Als Barbara Hendricks heute in Berlin ihr "Integriertes Umweltprogramm 2030" vorstellt, das strahlte sie übers ganze Gesicht. Tags zurvor, als sie den Entwurf für das Klimaschutzplans 2050 präsentierte, da sah das noch ganz anders aus. Da musste die Bundesumweltministerin Rede und Antwort stehen für ein Programm, das durch die Hände sämtlich Lobbyisten gewandert zu sein scheint, die ihre Schaffenskraft durch Klimaschutz gefährdet sehen.
Aber auch mit einem neuen Tag und einem neuen Thema kann das Desaster nicht vom Tisch geräumt werden. Der Abschied vom Klimaschutz in Kanzleramt und Wirtschaftsministerium ist so deutlich zu spüren wie lange nicht mehr. Das Umweltministerium ist nur einmal mehr das schwächste Glied in der Kette. Was sieht der Entwurf des Kliamschutzplans 2050 nun vor?
Unter der Rubrik Energie heißt es jetzt nur noch, die Stromerzeugung müsse langfristig auf erneuerbaren Energien beruhen. Völlig offen bleibt dabei der zeitliche Rahmen, wann wie viel erreicht werden soll. Statt eines klaren Szenarios für die Reduktion des Kohleanteils im Strommix, heißt es nur lapidar, die Bedeutung der Kohle werden schrittweise abnehmen, während die der Erneuerbaren zunimmt. Das ist besonders dramatisch, wenn man sich erinnert, dass die Umweltministerin in ihrem ersten Plan noch verkündete, die Kohle müsse schon deutlich vor 2050 aus dem Energiemix verschwinden. Stattdessen ist die Kohle wieder zur "Brückentechnologie" aufgestiegen. Wofür? Das weiß niemand. Denn längst ist bekannt, dass Kohlestrom schon jetzt die Netze verstopft und massenweise exportiert werden muss, weil der Überschuss so groß ist.
Verkehrssektor und Wärmeenergie
Auch beim Thema Heizöl und Kraftstoff im Straßenverkehr ist das Programm wirkungslos geworden. Ursprünglich sollte geprüft werden, ob zusätzliche Abgaben für die fossilen Energieträger erhoben werden können, um erneuerbare Energie zu stärken. Das Thema ist verschwunden. Dabei wäre der Zeitpunkt aufgrund der niedrigen Ölpreise ideal. Geschenkt. Nun soll ein Konzept zur "haushaltsneutralen Umgestaltung der Abgaben und Umlagen im Bereich des Verkehrs" vorgelegt werden. Auch von den einstigen Plänen, bis 2030 überwiegend elektrifizierte Neuwagen auf die Straße zu bringen, steht nichts mehr geschrieben. Vorgesehen ist eine signifikante Absenkung der Pkw-Emissionen, wie es im Text heißt. Wie und bis wann das erreicht werden soll, bleibt auch hier wieder offen. Und damit ist auch diese Maßnahme vorerst wirkungslos. Im Gebäudebereich ist ebenfalls das Thema Abgaben vom Tisch. Damit auch wirklich jeder weiß, woher der Wind weht, heißt es nun auch noch Absatz, dass die Bundesregierung "ein zentrales Augenmerk auf den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft" legen will.
Nachdem das Bundeswirtschaftsministerium und die Kanzlerin selbst der Bundesumweltministerin das Programm aus der Hand genommen und überarbeitet haben, ist es überflüssig geworden. Anreiz gehen davon nicht mehr aus. Da tröstet auch das Umweltprogramm 2030 nicht drüber hinweg. Stattdessen sollte Barbara Hendricks stärker für ihre Sache kämpfen und Politikern der Industrielobby wie Fuchs die Stirn bieten. Derzeit wirkt sie völlig kraftlos und abgeschlagen: Wenn das Umweltministerium sich nicht endlich wieder stärker einbringt als Gegenpol zu den Wirtschaftsinteressen, geht es mit dem Klimaschutz doch nur einen Schritt vor und zwei zurück.