Das bisher größte solare Dachanlagen-Projekt im Mittleren Osten: Im ersten Projektabschnitt wurden 88.000 PV-Module mit einer Gesamtleistung von 25,8 MW installiert.Bild: Phanes Group
Heute leidet die gesamte Regenerativbranche unter einem massiven Kostendruck. Durch die Onshore-Wind-Ausschreibungen ist nun auch die Windkraftindustrie massiv betroffen. Zulieferer sollen günstiger liefern, die Anlagen müssen effizienter werden. Werden es bei der nächsten Ausschreibungsrunde vielleicht nur noch fünf Cent pro Kilowattstunde, für die es einen Zuschlag gibt? Die Branche gruselt sich kollektiv. Für Bioenergie und Solar ist das nichts Neues mehr. Und auch die Offshore-Wind-Szene hat den Schrecken der Ausschreibungszuschläge für Null Cent pro Kilowattstunde bereits verdaut. Für Strom aus einigen Meereswindparks wird es also mittelfristig nur den Börsenpreis geben.
Doch wie alles hat auch diese Situation ihre zwei Seiten. Die Herausforderung löst Innovationen aus, die Preise müssen fallen, die Stromgestehungskosten entsprechend ebenfalls. Und das tun sie. Gerade ist eine Studie eines Forschungsteams der University of California, der TU München und des Center for Digital Technology Management in Deutschland in Nature Energy veröffentlich worden, die eine massive Preissenkung bei Speichern sieht. Demnach ist der Preis für die Kilowattstunde Strom aus einer Lithium-Ion-Batterie von 10.000 Dollar in den frühen 90er Jahren auf voraussichtlich 100 Dollar im kommenden Jahr gesunken. Die Kostensenkung werde befeuert durch den Bau einer Batteriefabrik für Tesla in Nevada. 2017 haben die USA ihre Zielmarke von einem Dollar pro Watt Solarenergie drei Jahre früher gemeistert, als der Zeitrahmen es für das US-Forschungsprojekt Sunshot vorsah.
Elektrobus in Köln.Foto: Jörg Heupel
Und was hat Deutschland vorzuweisen? Eine Energiewende, die von der Regenerativindustrie und vielen Städten und Gemeinden massiv vorangetrieben wird. Ein Blick auf die Schlagzeilen von gestern belegt dies: Die deutsche Firma Envitec baut eine 1,5-MW-Biogasanlage auf den Philippinen. Die philippinischen Strompreise sind mit durchschnittlich etwa 0,23 US-Dollar/kWh nicht nur die teuersten in Südostasien, sondern sogar vergleichbar mit denen hochentwickelter Länder wie Japan, so die Zielmarktanalyse der Deutsch-Philippinischen Industrie- und Handelskammer. Andere Meldung: Das Augsburger Unternehmen Meteocontrol liefert das Monitoring für Dubais größtes industrielles Solardach. Die installierte Gesamtleistung für den internationalen Hafenbetreiber DP World beträgt 25,8 MW. Und in Köln rollen acht neue Elektrobusse der Linie 133 seit einem halben Jahr zwischen dem Breslauer Platz am Kölner Hauptbahnhof und dem Südfriedhof in Zollstock leise und schadstofffrei durch die Stadt – rund 520 Tonnen CO2 werden im Jahr dadurch eingespart. 50 weitere sollen jetzt angeschafft werden, weil man mit der Reichweite der Batterien so zufrieden war. ZSW gab gerade bekannt, dass Erneuerbare im ersten Halbjahr 35 Prozent unseres Strombedarfs deckten - vielleicht dann bald also auch mehr in der Mobilität.
Und was hat das nun alles mit einander zu tun? All diese Entwicklungen, die Exporterfolge, das Know-how, aber auch die kommunalen Investitionen im eigenen Land wären niemals in großem Maßstab möglich geworden, wenn die Kosten nicht massiv gesunken wären. Es hätte zwar hier und da Testanlage und Versuchsprojekte gegeben, aber eine Zukunft mit 100 Prozent Erneuerbaren wäre nach wie vor undenkbar. Nun aber scheint sie nicht mehr gänzlich abwegig.
Derweil hört man von Brancheninsidern schon Ideen, die im ersten Moment seltsam klingen, sich aber langfristig durchaus bewahrheiten könnten: Dass Deutschland für manch einen Planer von energieintensiven Industrieprojekten das neue Billigstromland sein könnte.