Katharina Wolf
Hitzewellen, Extremwetter, steigender Meeresspielgel - die Folgen der Erderhitzung sind schon vielfach beschrieben. Doch was jetzt die Wissenschaftler des Potsdam-Institutes für Klimafolgenforschung im Verbund mit anderen Wissenschaftler herausfanden, zeigt, wie die konkreten Folgen aussehen werden.
Der Grund: Spezifische Wellenmuster im Jetstream erhöhen die Wahrscheinlichkeit gleichzeitig auftretender Hitzewellen in wichtigen Anbauregionen Nordamerikas, Westeuropas und Asiens stark erhöhen.
Die Forschungsergebnisse zeigen, dass diese gleichzeitigen Hitzewellen die Nahrungsmittelproduktion in diesen Regionen so stark reduzieren können, dass mehrfache Ernteausfälle auftreten können. Die Folge wäre eine erhebliche Verteuerung der Nahrungsmittel, die in vielen Gebieten der Erde Hungersnöte auslösen können.
Besonders betroffen: Nordamerika, Westeuropa, das kaspische Meer
„Wir haben eine bislang unterschätzte Anfälligkeit des Nahrungsmittelsystem entdeckt: Wenn diese Muster im Jetstream weltweit auftreten, haben wir ein zwanzigfach erhöhtes Risiko für gleichzeitige Hitzewellen in wichtigen Anbaugebieten“, sagt Kai Kornhuber vom Earth Institute in New York, der auch Gastwissenschaftler am PIK ist. „Eigentlich ist die Zirkulation des Jetstream chaotisch, aber bei derartigen Ereignissen ergibt sich tatsächlich eine globale Ordnung.“
Der Westen Nordamerikas, Westeuropa und der Raum am Kaspischen Meer sind besonders anfällig für diese atmosphärischen Wellenmuster, die Hitzegebiete und Dürren an einem Ort festhalten - mit fatalen Folgen für die Ernteerträge. „Das Bedrohliche an diesen Mustern ist das zeitlich synchronisierte Auftreten von Extremen mit potentiellen Auswirkungen auf die globale Nahrungsmittelsicherheit“, so Kornhuber.
Gefahr: Regionale Missernten werden nicht mehr ausgeglichen
Normalerweise geht man davon aus, dass geringe Ernteerträge in der einen Region durch gute Ernteerträge in einer anderen Region ausgeglichen werden. „Aber diese planetaren Wellen können zu Ernteeinbußen in mehreren wichtigen Kornkammern gleichzeitig führen – mit entsprechenden Risiken für die globale Nahrungsmittelversorgung“, sagt Dim Coumou vom Institut für Umweltstudien der Freien Universität Amsterdam und dem PIK.
Die Wissenschaftler haben die Wellenmuster bereits in mehreren Sommern über ein bis zwei Wochen beobachten können. Die Getreideproduktion sei in einzelnen Regionen um mehr als zehn Prozent, durchschnittlich um vier Prozent gesunken.
Die Wissenschaftler warnen davor, diese Gefahr zu unterschätzen. Ohne Einbeziehung der Wellenmuster in die Klimamodelle könnten Risikomanager wie Rückversicherer und Ernährungssicherheitsexperten sie nicht richtig in ihre Analysen der gleichzeitig auftretenden Hitzewellen und ihrer Auswirkungen in einem sich erwärmenden Klima einbeziehen. Künftige Forschung über den Klimawandel müsse auch die Anfälligkeit der globalen Pflanzenproduktion und des internationalen Agrarhandels bei gleichzeitigen Extremwetterlagen in großen Anbauregionen untersuchen.