Katharina Wolf
Die Klimapolitik der Bundesregierung erntet viel Kritik - auch von unerwarteter Seite. Nun hat sich auch die auch der Bundesverband mittelständische Wirtschaft mit einem offenen Brief an die Bundesregierung gewandt. Darin fordert der BVMW die verantwortlichen auf, die internationalen Ziele „endlich ernst zu nehmen und diese mit glaubwürdigen Maßnahmen zu unterlegen. Das vom Kabinett vorgelegte Klimapaket erfüllt diese Forderung nicht.“
"Klimaschutz ist Wirtschaftspolitik"
In diesem Fall kommen die Argumente eher aus volkswirtschaftlicher Sicht. Die Energiewende müsse als wirtschafts- und industriepolitische Vision betrachtet werden, mit der der volkswirtschaftliche Wohlstand langfristig gesichert werden könne. „Ein wirksamer Klimaschutz ist Industrie- und Wirtschaftspolitik“, heißt es in dem Schreiben. Eine konsequente Umsetzung ermögliche eine nachhaltige und langfristige Stärkung der Unternehmen und der Wirtschaftskraft.
„Die Verhinderung von Klimaschutzmaßnahmen aus vermeintlicher Rücksicht auf die Interessen der Unternehmen führt langfristig zu einer Erosion der Wirtschaftskraft und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“, schreibt der Wirtschaftsverband, dem mehr als 900.000 Mitglieder angehören, offensichtlich mit Blick auf seine traditionellen Interessenvertreter in der CDU und das stets beim Klimaschutz bremsende Bundeswirtschaftsministerium.
Ausbau Windkraft, aber ohne Gewerbesteuer-Sonderregel
Überraschen kann indes nicht, dass die geforderten Maßnahmen ebenfalls von wirtschaftlichen Interessen geprägt sind. So fordert der BVMW:
- eine deutliche Verschärfung der Klimaziele: Das EU-Ziel, bis 2030 einen Anteil der Erneuerbaren Energien von mindestens 32 Prozent am Endenergieverbrauch zu erreichen, sei zu niedrig, um bis 2050 klimaneutral zu werden.
- den Kohleausstieg mit der gleichzeitigen Löschung von EU-ETS-Zertifikaten wirksam zu machen. Ohne diese Maßnahme werde der deutsche Kohleausstieg zur Farce, da Kohlekraftwerke im Ausland aufgrund relativ günstiger werdender CO2-Preise länger laufen.
- Erneuerbare Energien deutlich stärker ausbauen anstatt zu verhindern: Kein Mindestabstand für Windkraftanlagen und keine gesonderten Hebesätze bei der Grundsteuer sowie Abschaffung der EEG Umlage auf selbsterzeugten und -verbrauchten Solarstrom.
- Klimaschutz und Kreislaufwirtschaft zusammen zu denken - Ressourceneffizienz ist noch wichtiger als Energieeffizienz. Wir brauchen eine integrierte, nachhaltige Sichtweise.
- Streichung der EEG-Umlage auf selbst genutzten EE-Strom.
„Das aktuelle Versagen, wirksame Maßnahmen umzusetzen, wird in der Zukunft zur Notwendigkeit einer drastischen Verschärfung der Klimaschutzmaßnahmen führen“, bilanzieren die Mittelstandsvertreter. „Denn ein verschobenes Problem ist nicht gelöst, sondern muss später mit noch mehr Zeitdruck und zu höheren Kosten gelöst werden - zu Lasten der Wirtschaft und zu Lasten der Unternehmen.“ Statt darauf zu warten, von anderen überholt zu werden, solle sich Deutschland an die Spitze der Entwicklung setzen und die sich bietenden Chancen nutzen.