Das Kohlekraftwerk Jänschwalde in BrandenburgDas Kohlekraftwerk Jänschwalde in Brandenburg. Foto: J.-H. Janßen - CC BY-SA 3.0
Die Bundesregierung hat gerade den Klimaschutzbericht 2017 beschlossen, nach welchem Deutschland statt des Ziels von 40 Prozent bis 2020 auf eine CO2-Minderung von 32 Prozent gegenüber 1990 kommt. Laut Bundesumweltministerium entspricht das 100 Millionen Tonnen CO2. Bundesumweltministerin Svenja Schulze sagte dazu, man müsse dringend wieder auf Kurs kommen, um die 40 Prozent zu erreichen. Wichtig sei, dass man aus der Vergangenheit lerne. "Hier brauchen wir klare und verbindliche Vorgaben für jeden Bereich. Das Gute ist, dass wir die Instrumente kennen, die zum Ziel führen - erneuerbare Energien oder Elektromobilität zum Beispiel.“ Mit dem ersten Satz hat sie völlig Recht, das war aber schon in dem Moment klar, als sich ihre Vorgängerin alle verbindlichen Ziel hat aus dem Klimaschutzplan streichen lassen. Es war ALLEN klar - diejenigen, die die Streichungen erzwungen hatten, wollten ja genau diese Abkehr von den Zielen erreichen. Ohne verbindliche Ziele geht es nicht. Das Märchen von der Selbstregulierung der einzelnen Sektoren glaubt doch schon lange keiner mehr. Der zweite Satz, es sei gut, die Instrumente zu kennen: Naja, die kennen wir schon lange. Das hilft uns nicht weiter. Die Instrumente müssen einsetzbar sein, dafür müssen die Hürden beseitigt werden, die verhindern, dass diese Instrumente ihre Wirkung entfalten können. Schulze setzt die falschen Prioritäten, wenn sie aufzuzählen beginnt, wie das Versagen der Bundesregierung zu erklären ist: Erstens wurde überschätzt, um wie viele Tonnen die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen den CO2-Ausstoß mindern. Dann sind zu allem Überfluss Wirtschaft und Bevölkerung stärker gewachsen als gedacht. Entsprechend müsse man sich darauf einstellen, dass die Lücke zu den ursprünglichen Zielen sogar größer werde. Das ist nicht die Analyse, die von einem engagierten Umweltministerium kommen sollte. Der Klimaschutzbericht zeigt, dass diese Maßnahmenpakete im Jahr 2020 maximal 52 Millionen Tonnen CO2 einsparen werden, zwei Drittel des ursprünglichen Zielwertes. Wäre es jetzt nicht endlich an der Zeit,eine Wende im Denken und Handeln der Politik herbeizuführen? Ja, wir brauchen konkrete Ziele, wir brauchen die CO2-Steuer und die Kohle-Kommission muss einen schnellen Ausstieg in die Wege leiten.
Peter Altmaiers Ankündigung, die Sonderausschreibungen zum Regenerativausbau verschieben zu wollen, machen einmal mehr deutlich, dass der Bundeswirtschaftsminister die Energiewende maßgeblich blockieren will. Wir bräuchten eigentlich jedes Jahr die erhöhte Ausschreibungsmenge, wie sie durch die Sonderausschreibungen vorgesehen ist, weil wir aufgrund der Sektorkopplung zusätzlichen Strom für Wärme und Verkehr benötigen. Gerade erst hat er sich bei den Verhandlungen auf EU-Ebene für sehr schwache Energieziele ausgesprochen. Die Ambitionslosigkeit des Bundesumweltministeriums zusammen mit dem Blockierverhalten des Bundeswirtschaftsministeriums lassen wenig Hoffnung auf eine ernsthafte Klimapolitik aufkommen.
Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE), erklärt, vor allem im Verkehrssektor sei so gut wie nichts erreicht worden, wie der Klimaschutzbericht zeigt. „Gerade im Verkehrsbereich offenbaren sich die fehlenden Konzepte für eine kluge Verkehrspolitik. Eine hochmobile Gesellschaft muss klimafreundlich unterwegs sein.“
Seit Jahren bewege sich zudem wenig bis nichts in der erneuerbaren Wärme- und Kälteversorgung. Dabei werden rund 50 Prozent der Endenergie im Wärmesektor verbraucht. „Ohne signifikant mehr erneuerbare Energien wird hier Klimafreundlichkeit nicht zu schaffen sein“, bekräftigt Peter.
„Die Bundesregierung muss den Klimaschutz zur zentralen Aufgabe machen und so Innovationen und Investitionssicherheit unterstützen – das gilt sowohl für die Kohlekommission als auch für die geplanten parallelen Prozesse für Verkehr und Gebäude. Nur mit den richtigen politischen Rahmenbedingungen können Unternehmen ihrer entscheidenden Rolle bei der Erreichung der Klimaziele gerecht werden“, sagt auch Michael Otto, Aufsichtsratsvorsitzender der Otto Group und Präsidiumsvorsitzender der Stiftung 2°. „Klar ist: Ein verlässlicher und sozialverträglicher Ausstiegspfad bei der Kohleverstromung ist unverzichtbar“, so Otto weiter mit Blick auf die Kohlekommission. „Die Kohlekommission muss ein Déjà-vu beim Verfehlen von Klimazielen wie beim 2020-Ziel verhindern – ein ‚Weiter so‘ darf es nicht geben“, bekräftigt Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung 2°. „Die Kommission muss die notwendigen Vorarbeiten für ein wirksames Klimaschutzgesetz leisten, mit dem die 2030-Ziele sicher erreicht werden – ein investitionsrelevanter CO2-Preis darf dabei nicht fehlen“, so Nallinger weiter.
Zum Klimaschutzbericht 2017 geht es hier: www.bmu.de/PU492