Nicoele Weinhold
Das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg entstand zwischen 2007 und 2015 am Standort des 2004 abgerissenen Gaskraftwerkes Moorburg als Doppelblockanlage mit rund zwei mal 800 MW, kostete rund drei Mrd. Euro und stieß 8,7 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr aus. Nun gab die Bundesnetzagentur bekannt, dass Vattenfall mit den beiden Blöcken des Kraftwerks Moorburg am Ausschreibungsverfahren zur Reduzierung der Verstromung von Steinkohleanlagen und Braunkohle-Kleinanlagen für beide Blöcke einen Zuschlag erhielt. Das heißt: Ab 1. Januar 2021 darf der Strom aus diesen Blöcken nicht mehr vermarktet werden.
Die Schließung des Kohlekraftwerks bewegt die Gemüter. Folgendes schreibt uns unser Leser Kristian Roßberg aus Bremen dazu: "Am 01.12.2020 wurde die Nachricht veröffentlicht, dass das Kohlekraftwerk Moorburg bei Hamburg gegen eine Stilllegungsprämie in geschätzt dreistelliger Millionenhöhe zum 01.01.2021 abgeschaltet wird.
Kohlekraftwerk mit all der benötigten Infrastruktur
„Endlich!“ werden alle sagen, die Moorburg schon immer als überflüssig angesehen haben. Jetzt verschwindet endlich, was nicht hatte verhindert werden können. Aber halt, was kommt danach? Da steht ein mit Millionenkosten gebautes Kohlekraftwerk mit all der benötigten Infrastruktur (Kohleanlieferung, Aufbereitung, Dampfturbine, Generator, Kühlung, Netzanbindung), das nach fünf Jahren Betriebszeit mehr als „Neu“ denn als „Neuwertig“ zu bezeichnen ist. Und das soll jetzt gegen Zahlung weiterer Millionen abgerissen und verschrottet werden? Nachhaltigkeit sieht anders aus.
Moorburg hat eine zweite Chance verdient. Nicht als Kohlekraftwerk, aber als Spitzenlastkraftwerk auf der Basis eines H2O2-Brenners als Dampferzeuger. Auf erneuerbareenergien.de wurde im Frühjahr 2020 das Grundprinzip dazu skizziert. Der gesamte Bereich der Kohleaufbereitung und Verbrennung wird ersetzt durch Drucktanks für Wasserstoff/Sauerstoff, Elektrolyseure und einem H2O2-Brenner.
Millionen an Steuergeldern für einen Abriss?
Anstatt also Millionen an Steuergeldern für einen Abriss auszugeben, sollte dieses Geld sinnvoller in eine Umrüstung des Kraftwerkes Moorburg investiert werden. Es wäre ein Vorteil für alle. Der Hamburger Senat will eine Wasserstoffwirtschaft in Hamburg etablieren, plant Wasserstoff-Anlagen im Hafen. Dazu passt ein Wasserstoff-Kraftwerk. Der Eigentümer Vattenfall könnte sich mit dem weltweit ersten CO2-freien Spitzenlast-Speicherkraftwerk auf Wasserstoffbasis schmücken. Speicherkraftwerke werden ohnehin für die Energiewende dringend benötigt.
Schleswig-Holsteins Windkraftbetreiber wären froh über einen Großabnehmer für überschüssigen Windstrom in ihrer Nähe, die Hamburger Industrie (z.B. Aurubis) bekommt erneuerbaren Strom für ihre Produktion geliefert. Ein zweites Leben für Moorburg passt auch zur Wasserstoff-Initiative des Bundeswirtschaftsministeriums und sicherlich auch dem einen oder anderen Förderungsprojekt des Forschungsministeriums - und bringt Aufträge für Unternehmen, die die Technik (Elektrolyseure, Speicher …) für den Umbau liefern.
Moorburg gegen jede Vernunft als Kohlekraftwerk genehmigt
Und die damaligen Verantwortlichen, die Moorburg gegen jede Vernunft als Kohlekraftwerk genehmigt haben, haben die Chance alte Fehler zu korrigieren. Eine Win-Win-Situation für alle Beteiligten. Also warum nicht ein zweites Leben für Moorburg?"
Hochtemperatur-Stahlspeichertechnologie
Und tatsächlich gibt es längst zahlreiche Vorschläge für eine Zweitnutzung des Standortes für erneuerbare Energien und CO2-freie Speicher. So hat auch das Berliner Start-up Lumenion Ideen für den Standort. Die Firma wurde jüngst mit dem Innovationspreis Berlin-Brandenburg für seine Hochtemperatur-Stahlspeichertechnologie ausgezeichnet. Das Senken der CO2-Emissionen war bislang gerade für Industriebetriebe, die Prozesswärme benötigen, kompliziert und kostenintensiv. Die Nutzung des Stahlspeichers ermöglicht es diesen Betrieben, Prozesswärme aus erneuerbaren Energien rund um die Uhr, versorgungssicher und kosteneffizient zu nutzen. Damit ermöglicht die Stahlspeicher-Technologie den Einstieg in die Nutzung erneuerbarer Prozesswärme. Wie die Firma gerade auf einer Pressekonferenz bekannt gab, ließe sich der Stahlspeicher in Moorburg gut mit einem Elektrolyseur kombinieren, zumal auch der Elektrolyseur Energie für die Umwandlungsprozesse benötige.
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