Reform der Wettbewerbsregeln durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) 2017 war. Der sogenannte erste Windgipfel unter der Ampelkoalition und unter Führung des Bündnis 90/Die Grünen-Politikers und Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck war in diesem Zusammenhang ein Krisengipfel, um die fehlenden aber wichtigen Scharniere und Unstimmigkeiten in den Gesetzen zu finden und zu beseitigen. Allerdings hatte der auch mit anderen Bundesministern besetzte Windgipfel nach Urteil der Windenergievertreter keine konkreten Ergebnisse gebracht. Beim damals für Ende April angesetzten zweiten Windgipfel sollte aber eine „finale Windenergie-an-Land-Strategie“ mehr Klarheit schaffen.
Dass der nächste Windgipfel nun endlich bevorsteht, ist nicht öffentlich bestätigt. Mit großem Medienecho hat allerdings die Gewerkschaft IG Metall am Freitag erklärt, am Dienstag in Berlin eine Kundgebung „für faire Arbeitsbedingungen“ in der Windkraftbranche in Deutschland zu veranstalten und damit zeitgleich zum Windgipfel Druck auf die dortigen Beteiligten auszuüben. „Ohne attraktive Arbeitsbedingungen“, so müssten die Windgipfelteilnehmer erkennen, „wird die Energiewende nicht gelingen“, hieß es seitens der Gewerkschaft.
Entscheidende Themen des Krisengipfels liegen gemäß Kommentierungen der Branchenvertreter nach dem ersten Windgipfel und gemäß weiter ausstehenden Entscheidungen im Bundestag oder entsprechend jüngster Rechtsprechung auf der Hand: So legt die 2022 verabschiedete Reform des EEG zwar den Bundesländern auf, bis 2032 mit zwei Prozent der Landesfläche zwei bis drei Mal so viel Windenergieeignungsgebiet für die Projektierungen von Windparks zu öffnen wie heute und bis 2026 mindestens die Hälfte davon bereitzustellen. Doch die Windenergiebranche drängt weiterhin darauf, dass die Ausweisung am besten sofort zumindest aber kontinuierlich bis zu den Zieljahren erfolgen muss, weil sonst vor allem ab 2026 sechs Jahre lang Stillstand beim neuen Flächenpotenzial drohen könnte. Zudem fehlt bislang der Hebel, um nicht für Windkraft geeignete Ausweisungen auszuschließen. Außerdem wartet die Branche seit dem Herbst 2022 auf eine für damals eigentlich schon zugesagte deutliche Beschleunigung der Genehmigungsverfahren gemäß dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Auch ein gewünschter Vorrang der Windkraft vor militärischer Nutzung im Binnenland ist bislang nicht in Sicht. Hier hatte jüngst nur das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einen Vergleich erreicht, wonach die Bundeswehr in einem konkreten Fall auf die Blockade eines Windparks in einem von den Militärs großräumig zu Trainingszwecken beanspruchten Hubschraubertieffluggebiet verzichtet. Eine begleitend verfasste Notiz des OVG kann gemäß Interpretation des Landesverbandes Erneuerbare Energie in Nordrhein-Westfalen dazu führen, dass die Justiz künftig davon ausgeht, dass die Militärs sich ihre Flugrouten wenn möglich um die Windparknutzung herum abstecken und nicht umgekehrt, Windparkprojektierungen in jedem Fall die Schneisen fürs Militär freihalten müssen.
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